Krise als Chance?
Text: Gudrun Kaspareit
22.03.2020
Ist es zynisch angesichts dieser Corona Pandemie mit so vielen Toten auch von einer Chance zu sprechen?
Eigentlich wollte ich kein Wort über Corona verlieren, denn davon sind alle Medien reichlich überflutet und ich könnte nichts Kluges mehr dazu beitragen. Aber etwas möchte ich doch
anmerken, denn eines ist klar geworden, die Regierungen sind absolut Handlungsfähig. Sie können, wenn sie wollen, in kürzester Zeit Maßnahmen durchsetzen, große Mengen Geld in die Hand nehmen und
gegen die Interessen der Wirtschaft agieren. Im Umkehrschluss heißt das dann aber auch, für Klimaschutz oder Flüchtlingshilfe WOLLEN sie sich nicht einsetzen. Möglich wäre dies allemal, dass
hat die Corona Krise bewiesen.
Bewiesen ist auch, wie schnell die Natur davon profitiert, dass das menschliche Handeln herunter gefahren wurde. Das Wasser in Venedigs Lagunen ist wieder frisch und klar, sogar die Fische kommen
zurück. Und in China ist seit langem die Luft nicht mehr so sauber gewesen.
Auch das in vielen asiatischen Staaten der Wildtierhandel ausgesetzt wurde, kommt der Natur zugute. Es mag noch Gebiete auf der Welt geben, wo es für die Menschen überlebenswichtig ist bushmeat,
wie es in Afrika heißt, zu essen, aber in den allermeisten Fällen ist es einfach nur extrem dekadent Wildtiere aus dem Dschungel zu verspeisen. Zu mal bekannt ist, dass einige der
gefährlichsten Viren aus den tiefen Wäldern kommen. Ebola, HIV, SARS und Corona. Man kennt die Reservoirs noch nicht genau aber Affen, Fledermäuse oder auch Reptilien stehen unter Verdacht. Unser
Hunger nach Exotischem hat die Krankheiten aus dem Dschungel gelockt und auf die Zivilisation losgelassen.
Es käme sowohl uns, als auch den Tieren und der Natur zugute wenn wir die Geschöpfe in Ruhe ließen und uns von den Wäldern fern hielten.
Ferner wurde eindrucksvoll bewiesen, dass die Politik sehr wohl auf die Stimme der Wissenschaft, also der Vernunft, hören kann. Warum ignoriert sie dann die eindringlichen Apelle der Wissenschaftler, wenn es um die Klimaerwärmung geht? Es darf in Zukunft keine Ausreden mehr geben.
Die große Frage wird sein, wie werden wir uns verhalten, wenn die Corona Krise überstanden ist? Haben wir gelernt, dass weniger mehr ist. Weniger Kreuzfahrtschiffe, mehr saubere Luft und sauberes
Wasser. Weniger Mobilität, weniger Co2 in der Atmosphäre. Oder haben wir so viel Angst vor der Rezession, die sicher kommen wird, dass wir wieder alles dem Wirtschaftswachstum opfern werden,
sogar unsere Zukunft.
Bei aller Nachdenklichkeit möchte ich noch einen letzten Gedanken äußern. Ich finde es großartig, dass die meisten Regierungen, die jetzt mit der Pandemie kämpfen, bereit sind ihrer Wirtschaft zu schaden und eine Rezession in Kauf nehmen, um die Alten und Schwachen ihrer Gesellschaft zu schützen. Nun müssen wir nur noch die Menschenrechte auch weltweit achten. Schutzsuchenden Schutz gewähren, auch wenn sie aus anderen Gesellschaften kommen, Arme Menschen unterstützen, Kriege beenden; dann sind wir auf dem Weg der Menschlichwerdung wieder ein gutes Stück voran gekommen.
Marion Hartmann (Mittwoch, 22 April 2020 15:46)
Angesichts der ach so vielen Warnschüsse in der Vergangenheit wird sich auch dieser nur als ein frommer Wunsch beweisen, was eine Chance betrifft. Und schon wie Goethe sagte: "Ich hör es wohl! Allein mir fehlt der Glaube!" Ich denk nur an den Warnschuss - Tschernobyl. Aber da musste noch Fukushima folgen (2. Warnschuss), der 3. wird kommen und immer so weiter. Ach nein, sowie die Karren wieder hochgefahren sind, gehts weiter wie gehabt.
"Bitte ja, wir wollen alles ändern, aber nur, wenn alles so bestehen bleibt, wie bisher". Bald schon wird Gras über Corona wachsen und dann ist es vergessen.
Eva Schmelzer (Donnerstag, 16 April 2020 15:34)
Nein, es ist nicht zynisch, Gudrun. Es ist überlebensnotwendig, auch jenseits von Corona endlich mehr zu tun als nur zu reden. Viele spüren jetzt eine Besinnlichkeit, mit der man zunächst nicht umgehen kann. Das Gute daran ist, dass plötzlich ein Fenster aufgeht, in Alternativen zu denken, und das auf verschiendensten Ebenen. Aber es müssen Taten folgen, Veränderungen.
Beispiel: Dieses Balkon-Klatschen für die sogenannten Helden des Alltags ist nur ein billiges Symbol. Ohne ordentliche Bezahlung für Krankenhauspersonal und Verkäufer geht es künftig nicht mehr. Und wir haben einen Warnschuss gekriegt, dass wir uns nicht über die Natur erheben dürfen. Jetzt gilt es, unsere Zukunft zu sichern – durch Verbote! Wer den Planeten retten will, wird ohne Verbote nicht auskommen. All die Beispiele in diesem Artikel für positive Veränderungen in der Natur, die in kürzester Zeit geschehen sind, zeigen doch auf, dass es richtig wäre, den durch das Virus erzwungenen Weg als Normalität weiterzugehen.
Trotz allem fürchte ich jedoch, dass dieser Warnschuss nicht laut genug war, dass weiter in den alten Gleisen gefahren werden wird. Aber das ist nur mein Gefühl. Selten habe ich mehr gewünscht, dass mich dieses Gefühl täuscht.