Pestizid-Abdrift
Text: Gudrun Kaspareit
Fotos: Wikipedia, Gudrun Kaspareit
11.08.2018
Hier eine kleine Windabdrift, ohne Sandsturm. Das Herbizid welches auf dem linken Acker angewendet wurde ist teils auf das Getreidefeld rechts abgedriftet und hat dort Pflanzen zerstört
Es gibt immer noch viel zu wenige Biohöfe, denn eigentlich ist Bioware stark nachgefragt. Für das Bio Label gelten aber strenge Auflagen. Ein Boden, der Jahrzehnte lang mit Kunstdünger und allerlei Ackergiften malträtiert wurde, ist nicht über Nacht biologisch rein. Da ist ein langer Atem gefragt und auch eine gewisse finanzielle Absicherung, um die Durststrecke zu überwinden. Zwei Jahre muss man für die Umstellungsphase mindestens einkalkulieren. Das schreckt potenzielle Biobauern, obwohl es staatliche Fördermittel und von Bio-Ladenketten wie z.B. Alnatura finanzielle Hilfe und andere Aufbauhilfen gibt. Sollte man während der Umstellungsphase alles wieder rückgängig machen, muss man die Fördergelder zurück zahlen.
Die Umstellung beginnt mit dem Datum, ab dem der landwirtschaftliche oder gärtnerische Betrieb sich bei einer Ökokontrollstelle anmeldet. Bei landwirtschaftlichen Früchten mit einer Ernte pro Jahr wie zum Beispiel Getreide, Kartoffeln, Wein, Obst etc. ist es in der Regel die dritte Ernte nach Umstellungsbeginn, die erstmalig als Ökoprodukt vermarktet werden kann. Einmal jährlich müssen alle Unternehmen, die Bioprodukte vermarkten wollen, sich einem Kontrollverfahren nach den EU-Rechtsvorschriften für den ökologischen Landbau unterziehen.
Aber auch andere Dinge können dem Bio Landwirt das Leben schwer machen, gar seine Existenz vernichten. Wind. So ein Bio Hof ist in der Regel von konventioneller Landwirtschaft umzingelt. Selten genug gibt es Hecken, die vor dem Wind schützen, denn ursprünglich wurden sie entfernt, um mehr Ackerland zu gewinnen. So kann der Wind ungehindert die trockene Bodenkrume abtragen. Das Phänomen der Sandstürme nimmt auch bei uns in Deutschland zu. Zum Einen fehlt
der Windschutz, zum Anderen die schützende Humusschicht. Es gibt infolge des Gifteinsatzes keine Ackerunkräuter oder Bodenmakrophagen mehr, welche den Boden festhalten oder Wasser speichern könnten. Jeder starke Regen wäscht den Boden aus, jeder starke Wind trägt ihn ab. Mit Kleegras als Zwischenfrucht könnte man dem Vorbeugen, denn die Kleegraswurzeln würden den Boden festhalten.
Windabdrift nennt der Fachmann das Phänomen. Auch wenn der konservative Landwirt nicht bei Wind Pestizide ausbringt, kann der Wind auch noch Tage später den Ackerboden mitsamt dem Gift abtragen und ins umliegende Land verfrachten, eben auch auf die streng geprüften Böden des Bio Bauern. Spätestens wenn seine Ernte geprüft wird, was einmal im Jahr stattfindet, wird man das Gift nachweisen und ihm wird sein Bio Status aberkannt. Oder schlimmer noch, seine Pflanzen wachsen nicht, sterben ab, weil sie mit Glyphosat in Kontakt gekommen sind. Die Existenz des Biohofes ist zerstört, für die der Bauer so viele Mühen auf sich genommen hat.
„Abdrift“ nennen Fachleute es, wenn Pestizide in Gewässer, Gärten oder auf das Nachbarfeld geweht werden. Jedes Jahr würden in Deutschland Hunderte Biobetriebe durch Pestizide von ihren konventionellen Nachbarn geschädigt, schätzt der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW). Der BÖLW ist der Dachverband der Ökobranche. Auch die Biokontrollstelle „Gesellschaft für Ressourcenschutz“ rechnet mit dieser Größenordnung. Das Risiko durch Abdrift dürfte viele Bauern davon abhalten, auf Bio umzustellen, befürchtet der BÖLW. Denn fast alle Ökohöfe sind von herkömmlichen Betrieben umgeben.
