TTIP, TISA und CO.
Text: Gudrun Kaspareit
Quelle: Wikipedia
21.03.2016
Von foodwatch - foodwatch, STOP TTIP CETA 10.10.2015 Belin, CC BY-SA 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=45062960
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TTIP
(Transatlantic Trade and Investment Partnership)
Derzeit wird ein völkerrechtlicher Vertrag ausgehandelt zwischen Europa und den USA der ein Freihandels und Investitionsschutzabkommen beinhalten soll. Die Verhandlungen finden weitestgehend im Geheimen statt. Das Ziel soll die Beseitigung von Handelshemmnisssen sein. Aber das Abkommen ist sehr umstritten, da man befürchten muss, dass nur die Kapitalinteressen der Großkonzerne davon profitieren werden. Was aber hauptsächlich aufmerksam machen sollte, ist die Tatsache, dass private, Schiedsgerichte, ohne die Überprüfung von staatlichen Gerichten, über Schadensersatzansprüche von Unternehmen gegen die Vertragsstaaten entscheiden können.
Der Vertragstext ist weitestgehend geheim, er wird den EU Parlamentariern nur Auszugsweise vorgelegt und diese sind dann auch zur Geheimhaltung verpflichtet.
So viel Heimlichtuerei impliziert von vornherein unmöglich zu überprüfende Mauscheleien. Der kritische Bürger ist zu Recht misstrauisch. So wurde z.B. auch im Geheimen über Fracking in Europa verhandelt. Auch die Lebensmittelstandards könnten in Europa aufgeweicht werden. Monsanto versucht seit langem über TTIP zu erreichen, dass auch in der EU genveränderte Pflanzen ohne Kennzeichnungspflicht vertrieben werden dürfen, wie es in den USA üblich ist.
Deshalb wird dieses Abkommen von Verbraucherschutzorganisationen, Umweltschutzorganisationen, einigen Politikern, und Nichtregierungsorganisationen heftig kritisiert. Beschlüsse können praktisch ohne parlamentarische Kontrolle durchgewunken werden.
Umwelt und Gesundheitsstandards würden unterwandert, Arbeitnehmerrechte aufgeweicht.
Auch könnten riesige Entschädigungssummen fällig werden, wenn Vertragsvereinbarungen nicht eingehalten werden, wenn z.B. die Gasförderung durch Fracking ausgesetzt wird oder, so wie es jetzt geschieht, als der vorzeitige Atomausstieg beschlossen wurde, dass die Energiekonzerne Schadensersatz einfordern.
Mit dem geplanten Transatlantischen Handelsabkommen zwischen der EU und den USA, werden Demokratie und Rechtsstaat ausgehebelt.
TISA
(Trade in Services Agreement)
Die TISA Verhandlungen laufen parallel zum TTIP und sollen Dienstleistungen liberalisieren., u.a. Finanzen, Verkehr, Gesundheit und Bildung. Auch hier wird im Geheimen über öffentliche Dienstleistungen zur Gesunheits. - Wasser. - und Energieversorgung verhandelt. Z.B. wäre durch TISA eine Rückübernahme von privatisierten Energie und Wasserunternehmen ausgeschlossen (Rekommunalisierung) selbst wenn diese Privatunternehmen versagen sollten oder ein Regierungswechsel erfolgen sollte.
Zudem sieht die Vereinbarung vor, die Arbeitsmärkte für ausländische Dienstleister zu öffnen. Im Klartext heißt das, es werden Subunternehmern die Wege geebnet und damit Lohndumping Vorschub geleistet, wie man es jetzt schon kennt, z.B. im Sektor der Fleischindustrie. Außerdem hätten ausländische Anbieter von Leistungen den gleichen Anspruch auf staatliche Subventionen, wie inländische. Auch der Gesundheitsbereich wird als ein lukrativer Dienstleistungssektor eingeordnet.
