Wassermangel in Brasilien
Text: Gudrun Kaspareit
20.02.2015
Warum heißt der Regenwald Regenwald? Weil er Regen garantiert. Dort, wo einst riesige Waldflächen standen, aus denen große Mengen Wasser verdunsteten und in mächtigen Wolkenformationen 3000 Kilometer nach Süden wanderten, wächst heute Exportsoja oder grasen Rinder. Ist also unser Fleischkonsum Schuld an der Dürre in Brasilien? Obwohl der Wassermangel in Sao Paulo schon spürbar ist, geht die Abholzung des Regenwaldes weiter. Präsidentin Dilma Roussef hat sich zur Verbündeten der Agrarindustrie gemacht, anstatt den Waldschwund endlich einzudämmen.
In Sao Paulo hat es seit Monaten nicht mehr geregnet und Rio de Janeiro wird von einer Hitzewelle heimgesucht. Im Bundesstaat Sao Paulo sind die Reservoirs fast leer. Die Seen im Hinterland ausgetrocknet. Auch die Papierindustrie ist von dem Wassermangel betroffen. Ebenso ist die Stromversorgung gefährdet. Brasilien bezieht seinen Strom zu mehr als drei viertel aus Wasserkraft.
Wissenschaftler machen für das Ausbleiben des Regens den Verlust des Amazonaswaldes verantwortlich. Wird es in diesem Sommer wieder nicht regnen, kommt es im Winter zur Katastrophe. Schon jetzt kommt es wegen dem Wassermangel in der Stadt Itu zu Tumulten.
20 Milliarden Kubikmeter Wasser verdunsten täglich im Amazonasbecken. Von dort bewegen sich die Luftmassen den Kordilleren entlang Richtung Süden, wo sie sich entladen. Doch die feuchten Luftströme funktionieren nur, wenn der Wald intakt ist. Fehlt der Wald, verdunstet nicht nur weniger Wasser, sondern ist auch der Fluss gestört. Und genau dies ist der Fall. In den vergangenen 40 Jahren sind in Brasilien mehr als 760 000 Quadratkilometer Regenwald verschwunden. Das entspricht der Fläche Deutschlands und Frankreichs zusammen. Die Abholzung des Waldes müsste sofort gestoppt werden und verlorene Fläche wieder aufgeforstet werden.Leider sieht die Realität anders aus. Da die Agrarindustrie ein wichtiger Wirtschaftsfaktor ist, fressen sich immer mehr Sojafelder in den Regenwald. Futter für unser Vieh in der Massentierhaltung.
Auch auf internationaler Ebene zeigt sich Brasilien in Sachen Waldschutz zögerlich. Am Klimagipfel der Vereinten Nationen im September in New York verpasste Brasilien die Gelegenheit, eine Erklärung zu unterzeichnen, die darauf abzielt, die Abholzung von Regenwald bis 2020 zu halbieren und bis 2030 zu stoppen.
Sao Paulo liegt auf dem selben Breitengrad wie die Kalahari-Wüste. Das Sao Paulo ein angenehmes Klima hat, liegt an den feuchten Luftströmen und dem Regen aus dem Amazonas Gebiet. Sollte dieser Regen in Zukunft ausbleiben, könnte Sao Paulo zur Wüsten Region werden. Offenbar muss es erst soweit kommen, damit die brasilianische Regierung endlich die richtigen Prioritäten setzt.
Eva Schmelzer (Montag, 02 März 2015 17:46)
Die hier geschilderten Zustände sind bedrohlich, unheimlich: Nicht zu fassen, dass einem Land wie Brasilien Wassermangel, ja Dürre drohen soll. Ich hatte sehr gehofft, dass Dilma Roussef im Oktober letzten Jahres abgewählt wird, weil die großartige Marina Silva ebenfalls für das Amt kandidiert hat und gar nicht so chancenlos war. Sie ist eine brasilianische Umweltschützerin und Politikerin, war 5 Jahre Umweltministerin. Sie war z.B. Mitstreiterin des von Großgrundbesitzern ermordeten Regenwaldschützers Chico Mendes. Das wäre eine Präsidentin, die das Land braucht. Auch für die vielen nahezu rechtlosen Menschen. Nun endet Rousseffs Amtszeit erst Ende 2018. Bis dahin kann noch viel zu viel zerstört werden und die in diesem Bericht geschilderten Szenarien der Wirklichkeit bedrohlich naherücken.
Fatal sehe ich auch die dynamisch wachsenden Wirtschaftsbeziehungen zu China. Die chinesische Regierung versucht, durch den Abschluss diverser Handelsabkommen, Kooperationen in Wissenschaft und Technologie, durch Direktinvestitionen sowie durch die Gründung von Joint Ventures mit brasilianischen Staatsunternehmen die bilateralen Bindungen zu festigen und den kommerziellen Austausch auf eine langfristig stabile Basis zu stellen. Und der Zusammenschluss zu den BRICS-Staaten, also die Vereinigung aufstrebender Volkswirtschaften, halte ich für gefährlich. Die Abkürzung „BRICS“ steht für die Anfangsbuchstaben der fünf Staaten: Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika. Alles Länder, die nicht gerade für den Erhalt der Natur stehen.
Aber eine gute Nachricht gibt es: Während vielerorts Mangroven abgeholzt werden, hat Brasilien im letzten Jahr 322.000 Hektar unter Schutz gestellt. Das Gebiet gilt als der längste zusammenhängende unter Schutz stehende Mangrovenwald-Streifen der Welt. Er umfasst Teilbereiche der Küste im Norden und Nordosten Brasiliens. Die Mangrovenwälder, die im Gezeitenbereich der tropischen Küsten wachsen, erfüllen viele wichtige Aufgaben. Ihre Wurzeln bieten Fischen, Muscheln, Krabben und Garnelen einen Lebensraum, ihre Baumkronen Wasservögeln und Säugetieren Nistplätze und Nahrung. Sie gelten als die produktivsten Ökosysteme und weisen eine enorme Artenvielfalt auf. Darüber hinaus bewahren Mangrovenwälder die Küsten vor der Erosion und bieten Menschen Nahrung und ein Einkommen.