Äthiopiens neuer Wald
Text: Gudrun Kaspareit
17.12.2016
Noch vor 10 Jahren sah es in Süd Äthiopien in den Bergen, nahe der Stadt Sodo aus, wie in einer Wüstenlandschaft. Die Bodenerosion zog tiefe Furchen in den kargen Boden, die kahlen Berghänge konnten das Erdreich nicht halten, sodass immer wieder Schlamm und Gerölllawinen abgingen.
Lediglich trockenes Gestrüpp und einige Kriechpflanzen bedeckten den Boden. Wenn sich mal ein Trieb hervorwagte, wurde er sofort von den Ziegen abgefressen.
Der australische Agrarexperte Tony Rinaudo sollte im Dörfchen Humbo im Auftrag der Organisation World Vision eine Quelle einfassen. Er beobachtete wie die Böden durch ständige Überweidung und das Fällen der Bäume, um Feuerholz zu gewinnen, völlig auslaugten, austrockneten und der Erosion preisgegeben wurden. Rinaudo kannte das Problem schon vom Niger, wo er jahrelang unzählige Bäumchen pflanzte, die aber alle alsbald wieder verdorrten. Bis er eine Entdeckung machte. Das Grünzeug, welches hier und da aus dem Boden guckte, war kein Kraut, sondern die Triebe ehemaliger Bäume. Diese hatten allerdings keine Chance zu wachsen, da das Vieh sie sofort vertilgte. Diese Triebe entsprangen dem weitverzweigten Wurzelgeflecht ehemalig gefällter Bäume. Sie brauchten nur eine Chance und der Wald könnte wieder auferstehen. Man brauchte gar keine neuen Bäume zu pflanzen. Rinauld zäunte ein Areal der Triebe ein, die nach jedem Regen neu sprossen, um sie vor dem Vieh zu schützen und schnitt die wachsenden Büsche zu Bäumchen zurecht.
Kein Erdteil hat mehr Bäume verloren als der afrikanische: Äthiopien büßte in den vergangenen 50 Jahren 98 Prozent seines Waldes ein. Dabei sind Bäume die zweifellos wichtigsten Hüter der Erde. Sie wirken der Erosion entgegen, absorbieren Regenwasser, halten Feuchtigkeit im Boden, spenden Schatten, und manche von ihnen geben ganz nebenbei sogar noch düngenden Stickstoff ab.
So könnte man quasi zum Nulltarif wieder fruchtbares Land gewinnen. Als Rinaud das erste Mal das äthiopische Dorf Humbo sah, wuchs dort kein einziger Baum, nun gibt es hier seit 1983 auf 6 Millionen Hektar wieder Wald und Lebensqualität.
Das ist sogar vom Weltall aus zu sehen. Satellitenbilder von Niger und Äthiopien liefern den Beweis.
Heute gleicht das Gebiet einer Bergidylle, mit schattigen Bäumen, saftigen Wiesen, zufriedenem Vieh und glücklichen Bauern.
„Alles fing mit einem Flugzeug und einem Bulldozer an. Das Flugzeug sprühte in der Nähe der australischen Kleinstadt Wangaratta Insektenvernichtungsmittel auf eine Tabakplantage, der Bulldozer schob einen ganzen Wald zur Seite, damit auf der entstehenden Brachfläche noch mehr Monokulturen angelegt werden können. Der damals achtjährige Tony beobachtete, wie die Kängurus vor den Bulldozern flüchteten und die Fische im nahe gelegenen Fluss am Insektenvernichtungsmittel starben. Später sah er in den Fernsehnachrichten, dass Kinder in Indien und Afrika starben, und dachte sich: „Da stimmt etwas nicht. Die Erwachsenen zerstören die Natur und bauen Kraut zum Rauchen an, während die Kinder verhungern.“ Der tiefgläubige Junge betete und bat seinen Gott: „Wenn ich groß bin, dann mache mich zu deinem Werkzeug, um die Welt ein bisschen besser zu machen.“
Um das beste Werkzeug im Kampf gegen den Hunger zu sein, studierte Rinaudo Landwirtschaft. Er kam aus einer christlichen Familie und kurz nachdem er seinen Abschluss in der Tasche hatte, besuchte er einen Kurs, um als Missionar arbeiten zu können. Eine kleine Missionsgesellschaft schickte den damals 24-Jährigen mit seiner Frau Liz und dem sechs Monate alten Sohn Ben nach Niger, eines der ärmsten Länder der Welt in der Sahelzone im Westen Afrikas.“
Marion Hartmann (Sonntag, 08 Januar 2017 14:20)
Solche Menschen sind ein Gottesgeschenk und wer weiß, was so mancher an inneren Ressourcen brach liegen hat, nicht auslebt, weil er sich einredet, ja doch nichts tun zu können.
Möchte in dem Zusammenhang an Douglas Tomkins erinnern, der von seinem privaten Vermögen 3000 Quadratkilometer Land in Chile aufkaufte, beim Ziel, ein zusammenhängendes Schutzgebiet zu schaffen trotz aller Widerstände der chilenischen Behörden, welche eine Gefahr sahen für wirtschaftliche Interessen.
https://de.wikipedia.org/wiki/Douglas_Tompkins
Eva Schmelzer (Montag, 02 Januar 2017 15:14)
Was für ein Kind, dieser kleine Tony, und was für ein großartiger Mensch aus ihm geworden ist, der seinen Kindheitstraum für eine bessere Welt wahr machen konnte! Diese Geschichte liest sich wie ein Märchen. Gibt es doch noch Hoffnung, selbst zerstörte Landstriche wieder zu Leben zu erwecken? Nachdem ich den Artikel gelesen habe, denke ich: Mit gutem Willen bestimmt! Die Technik ist ja einfach, kostengünstig und hat trotzdem das Potential, ganze Regionen wieder zu begrünen und auch den Lebensstandard der Bevölkerung zu verbessern.
Sybille Waibel (Sonntag, 01 Januar 2017 15:46)
Was für ein toller Erfolg, solche Aktionen, einfach und simpel doch mit großen Effekt. Ich bin dankbar, dass es immer mehr Menschen auf dieser Erde gibt, die bereit sind etwas zu ändern, die Mut beweisen.