Weiterhin soll TISA den Finanzsektor deregulieren und die Datenschutzgesetze unterwandern.
Wieder hat die Öffentlichkeit keine Chance die Verhandlungen zu beeinflussen, denn geschlossene Verträge sollen frühestens 5 Jahre nach Abschluss transparent gemacht werden.
CETA
(Comprehensive Economic and Trade Agreement)
Dies ist ein Handelsvertrag zwischen der EU und Canada, der diverse Handels und Zollerleichterungen enthält. Dieses Freihandelsabkommen muss nur noch von der EU ratifiziert werden. Auch dieser Vertrag wurde unter Ausschluss der Öffentlichkeit verhandelt. Durch dieses Abkommen entfallen fast alle Einfuhrzölle. Bei den landwirtschaftlichen Produkten ergibt sich das Problem, dass hormonbehandeltes Fleisch in Deutschland nicht zulässig ist, in Kanada aber schon.
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Auch kritisiert werden Bestimmungen für das Investor-State Dispute Settlement (ISDS). Konzerne können damit z. B. wegen missliebiger Klauseln im Patent- oder Urheberrecht Nationalstaaten verklagen und gegen umfangreichere Nutzungsfreiheiten vorgehen. Die Kritiker sehen darin die Etablierung einer von den Konzernen abhängigen „Paralleljustiz“. Nach einem von der Hans-Böckler-Stiftung in Auftrag gegebenen Gutachten des früheren Richters am Bundesverfassungsgericht Siegfried Broß sind solche Investitionsschiedsgerichte verfassungswidrig.
Campact hat sogenannte Lock-in- oder Ratchet-Klauseln kritisiert, mit der sich EU und Kanada gegenseitig verpflichten, bisher durchgeführte Deregulierungen und Privatisierungen nie mehr rückgängig zu machen
Nach Meinung des US-amerikanischen Völkerrechtlers Prof. Alfred de Zayas verstoßen die Freihandelsabkommen wie TPP, TTIP, TiSA und so auch CETA gegen das Völkerrecht. Es seien keine Freihandelsverträge sondern "politische Verträge, die unser demokratisches System abschaffen sollen"
In einem vom WWF Deutschland beauftragten Gutachten stellte der Volkswirt und Politologe Christoph Scherrer 2014 zahlreiche Gefahren von CETA für den Natur- und Umweltschutz fest. Ein Risiko stellten insbesondere die vorgesehenen Streitschlichtungsverfahren zwischen dem Staat und privaten Investoren dar. Nachhaltigkeit, Umwelt- und Arbeitsschutz seien „institutionell schwach ausgestaltet und ohne effektive Sanktions- oder Durchsetzungsmechanismen“ (Wikipedia)
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Am 10. Oktober 2015 protestierten bis zu 250.000 Menschen in Berlin gegen TTIP und CETA
CETA wird von einer Reihe von Nichtregierungsorganisationen abgelehnt. Dazu zählen der BUND[36], Campact, attac und Mehr Demokratie. Der Versuch einer Koalition von insgesamt über 300 europäischen NGOs, eine Europäische Bürgerinitiative gegen CETA zu initiieren, wurde 2014 von der Europäischen Kommission mit der Begründung abgelehnt, die Verhandlungen zu Freihandelsabkommen seien kein Rechtsakt, der mit einer Bürgerinitiative angegriffen werden kann. Dagegen erhob die Initiative Klage beim Europäischen Gerichtshof. Das Bündnis der NGO startete eine Unterschriftenkampage. Bis zum 6. Oktober 2015 wurden unter dem Slogan Stopp-TTIP europaweit über 3,28 Mio. Unterschriften gesammelt. Bei einer Demonstration am 10. Oktober 2015 in Berlin sprachen sich nach Angaben der Veranstalter 250.000 Menschen gegen CETA und TTIP aus.
