Die Sintflut
Text: Ernst Holzmann
Fotos: Gudrun Kaspareit
https://ernstholzmann.blog/2017/08/19/fair-play-der-kitt-der-unsere-gesellschaft-zusammenhaelt/
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09.10.2019
Als ich vor zwei Jahren diesen Beitrag schrieb, war ich noch optimistisch, dass die Menschheit nämlich kapiert, dass sie dabei ist, sich die nächste Sintflut selbst zu schaffen und ihre
Lebensgrundlage zu zerstören. Durch immer mehr zügellose Gier nach immer mehr und durch rücksichtslose Ausbeutung von Mutter Natur. Ich hatte damals wirklich die Hoffnung, dass statt der nächsten
Sintflut der Regenbogen kommt.
Damals, heute nicht mehr....
Die nächste Sintflut – Dauert es nicht mehr lange?
Wann kommt tatsächlich die nächste Sintflut? So wie wir leben, kann es wirklich nicht mehr lange dauern! Das waren meine Gedanken auf meiner Autofahrt nach Potsdam. Zurück von meinem alle fünf Jahre stattfindenen Klassentreffen im Allgäu. Es war Sonntag Vormittag und ich dachte an die heftigen Diskussionen mit meinen ehemaligen Schulkameraden. Als wir uns am Abend zuvor über die sogenannte Flüchtlingskrise und die Grundwerte unseres Zusammenlebens in die Haare kriegten.
Im Autoradio lief auf Bayern 1 die Katholische Morgenfeier, bei der es um „Fremde“ und das Christengebot der Nächstenliebe ging. Und nach einer kurzen Zwischenmusik begann die Evangelische Morgenfeier. Mit Pfarrerin Jacqueline Barraud-Volk aus Marktbreit. Sie sprach über Noah, die Sintflut, den Regenbogen und „den gnädigen Gott“ (Gen 8,18-22+9,12). Daraus einige Auszüge:
„Der Regenbogen ist mehr als Lichtbrechung
Noah und der Regenbogen! Liebe Hörerinnen und Hörer, diese biblische Geschichte wird heute in den evangelischen Kirchen erzählt. Jene Geschichte aus den Urzeiten, bei der durch eine unsägliche Flut fast alles Leben auf der Erde zerstört wird. Dann aber hört die Flut auf, die Wassermassen gehen zurück und Gott setzt mit einem Regenbogen ein Zeichen an den Himmel. Alles scheint gut. Das Fenster zum Leben und zur Zukunft der Menschheit ist wieder geöffnet. Ich erinnere mich an Kindergottesdienste, Konfirmandenund Religionsstunden mit dieser eindrücklichen Geschichte. Meistens haben wir daraufhin mit Buntstiften, Wasserfarben oder Fingerfarben, einmal sogar mit Straßenkreide auf den blanken Asphalt einen schönen farbenfrohen Regenbogen gemalt. Ich erinnere mich auch an viele Gemeindehäuser in meiner Jugend, in denen ein Wandteppich hing. Darauf die Arche Noah, Tiere in Zweierpaaren, die einsteigen und darüber ein Regenbogen. Aber auch Regenbogenstifte, Regenbogenaufkleber, Blöcke und Schals waren damals angesagt. Heute erscheint mir das alles ziemlich kitschig und typisch 70er Jahre.
Wir beuten die Ressourcen der Erde in zügelloser Art aus!
Und dennoch: wenn ich einen echten Regenbogen sehe, empfinde ich diesen wie einen Wink Gottes. Ich denke dann jedes Mal: „Wie schön, ein Regenbogen!“ Und ich verspüre ein ganz positives Gefühl, eine innere Zuversicht. Als wolle mir Gott sagen: „Sei ganz beruhigt, ich bin da„. Na ja“, möchte ich dann jedes Mal sagen, „so einfach ist das aber nicht.“ Ich denke nicht, dass Gott uns immer klasse findet. Es gibt eine Spannung zwischen dem, was wir tun, denken und hoffen und dem, wie Gott uns trotzdem gnädig ansieht. Wir beuten die Ressourcen in zügelloser Art aus, wir treiben die Klimaerwärmung in bald nicht mehr zu stoppende Höhe und wir wirtschaften weltweit so, dass jeden Tag immer noch 15.000 Kinder an Hunger sterben. Wir haben gelernt, das zu verdrängen, so zu tun, als gäbe es das nicht, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass Gott das gnädig weglächelt.
Werden uns die großen Klimakatastrophen überrollen?
In diesem Herbst haben sich Unwetter ereignet, Tornados, Hurrikanes, Überschwemmungen, Stürme. Amerika, die Karibik, Bangladesch, Europa, Deutschland. Deutliche Anzeichen eines veränderten Klimas auf der ganzen Welt. Werden uns die großen Klimakatastrophen überrollen, die uns die Klimaforscher weltweit vorhersagen? Können wir noch rechtzeitig einlenken, den CO₂-Ausstoß verringern, oder andere Möglichkeiten finden, die Ozonschicht rund um die Erde zu kitten? Sind wir in der Lage, unser Verhalten zu ändern und unserer Verantwortung für zukünftige Generationen nachzukommen? Oder werden wir gnadenlos in unserer Bequemlichkeit und Gier weitermachen, ganz egal welche Stürme unsere Kinder, Enkel und Urenkel einmal erleben werden, die wir jetzt verursachen. Wer kann das schon einschätzen?
