Earthship
Text: Gudrun Kaspareit
Foto: Wikipedia
30.01.2019
„Stellt euch ein Haus vor, das sich selbst heizt, sein Wasser
liefert, Essen produziert. Es braucht keine teure Technologie, recycelt seinen eigenen Abfall, hat seine eigenen Energiequellen. Es kann überall und von jedem gebaut werden, aus Dingen, die unsere Gesellschaft wegwirft.“
Das klingt utopisch, aber es gibt diese Häuser, sie heißen Earthship.
Schon vor 40 Jahren hatte der Amerikaner Michael Reynolds die Idee dazu. Häuser gebaut aus recycelten Dingen wie Autoreifen und Flaschen, mit Regenwasseraufbereitungsanlagen, mit eigenen Energiequellen aus Sonnenkollektoren und Windrädern. Sie haben
geschlossene Versorgungskreisläufe und besitzen große Wintergärten in denen Obst und Gemüse angebaut werden. So ein Earthship ist fast vollständig autark, als Baumaterial dienen unter anderem alte Autoreifen von Altreifenhändlern und Werkstätten, Altglas aus Hotels und Restaurants sowie Bruchfliesen aus Abbruchhäusern.
Ein Merkmal ist die Verwendung von Zivilisationsabfällen als
Baumaterial. So sind die geschlossenen Nord-, Ost- und Westwände fast immer aus gebrauchten Autoreifen aufgebaut. Diese sind wie Ziegelsteine im Verbund aufgeschichtet und mit komprimierter Erde gefüllt. Die so entstandene Wand dient als tragendes Bauteil und zudem durch ihre große, meist mehrere Tonnen schwere Masse als thermischer Speicher. Die der Sonne zugewandte Südfassade ist
dagegen fast vollständig verglast. Die hier entstehenden solaren Wärmegewinne werden in den massiven Bauteilen über Tage und Wochen gespeichert, so dass keine klassische Heizung benötigt wird.
Für die autarke Wasserversorgung wird auf der Dachfläche
Regenwasser gesammelt und in Zisternen gespeichert. Durch ein ausgeklügeltes System wird jeder Tropfen Wasser bis zu vier Mal verwendet. Dadurch ist eine autarke Wasserversorgung selbst in Gebieten mit sehr geringen jährlichen Niederschlagsmengen und ohne weitere Wasserzufuhr von außen möglich. Das Regenwasser wird gefiltert und dient als Trink- oder Spülwasser. Anschließend wässert es ein im Haus befindliches Pflanzbeet und wird dadurch gesäubert. Das so aufbereitete Wasser dient wiederum als Toilettenspülung und wird schließlich über eine Klärgrube in ein neben dem Haus befindliches Pflanzbeet geleitet, wo letzte Verunreinigungen durch die Pflanzen herausgefiltert werden. Das Dach ist so konstruiert, dass jeder Wassertropfen aus Regen, Tau, Schnee usw. in Zisternen geleitet wird, zuvor gefiltert durch Kies und Dachbegrünung. Die Zisternen befinden sich durch künstliche Aufschüttungen in Höhe der Wohnräume, so dass das Wasser natürlich fließen kann und keine zusätzlichen Pumpen nötig sind.
Die gesamte elektrischen Energie wird durch Photovoltaik und
in einigen Fällen durch Kleinwindkraft erzeugt. Der Strom wird in Batterien gespeichert, im sog. „Power Organizing Module“ (POM). Idealerweise nutzen die wichtigsten Verbraucher wie Pumpen, Kühlschrank und zumindest einige Lichter Gleichstrom. So bleiben die Grundfunktionen des Hauses auch im Fall eines Wechselrichterausfalls erhalten. Wechselstrom wird für alle übrigen Anwendungen wie Computer, Internetanbindung oder die Waschmaschine verwendet. Um auch mit relativ wenig Batteriekapazität völlige Autarkie zu erreichen, wird Strom nicht zur Wärmeerzeugung oder Klimatisierung genutzt.
Die Earthships werden belüftet und klimatisiert durch das Öffnen der Oberlichter. Da warme Luft nach oben steigt, entsteht eine
Kaminwirkung, mit dem Effekt, dass im Sommer immer eine leichte Brise herrscht.
Im Winter strömt entweder durch das Erdreich leicht vorgewärmte Luft ins Haus oder die Einströmöffnungen werden während der Wintermonate verschlossen
Hier wird das Haus und seine Funktion ganz gut beschrieben
https://de.wikipedia.org/wiki/Earthship
Ein Earthship entsteht
https://www.youtube.com/watch?v=N2so9hyNWxc
Wie man ein Earthship baut
https://www.youtube.com/watch?v=jXMB58-wcjU
Hier mal ein paar Beispiele verschiedener Designs. Die Möglichkeiten sind so vielfältig wie die eigene Fantasie. Friedensreich Hundertwasser und Gaudi hätten ihre Freude gehabt
https://www.youtube.com/watch?v=PDtvvNxD37o
Eine kleine Führung
https://www.youtube.com/watch?v=0BOzpGd2HYo
Noch eine Führung
https://www.youtube.com/watch?v=3tGrpjaTn8s
Mehr Inspiration
Eva Schmelzer (Freitag, 15 Februar 2019)
Das hört sich ja wie Science Fiction an, aber es ist tatsächlich unglaubliche Realität! Nie zuvor habe ich davon gehört. Häuser müssen nicht perfekt aussehen, sagt der Pionier Reynolds, sie müssen perfekt funktionieren! Und das tun sie, wobei ich finde, dass sie auch einen großen optischen Reiz haben. Wie Du schon gesagt hast: Hundertwasser und Gaudi hätten ihre Freude daran! Bleibt zu wünschen, dass das Earthship im schwäbischen Tempelhof noch viele Ableger bekommt, trotz der vielen komplizierten Baugesetze und Vorschriften.