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Unter dieser Rubrik möchte ich künftig Produkte vorstellen, die sich durch besondere Nachhaltigkeit auszeichnen.

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Kanwan

Vogelfütterung

Text Christa Genreith

Foto: Gudrun Kaspareit

28.05.2021

Sommerfutter und der Tod von Jungvögeln

 

Immer wieder wird auf Facebook und in einschlägigen Foren vor der Sommerfütterung von Vögeln gewarnt. Man geht dort von der irrigen Meinung aus, dass Vogeleltern schädliches Fettfutter oder Erdnusskerne an ihre Jungen verfüttern. Dabei füttern Eltern an ihre Jungen nur Insekten. Da aber Insekten leider Mangelware sind, schlagen sich die Eltern an den Futterstellen schnell die eigenen Bäuche voll, um dann gut gestärkt nach Würmern und Insekten zu suchen.

Selbst der NABU, der Sommerfütterung kritisch sieht, gibt zu, dass die Küken entweder aufgrund von fehlenden Insekten verhungern oder durch falsches Futter umgekommen. Nur wenn die Vogeleltern sehr verzweifelt sind, geben sie ihren Küken auch Fettfutter oder Kerne, obwohl die Kleinen zum Wachsen proteinreiche insekten brauchen. Doch am Sterben ist der allgemeine Insektenschwund Schuld.