Linksammlung:
Pestizidtest: Blühstreifen
Abdriftgefahr ist größer als gedacht: 71% der Proben mit Pestiziden belastet – Blühstreifen sind Gefahr für Schmetterlinge, Bienen & Co
https://www.global2000.at/publikationen/ackerrandstreifen-test
Glyphosat tötet alle Pflanzen ab, doch für den Menschen soll das Unkrautgift ungefährlich sein. Es mehrten sich jedoch Studien, wonach Glyphosat „erhebliche negative Effekte” für Umwelt und
Gesundheit habe. In der Uckermark kämpft eine Bürgerinitiative gegen den Einsatz des umstrittenen Pestizids.
http://www.maz-online.de/Brandenburg/Pestizide-Glyphosat
Diese Ausstellung bitte anfordern und überall zeigen!
Als kleines Gegengewicht gegen die massive Propaganda der Chemie- und Agrarindustrie bzw. des
Bauernverbandes sollte für diese Ausstellung beim NABU-Landesverband Brandenburg rasch
Bedarf angemeldet werden!
https://brandenburg.nabu.de/wir-ueber-uns/infothek/23584.html
Bücher:
"Unser täglich Gift. Die unterschätzte Gefahr" von Prof. J. Zaller (Deuticke Verlag)
https://www.hanser-literaturverlage.de/buch/unser-taeglich-gift/978-3-552-06367-9/
Andre' Leu: "Die Pestizidlüge. Wie die Industrie die Gesundheit unserer Kinder aufs Spiel setzt" (oekom Verlag)
https://www.oekom.de/buecher/sachbuch/buch/die-pestizidluege.html
Scheub/Schwarzer: "Die Humusrevolution. Wie wir den Boden heilen, das Klima retten und die Ernährungswende schaffen" (oekom Verlag)
www.humusrevolution.de
Filme:
"Das Wunder von Mals" http://wundervonmals.com/
"Oasen in der intensiven Agrarlandschaft":
https://www.youtube.com/watch?v=n4XoCMJYXd4
"Der Bauer und sein Prinz":
http://derbauerundseinprinz.de/
Dr.Koch (Montag, 15 April 2019 20:04)
Der Beitrag zu Abdrift enthält ein Bild, dass sachlich falsch erklärt wird.
Der gelbe Randstreifen in dem Getreidefeld ist nicht das Ergebnis von Abdrift, also von verwehtem Wirkstoff. Ein solches Schadbild entsteht, wenn das Gestänge nicht korrekt geführt wird und die letzte Düse auf das Nachbarfeld spritzt.
Abdriftwirkung sieht ganz anders aus und ist gekennzeichnet durch deutlich erkennbare Driftfahnen. Das ergibt sich, weil die Verfachtung eben nicht so randscharf entsteht sondern durch die Luftbewegung verursacht wird. Wind und Luftbewegung sind nie gleichmäßig und immer böig, und die Sedimentation des Wirkstoffs führt eben zu den Driftfahnen. Dazu habe ich genügend Bilder.
Z.B. kann man das auch in diesem link auf S. 17 und auch auf S. 20 sehen:
https://www.gfrs.de/fileadmin/files/info/Abdrift-Informationen_NW_2018.pdf
Im Anhang schicke ich eine Fachbeitrag mit, in dem erklärt wird, wie diese Übergangszone zu betrachten ist.
Vielleicht helfen diese Hinweise zum besseren Verständnis sowie zur korrekten Darstellung von Abdrift,
mit besten Grüßen
Dr. Heribert Koch
Eva Schmelzer (Mittwoch, 15 August 2018 15:15)
Das ist ja mal richtig interessant! Und mir bislang unbekannt, wenn auch eigentlich sehr einleuchtend. Unumstritten ist doch mittlerweile, dass ein striktes Umdenken in der Landwirtschaft (Ackerbau und Viehzucht) stattfinden muss, dass nicht weiter so gewirtschaftet werden kann, nur den Ertrag als einziges Ziel im Auge. Wäre es in Anbetracht der Windabdrift bzw. Abdrift, die ja auch der gewissenhafteste Bio-Bauer nicht verhindern kann, aber auch vielem anderen mehr, nicht an der Zeit, dass der Ökologische Landbau langsam Normalität werden sollte?
Danke auch für die vielen interessanten Links zum Thema