Von Marianne Grimmenstein wurde auf change.org mit Unterstützung des Rechtswissenschaftlers Andreas Fisahn eine Verfassungsbeschwerde ausgearbeitet, der sich bisher 39.000 Menschen per Vollmacht angeschlossen haben (Stand 14. Februar 2016). Damit handelt es sich um die bisher größte in Vorbereitung befindliche Verfassungsbeschwerde in Deutschland. (Wikipedia)
ACTA
(Anti Counterfeiting Trade Agreement)
ACTA war ein geplantes völkerechtliches Handelsabkommen, welches jedoch wegen großer internationaler Proteste abgelehnt wurde. Nun finden sich aber einige Klauseln dieses Vertrages in CETA wieder.
Diverse namhaften Wissenschaftler, u.a. vom Max Plank Institut hatten zusammen mit anerkannten Juristen im Europaparlament dazu aufgerufen, ACTA nicht zuzustimmen.
Amnesty Internationale ging davon aus, dass dieses Abkommen Auswirkungen auf verschiedene Menschenrechte hätte, die Achtung des Privatlebens, die Meinungsfreiheit und das Recht auf Zugang zu lebenswichtigen Medikamenten.
Verschiedene Bürgerrechtsorganisationen sahen durch ACTA verschiedene Rechte ausgehebelt. Mutmaßliche Rechtsverletzungen hätten außerhalb des Rechtssystems geahndet werden können.
Auch bei ACTA blieb die Öffentlichkeit ausgeschlossen.
Kritiker von der Anonymus Bewegung haben befürchtet, dass Saatgut und Generika lizensiert werden könnten.
ACTA wurde abgeschmettert, doch vieles findet sich in TTIP, CETA und TISA wieder. Prinzipiell sollte es immer hellhörig machen, wenn Dinge, welche die Bürger eines Staates betreffen, vor diesen Bürgern geheim gehalten werden. In einer Demokratie muss es transparent zugehen, zum Wohle der Bürger. Wenn Geheimhaltung im Spiel ist, dient das sicher nicht dem Wohle des Bürgers, sondern anderen Interessen; der Wirtschaft, den Lobbyisten und Kriegstreibern.
Noch sind die Verträge nicht rechtskräftig, aber sollte es dazu kommen, haben wir eine neue Diktatur. Die Diktatur der Wirtschaft und des Kapitalismus. Menschenrechte werden unterwandert, ein paralleles Justizsystem installiert und die Regierung ist dann tatsächlich nur noch Handlanger der Wirtschaft und ihren Lobbyisten.
Eva Schmelzer (Freitag, 01 April 2016 17:38)
Vielen Dank, liebe Gudrun, für die klare Zusammenfassung dieser völkerrechtswidrigen Vorhaben. Dadurch, dass das alles sehr geheim gehalten wird, hatte man doch immer nur Bruckstücke der ganzen Ungeheuerlichkeit dieser Verträge.
Proteste dagegen hat es – wie Du ja auch beschreibst – reichlich gegeben und es gibt sie noch. Und eben nicht nur aus dem Volk - was ja eigentlich reichen müsste, denn die, die da verhandeln, sind von uns bezahlte Volksvertreter – sondern auch von kompetenter Seite wie der Justiz und anderen Experten. Ich hoffe, es gibt Kläger, denen es möglich ist, dies vor ein Gericht zu bringen, das seinem Sinn, nämlich Gerechtigkeit walten zu lassen, entspricht. Denn trotz meines guten Willens immer das Beste zu hoffen, sehe ich hier keine großen Chancen. Da werden vielleicht einzelne Klauseln entschärft oder gar entfernt, um die Masse zu beruhigen, dafür aber irgendwo wieder undurchsichtige Schlupflöcher geschaffen. Ich fürchte, das Resultat wird sein, dass wir vor vollendete Tatsachen gestellt werden. Und das ganze Ausmaß dieser Verträge werden wir dann ohnehin erst erkennen, wenn sie in Kraft sind.