Aktuell erreichen uns sehr häufig Meldungen, dass in Nistkästen, in denen zuvor noch das Piepsen von jungen Meisen-Nestlingen zu vernehmen war, plötzlich absolute Stille herrschte. Anhand von Nistkastenkameras bot sich bereits ein trauriges Bild, dass dann beim öffnen der Nistkästen leider bestätigt wurde. Fast flügge Nestlinge, die kurz vor ihrem Ausflug ins Leben standen, waren alle tot.
Was schlussendlich zum Tod der Nestlinge führte, könnte mit Gewissheit nur eine veterinärmedizinische Untersuchung der Nestlinge beantworten.
Allerdings bieten Nistkameras eine sehr gute Möglichkeit, das Geschehen im Nistkasten täglich zu beobachten. So dürfte die nass-kalte Witterung, die zu einem Auskühlen der Nestlinge führte, einen großen Einfluss ausgeübt haben. Eine wesentlich größere Auswirkung dürfte jedoch zudem der vorhandene Insektenmangel verursacht haben.
Fast alle Singvogel-Nestlinge werden in den ersten Tagen ausschließlich mit Insekten gefüttert. Bei einem Rückgang der Insektenbiomasse von ca. 80 Prozent, stellt die Insektensuche für Vogeleltern eine extreme Anstrengung mit erhöhtem Energiebedarf dar.
Zum Unverständnis von Vogelfreunden wurde jedoch, gerade in dieser hochsensiblen Zeit der Vögel, eine komplett unsinnige Futterempfehlung von einer Gruppe Päppler (=Menschen, die zum Hobby Jungvögel per Hand füttern) propagiert. Es wurde dazu aufgefordert, (Zitat) „Fettfutter, Nüsse, Sonnenblumenkerne und „was sonst noch alles so auf dem Markt ist“ (..) unbedingt wegzulassen. Stattdessen, so war aus nur scheinbar kompetentem Munde zu lesen, „sollte auf Sämereien und Wildkräuter zurückgegriffen werden, da zur Brutzeit hinreichend Insekten herumkriechen würden“.
Ein fataler Irrtum, der nun zahlreichen Nestlingen das Leben gekostet hat und auch noch kosten wird.
Bei einem Rückgang der Insektenbiomasse von ca. 80 Prozent ist es ein Unding davon zu sprechen, es gäbe hinreichend Insekten.
Der nächste fatale Fehler besteht darin, dass bei dieser unsinnigen Empfehlung vergessen wurde, vermutlich aufgrund fehlender Kenntnisse in Vogelbiologie, dass der Vogelflugmuskel nicht mittels Kohlenhydratstoffwechsel funktioniert. Der Vogel-Flugmuskel beruht, im Gegensatz zum Säugetiermuskel, vorwiegend auf der Lipidoxidation (=Fettverbrennung). Im Gegensatz zu Insekten und Säugetieren weisen fliegende Vögel einen hohen täglichen Energieumsatz auf. Aufgrund der chronisch erhöhten Blutzucker- und Insulinresistenz nutzt der Vogelflugmuskel vorwiegend die Lipidoxidation (Fettverbrennung) zur Fortbewegung, da sie mehr Energie liefert als der Kohlenhydratstoffwechsel. Um die Produktion freier Radikale unter der hohen Stoffwechselrate zu verhindern, haben Mitochondrien des Vogelmuskels eine viel höhere Fähigkeit, Fettsäuren zu oxidieren als z.B. die Mitochondrien der Muskulatur von Ratten (Kuzmiak et al.).
Das bedeutet: Im Brustmuskel wird Fett zu Wasser und Kohlendioxid verbrannt wodurch automatisch dann die Energie zum Fliegen entsteht. Deshalb benötigen Vogeleltern gerade in der Brutzeit sehr viel Energiefutter in Form von z.B. Meisenknödel, gehackte Erdnüsse, geölte Haferflocken und Sonnenblumenkerne und nicht das propagierte „sogenannte Sommerfutter“. Und keine Angst. Jungvögel ersticken nicht an Sonnenblumenkerne. Gesunde Vogelküken spucken in der Regel zu große oder für sie nicht schmackhafte Futterbrocken energisch wieder aus. (Prof. Dr. Dr. h.c. Urs N. Glutz von Blotzheim / und Prof. Peter Berthold )
Das sogenannte „Sommerfutter“ wäre vor ca. 50 Jahren, als es tatsächlich noch reichlich Insekten und natürliche Nahrung in der Natur gab, evtl. zu empfehlen gewesen. In der heutigen Zeit, wo Insekten und natürlicher Nahrung nur noch spärlich vorhanden sind, führt die Empfehlung nur dazu, dass Vogeleltern nicht mehr genug Energie für die Insektensuche besitzen und die spärlich gefundenen Insekten dann auch noch zum großen Teil selber fressen müssen um überhaupt weiter suchen zu können. Diese unsinnige Sommerfutter-Empfehlung führt nur zum Tod zahlreicher Nestlinge und zu entkräftete Vogeleltern. Darum ignoriert bitte diese Sommerfutter-Empfehlung und glaubt dafür lieber anerkannten Experten, die eine Fettfütterung empfehlen. Lasst nicht zu, dass noch mehr Jungvögel sterben müssen. Danke im Namen der Vögel, die auf euch angewiesen sind.

Hier nochmal ein ähnlicher Artikel von einem anderen Fachmann

 

Mit persönlicher Erlaubnis Herrn Prof. Dr. Peter Bertholds stelle ich (Ramona Steckel) seinen Text zum Thema hier ein

"Alle Jahre wieder erreichen uns Anfragen oder Mitteilungen von besorgten, teils erbosten Vogelfütterern oder Füttergegnern, sie hätten "Beweise" dafür, dass Vogeleltern ihre Jungen zu Tode gefüttert hätten - und zwar mit dem "falschen" Futter von der Futterstelle.

Die "Beweise":

meist tote Meisen im Nest, und im Rachen - ein Sonnenblumenkern - also ganz klar daran erstickt.

In Wirklichkeit:

kein Beweis, sondern ein Trugschluß aus Unwissenheit und damit dummes Geschwätz.

Hier der wahre Sachverhalt:

Wer normale vitale Jungvögel von Hand aufzieht weiß:

Sie haben einen so weiten, dehnbaren Schlund, dass man nicht nur dicke "Bollen" allen möglichen Futters verabreichen, sondern auch mit der Pinzette bis fast in den Magen eintauchen kann, ohne sie zu verletzen.