Die Noah-Geschichte und die Sintflut
Zwischen dem grandiosen Anfang mit der Erschaffung der Welt und des Menschen, und der Erkenntnis Gottes, dass er sich im Menschen gründlich getäuscht hat, dauert es, in der Einteilung der Lutherbibel, gerade einmal sechs Seiten, bis es zu Beginn der Noah-Geschichte heißt: (Gen 6,5-8)
„Als aber der Herr sah, dass der Menschen Bosheit groß war auf Erden und alles Dichten und Trachten ihres Herzens nur böse war immerdar, da reute es den Herrn, dass er die Menschen gemacht hatte auf Erden, und es bekümmerte ihn in seinem Herzen, und er sprach: Ich will die Menschen, die ich geschaffen habe, vertilgen von der Erde, vom Menschen an bis hin zum Vieh und bis zum Gewürm und bis zu den Vögeln unter dem Himmel; denn es reut mich, dass ich sie gemacht habe.“
Das Wort der Hoffnung – Der Aufruf zur Verantwortung
Das ist eine ziemlich heftige Geschichte. Sie malt das Bild eines Gottes, der zornig und wütend ist, der so außer sich gerät, dass er nur noch zerstören möchte, was er geschaffen hat. Aber ich möchte nicht weichen von dem Wort der Hoffnung, das uns gegeben ist. Ich denke, dass es die Kraft hat, Menschen, Haltungen und Sichtweisen zu verändern. Anders als die Angst hat Hoffnung keine lähmende Wirkung. Wer aus der Hoffnung lebt, packt an. Wer aus der Hoffnung lebt, sieht weiter und hat Visionen.
„Es soll nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht.“ Das ist eine starke Ansage aus der Noah-Geschichte. Sie reißt heraus aus aller Weltuntergangsmelancholie, sie ruft zur Verantwortung und zum Handeln, und sie ermutigt mit einer altkirchlichen Formel zu bitten: Dazu helfe uns, der gnädige Gott!“
Kommt die nächste Sintflut – Oder erleben wir einen Regenbogen?
Beide Morgenfeiern waren vorbei, es kamen die Nachrichten. Neben dem Orkan Herwart und seinen angerichteten Schäden (ausgefallene Züge und Flüge, entwurzelte Bäume, abgedeckte Häuser,…) wurde auch über den kritischen Status der Verhandlungen einer möglichen „Jamaika“-Regierungskoalition berichtet. Bei denen sich die „Christlichen“ Parteien heftig mit den „Grünen“ in die Haare gekommen waren. Auch über die gegensätzlichen Positionen bei „Obergrenzen“ und Familiennachzug für Flüchtlinge. Und über das Einhalten der schon vor Jahren unterschriebenen Vereinbarungen über den Klimaschutz und die dabei zu erreichenden Ziele.
Gnädiger Gott, dachte ich mir am Ende der Nachrichten: Gib uns bitte noch eine Chance und ein bisschen Zeit! Und während der ganzen verbleibenden Fahrt im Wechsel durch Sturm, Sintflutartige Regenfälle und plötzlich durchbrechender Sonne, hielt ich Ausschau nach einem Regenbogen. Aber leider vergeblich. Ich hoffe, dies war kein böses Omen….
Engelmann (Montag, 16 Dezember 2019 11:32)
Hilf dir selbst, so hilft dir Gott, sagt man. Vielleicht ist das die richtige Formel. Nicht auf Wunder warten, selbst anpacken. Die Gesamtlage wird sich nur ändern, wenn wir uns selbst ändern, wenn wir unser Tun und unser Lassen kritisch betrachten und Konsequenzen daraus ziehen. Nur zu hoffen und zu beten, wird nicht reichen. Hoffnung ist aus meiner Sicht nur ein mentaler Schutz vor dem, was vorhersehbar und unabwendbar erscheint. Hoffnung bewirkt aktiv nichts. Sie ist eine Art Beruhigungspille für die Psyche. Deine letzten Sätze, lieber Ernst, habe ich deshalb auch mehr symbolisch begriffen. Gut, dass du dieses wichtige Thama angesprochen hast.
Marion Hartmann (Montag, 14 Oktober 2019 01:17)
Lieber Ernst Holzmann, wenn wir nur allesamt über den ganzen Globus hinweg die Hoffnung hätten, diese anpackende, diese ändernde und letztlich umwälzende und vor allem diejenige, die zusammenschmiedet, um gemeinsam anzupacken. Aber leider ist dem nicht so. Und die Wenigsten verharren in der Hoffnungslosigkeit, in der Angststarre. Vielmehr ist ein Bewusstseinszustand vorherrschend, ein "Hinter mir die Sintflut" Seelenzustand, ausgenommen derer, die noch ein Gewissen und ein Verantwortungsgefühl haben. Jetzt aber, da wir am Rande der Vernichtung stehen.., immerhin werden wir dem dem Artensterben logischerweise folgen.., wird sich eine große Menschheitsfrage aufklären. Gibt es in den Tiefen des Weltalls einen Gott/ Schöpfer oder gibt es ihn nicht? Denn wenn es einen solchen gibt, bzw. außerweltliche Schöpferkräfte, dann wird der große Hammer niederfahren zur Rettung allen Lebens auf der Erde, ausgenommen seiner Zerstörer, denn wehe, wenn noch ein Weltkrieg ausbricht, mit diesem internationalen Arsenal an Atombomben wäre das ohnehin das Ende für alles Leben auf der Erde, ein toter, unbewohnbarer Planet bliebe übrig. Gibt es diesen Gott nicht, dann wird der Mensch alles vernichten. Ich bedanke mich für diesen tiefgehenden Bericht.