Lasst den Insekten ein Stückchen Wildnis
Text und Fotos: Zdenka Born
14.06.2019
In meiner unmittelbaren Umgebung wird wieder Rasen rasiert was das Zeug hält. Ich frage mich, ob die Leute, die das tun, noch nie etwas gehört haben vom heimischen Artensterben, ob es diesen Leuten nie auffällt, dass alle möglichen Insekten, die auf dem kahl geschorenen Wiesen keine Nahrung mehr finden, von Jahr zu Jahr weniger werden und mit ihnen auch alle Tiere, die auf Insekten als Nahrungsquelle angewiesen sind.
Vermutlich fällt es ihnen nur auf, dass sie weniger Insektensprays benutzen müssen als in den Jahren davor und auch das Vogelgezwitscher stört diese Leute, die sich von jedem Zeichen der natürlichen Lebendigkeit belästigt fühlen, nicht mehr. Ja, und die Autoscheiben werden weniger schmutzig, wie praktisch!
Es fällt ihnen auch nicht auf, dass sie mit ihrem ewigen Maschinenkrach die natürlichen Stimmen des Sommers jäh zerstören wie auch alles, was in ihren Augen abgeschnitten, abrasiert und vertrieben werden muss.
Am Besten eine Sandwüste lassen wie das in den vielen Vorgärten mitten im Naturschutzgebiet von Brandenburg geschieht. Wäre es denn so schlimm, einfach einige Wildblumensamen dort auszustreuen und sie für die Insekten wachsen zu lassen? Die Pflege einer Wildblumenwiese erfordert doch viel weniger Mühe als jedes Kräutlein, das sich dort ansiedelt immer wieder aus dem Boden zu rupfen?
Ende Juni und im Herbst braucht man nur zu mähen, das Schnittgut erstmal trocknen lassen. Damit wird die Wiese vor Austrocknung geschützt und die Samen der abgeblühten Wildblumen können in Ruhe ausreifen. Das duftende Heu wird dankbar von Haustieren angenommen. Wenn man die Wiese nicht mäht, verbuscht sie, so wird sie abgemagert und ideal für das Ansiedeln der heimischen, bedrohten Arten.
Statt vor blühenden Wiesen schweift mein Blick über zubetonierte Gärten oder etwas modischer gestaltet, von den mit Steinen zugeschütteten Beeten, in deren Mitte vielleicht nur eine exotische Prestigepflanze, die den heimischen Arten auch nichts nutzt, wachsen darf.
Hat man im Allgemeinen vergessen, wie wunderschön die mitteleuropäische Wildnis mit bunten Wiesen und flatternden Schmetterlingen mal ausgesehen hat?
Warum darf es diese Fülle an Leben bei vielen nicht mehr geben?
Ich verstehe es nicht und es macht mich traurig, denn ich kann mich noch an Zeiten erinnern, als die wilde Natur ihren Platz haben durfte, auch in Gärten oder Vorgärten, an Straßenrändern die jetzt kahlrasiert und anschließend aus fahrenden Autos mit Müll zugeschüttet werden.
Leider sind Menschen, die sich darüber Gedanken machen und auch etwas dagegen unternehmen in der Minderzahl, es gibt zu wenig Aufklärung darüber und sogar beim Blumenkauf weiß das Personal oft nicht, welche Blumen sind insektenfreundlich und nützlich. Noch immer beherrschen die ewig präsenten Geranien Blumenkübel und -Ampeln, obwohl sie sehr umweltschädlich produziert werden und für die Insekten gänzlich ohne Nutzen sind.
Ich könnte noch eine Menge vom umweltzerstörenden Verhalten im Sommer erwähnen. Habt ihr euch schon mal Gedanken darüber gemacht, wie die Holzkohle für die heißgeliebten Grillabende entsteht? Gesunde Wälder in Afrika werden abgeholzt, eine unglaubliche Umweltzerstörung hinterlassen, damit wir unseren Spaß mit dem Grillen haben.
Doch ich werde mich jetzt nicht mehr ärgern. Noch gibt es in meinem Umfeld intakte Natur-Nischen für Mensch und Tier. Ich hole mir dort die Kraft, um mit Gleichgesinnten in meinem kleinen Umfeld etwas gegen die Umweltzerstörung zu tun.
Eva Schmelzer (Dienstag, 18 Juni 2019 16:08)
Liebe Zdenka, Du sprichst mir und mit Sicherheit allen Naturwelt-Lesern mit Deiner Anklage aus der Seele. Ja, es ist unverständlich, dass so vielen Menschen noch immer verborgen geblieben sein kann, dass jedes kleine naturbelassene Fleckchen bitter nötig ist. Oder sie wissen es und es ist ihnen gleichgültig, weil sie nicht bedenken, dass auch sie ein Teil der Natur sind und dass sie einst, wenn die Natur stirbt, wenn es so weitergeht, mit ihr sterben werden. Ich verstehe auch nicht, dass die öffentlichen städtischen Parks nicht aktiver werden, denn die Verantwortlichen in den Gartenbauämtern müssten die Dramatik eigentlich kennen. Am Beispiel meiner Stadt Düsseldorf kann ich sagen, dass es zwar mittlerweile einige naturbelassene Wiesen gibt, aber der Großteil sind Rasenflächen. Natürlich muss es einige geben, um sie als Liege- und Spielfläche für Menschen nutzen zu können, aber das Verhältnis müsste umgekehrt sein. Dennoch habe ich Hoffnung, dass die Zahl derer wächst, die erkennen, was wirklich schön ist und damit nützlich für alles Leben vom Menschen bis zum kleinsten Käferchen.
Marion Hartmann (Dienstag, 18 Juni 2019)
Es könnten meine eigenen Worte sein, hier, wo jedes Kräutlein wie ein Dorn ins "modern" geprägte Auge sticht.., hier, wo Wildwuchsstreifen parallel zur Straße in erdig kahle Verläufe umgewandelt werden.., hier, wo noch vor 2 - 3 Jahren blühendes Buschwerk die kleinen Parks eingrenzte. Der Wahnsinn grassiert, es muss eine fortschreitende Geisteskrankheit sein, ich kann es mir nicht anders vorstellen und das Ganze hat eine bedrohliche Dynamik. Ich kann nur bestätigen, dass man eigentlich jede Hoffnung verlieren könnte, weil es zu viele Menschen einfach nicht interessiert. Eines aber ist gewiss.., sowohl die Verursacher als auch die Schweiger werden nicht ausgenommen sein von den Folgen. Dank für diesen Bericht!