Passt ihnen etwas nicht - wie etwa ein ungeschälter Sonnenblumen- oder Kirschkern, wird er auch von einer Meise vehement ausgeschleudert, oft so heftig, dass einem der Auswurf bisweilen an der Brille klebt.

In der freien Natur gehören Meisen zu den Arten , die "vorsichtshalber" oft sehr viele Eier legen - nicht selten mehr als zehn, etwa im Gegensatz zu Grasmücken u.a., deren Gelege nur drei bis fünf Eier enthalten.

Sinn der vielen Eier:

Kommt eine warme insektenreiche Aufzuchtperiode, können viele Vögel flügge werden - früher vor allem Vorsorge im Hinblick auf die hohe Sterblichkeit in strengen Wintern (während Grasmücken durch Wegzug in warme Gefilde mit weniger Nachkommen auskommen).

War die Brutperiode hingegen kühl und insektenarm, fiel ein Teil der Nestjungen als sog. Nesthäkchen kontinuierlich zurück, starb schließlich ab, und nur ein Teil der Jungen (manchmal ganz wenige oder auch gar keine) wurden flügge.

Nesthäkchen sterben nicht rasch, sondern allmählich, und oft zieht sich ihr Absterben über Tage hin.

Dabei werden sie blutarm - bleich, kühlen aus, werden träge, und vor allem ihre Verdauung erlischt allmählich.

Versucht man derartig geschwächte Nestlinge von Hand durchzupäppeln, gelingt das ab einem bestimmten Stadium selbst mit dem besten Futter im Wärmeschrank nicht mehr - die Hungerschäden sind irreversibel.

In der Natur versuchen Vogeleltern, bei ausreichendem Nahrungsangebot auch absterbenden Nesthäkchen etwas in den Rachen zu stopfen, solange sie noch den Schnabel aufsperren, was sie selbst bis kurz vor dem Tod reflexartig häufig tun.

Im Endstadium können solche halbtoten Vögel aber oft nichts mehr schlucken - kein Korn, kein Räupchen, keine Fliege.

Deshalb findet man man manchmal tote Nesthäkchen buchstäblich mit dem "letzten Bissen" im Halse - aber sie sind nicht daran gestorben.

Also:

Gesunde Jungvögel können nicht mit "falschem " Futter von der Futterstelle umgebracht werden - wohl hingegen z.B. durch mit Gift besprühten Blattläusen an Rosen usw.

Werden gesunde Jungvögel von ihren Eltern zwischendurch mit Futter von einer Futterstelle versorgt, das ihnen nicht behagt, schleudern sie es alsbald wieder aus.

Oft aber hilft ihnen derartiges Futter in unserer an Insekten immer ärmer werdenden Zeit, Engpässe in der Nahrungsbeschaffung durch ihre Eltern zu überleben.

(Quelle: "Vögel füttern - aber richtig", Prof. Dr. Peter Berthold, Gabriele Mohr, 4. Auflage 2017, Franckh-Kosmos Verlags GmbH & Co. KG, Stuttgart, Seite 90 ff.)

Kommentare: 1
  • #1

    Eva Schmelzer (Dienstag, 15 Juni 2021 19:43)

    ch bin sehr, sehr dankbar für diesen aufklärenden Beitrag, denn ich stecke gerade in einem eher ratlosen Disput darüber mit einigen Freunden. Mich betrifft es weniger, denn in der Innenstadt, wo ich wohne, verirrt sich kaum mal ein Vogel auf meinen Balkon. Aber die, mit denen ich momentan darüber diskutiere, leben sehr naturnah und sind relativ ratlos, haben aber bislang weiter gefüttert, weil sie es nicht übers Herz bringen konnten, die die gewohnten Futterstellen plötzlich leer zu lassen. Ganz herzlichen Dank, ich werde es sofort weitergeben!