Fora Bolsonaro
Text: Gudrun Kaspareit
Fotos: Wikipedia
08.07.2021
Fora Bolsonaro
„Weg mit Bolsonaro!“, das ist der Schlachtruf der breitgefächerten Bolsonaro-Opposition in Brasilien. Ob Umweltschützer, linke Aktivisten, oder Menschenrechtsverteidiger.
Bolsonaro wird von den Demonstranten des Völkermordes bezichtigt.
Pandemieverharmlosung
Bolsonaro gerät unter Druck. Sein Volk begehrt auf. Endlich. Zehntausende gehen auf die Straße in allen größeren Städten Brasiliens, sogar in Europa. Selbst in Deutschland.
Der Hauptgrund ist seine katastrophale Coronapolitik. 470.000 Menschen sind in Brasilien inzwischen an der Pandemie gestorben. Bolsonaro hingegen zieht die Gefährlichkeit der Krankheit nach wie vor in Zweifel, lehnt Maskentragen und sogar Impfungen ab. Er verharmlost die Pandemie immer noch, ignoriert Massengräber, Mangel an medizinischem Sauerstoff und Impfserenknappheit. Es gibt nicht wenige, die ihn deshalb des Genozids bezichtigen.
Unterdessen hat Bolsonaro gegen den Obersten Gerichtshof erneut Klage eingereicht, weil er eine erlassene Ausgangssperre in den Bundesstaaten Bahia, Rio Grande do Sul, Brasília und Anderen, gegen die Coronapandemie für übertrieben und damit für verfassungswidrig hält.
Gegen Bolsonaro gab es Massenproteste, als er sich in einer 5 minütigen Fernsehansprache an seine Landsleute wandte. Nach der Übertragung brach in den großen Städten des Landes auf Balkonen und Straßen ein lautstarker Proteststurm los: Bolsonaro-Gegner schlugen auf Töpfe, schmetterten Topfdeckel zusammen, buhten und forderten tausendfach "Bolsonaro raus!"
Genozid an den Indigenen
Das Virus hat die Tiefen Amazoniens erreicht. 420 Ethnien in acht Ländern sind bedroht. Mit ihnen gehen Sprachen und uraltes Wissen verloren. Es wackelt die letzte Bastion zum Schutz des Regenwaldes, berichtet die Lateinamerika-Korrespondentin Sandra Weiss.
Kazike Raoni Metuktire wollte dieser Tage in die Hauptstadt Brasilia reisen, um die staatliche Indigenen-Schutzbehörde Funai zur Rede zu stellen. Die unter Kontrolle des rechtsextremen Präsidenten Jair Bolsonaro stehende Behörde hat eingewilligt, die geplante Einrichtung von 237 Schutzgebieten zu stoppen. Diese würden damit frei für Siedler, Goldgräber und Holzfäller. Aus Raonis Reise wurde jedoch wegen des Coronavirus nichts.
Holzfällern und Bodenschatzausbeutern spielt Corona in die Hände. Während aller Augen auf die Coronakrise gerichtet sind, verschwindet der Lebensraum der Indigenen in Rekordtempo.
Die Indigenen hatten sich schon tief in die Wälder zurückgezogen, als das Virus Lateinamerika erreichte. Sie untersagten den Zugang zu ihren Dörfern und versuchten, sich abzuschotten. Schließlich hatten eingeschleppte Seuchen wie Masern und Grippe schon zuvor Tausenden ihrer Völker das Leben gekostet, weil das Immunsystem der Indigenen nicht auf diese Erreger vorbereitet war. Doch es nützte nichts, Rückkehrer aus den Städten waren ein Problem, sorglose Weiße ein weiteres. In Peru wurden lokale Funktionäre gefilmt, wie sie ohne Mundschutz und Handschuhe Lebensmittelhilfen an Indigene austeilten – einige von ihnen wurden später positiv getestet. Bei den Mundurukú am Tapajos verbreiteten Goldgräber das Virus. Der Staat leistet der Zerstörung und dem Genozid Vorschub. Bolsonaro will beispielsweise die Coronakrise nutzen, um illegale Landnahme zu legalisieren. Die jetzige Pandemie könnte für Indigene im amazonischen Tiefland ähnlich katastrophale Folgen wie die Infektionen während der Kolonisation haben. Man darf davon ausgehen, dass dies von Bolsonaro durchaus gewollt ist.
Indios Brasiliens der Stämme Assurini, Tapirajé, Kaiapó, Kapirapé, Rikbaktsa und Bororo
Schutz des Amazonasregenwaldes
Nicht nur der Unmut über der Pandemiebewältigung treibt die Proteste an. Die Menschen wehren sich auch gegen die Zerstörung des Amazonas-Regenwaldes durch Bolsonaros Politik. Sie machen den Staatschef dafür direkt verantwortlich, dem sie auch eine Begünstigung illegaler Rodungen vorwerfen. Die Demonstranten werfen Bolsonaro zudem vor, Rassismus und Gewalt in der brasilianischen Gesellschaft zu befördern.
Inzwischen haben sich auch Banken und die Agrarindustrie, besorgt um den eigenen Ruf, in Initiativen engagiert, die von Brasilien eine umweltfreundlichere Politik einfordern.
Wir alle wissen, was die Zerstörung des Amazonas Regenwaldes für die Welt bedeutet. Verlust. Verlust der Artenvielfalt. Verlust des Regens in der Region. Verlust der Klimaanlage für die Welt. Und das Sterben der Indigenen Völker. Etwas derart weltbewegend Wichtiges, was unser aller Zukunft betrifft, darf nicht allein in der Hand eines einzigen Menschen liegen, deshalb sage auch ich „Fora Bolsonaro“
Eva Schmelzer (Donnerstag, 15 Juli 2021 17:45)
„Bolsonaro gerät unter Druck. Sein Volk begehrt auf“, wie habe ich darauf gewartet! Er ist zwar erst seit etwa zweieinhalb Jahren im Amt, hat aber immensen Schaden für sein Land und die Welt angerichtet, wie ausführlich im Artikel beschrieben. Nun kam er am 14.7. wegen Darmverschluss ins Krankenhaus. „Ich danke allen für ihre und Gebete“, ließ er vom Krankenbett verkünden.
Hoffentlich werden die Gebete seiner Gegner auch gehört.