Die Igel und die Mähroboter
Text: Judith Dahmen
Fotos:
02.05.2021
Bitte klärt Eure Nachbarn auf.
Ich bin es so leid. Nichteinmal einen Monat nach dem ersten Erwachen der Igel, wieder ein Verletzter. Die gleichen typischen Verletzungen. Der aufgesäbelte Kopf, das abgeschnittene Bein. Ich weiß
nicht, was ich noch tun kann.
Ich wünschte, meine Wut würde sich ihren Weg durch meine Kehle bahnen und so laut nach draußen dringen, dass jeder in einem Kilometer Umkreis meine Stimme hört: "LASST EURE RASENROBOTER NICHT
NACHTS UND NICHT IN DER DÄMMERUNG LAUFEN!!!" Aber meine Stimme ist nicht so laut, ich kann nur schreiben, immer wieder schreiben und hoffen, dass auch der letzte Roboterbesitzer endlich
mitbekommt, was sein Gerät anrichtet.
Als hätten die Igel nicht auch ohne den Mähroboter genug Probleme. Die Dürre der letzten 3 Jahre hat viele verdursten lassen. Die milden Winter lassen sie mehrmals aus dem Winterschlaf hoch
schrecken und lebenswichtige Kraftreserven verbrauchen. Viele verhungern bis zum Frühling. Der Insektenschwund zwingt sie, statt Käfer und Spinnen vermehrt Schnecken zu fressen, über die sie sich
mit dem Lungenwurm infizieren, woran sie ohne rechtzeitige menschliche Hilfe qualvoll ersticken. Immer mehr "aufgeräumte" Gärten bieten ihnen weder Nahrung noch Unterschlupf, so dass sie immer
weitere Wege zurück legen müssen und immer öfter von Autos erfasst und getötet werden. Und jetzt kommt auch noch der angeblich wildtiersichere Mähroboter hinzu und schlitzt sie Einen nach dem
Anderen auf.
Ich bin als Tierarzthelferin den Anblick schlimmer Verletzungen gewohnt, aber ich sitze hier und weine vor Mitgefühl und vor Wut, weil das SO unnötig ist, weil das SO einfach verhindert werden
könnte, wenn allen Mähroboterbesitzern bewusst wäre, was sie anrichten, wenn sie das Gerät in der Nacht oder in der Dämmerung laufen lassen.
Aber es ist ihnen nicht klar, und ich kann nur eine endliche Anzahl Menschen mit meiner Aufklärung erreichen. Ich fühle mich so hilflos und müde.
Ich habe meinen ganzen Garten darauf ausgerichtet, dass Igel, Vögel und Amphibien bei mir ein Refugium vorfinden. Ich kratze mein weniges Geld zusammen, um den Igeln jeden Abend genügend Futter
zur Verfügung zu stellen, weil selbst der beste Naturgarten nur bedingt ausgleichen kann, dass 75% der Insekten in Deutschland ausgerottet sind. Wir haben den Wildtieten diese Notlage durch
unseren rücksichtslosen Lebensstil eingebrockt, deshalb fühle ich mich in der Verantwortung zu helfen, und ich tue es gerne.
Aber zu sehen, wie ein Igel nach dem Anderen amputiert und aufgeschlitzt von seinen nächtlichen Wanderungen zurück kommt, das bricht mir das Herz vor Hilflosigkeit.
(Judith Dahmen)
Für weitere Infos:
https://www.nabu.de/umwelt-und-ressourcen/oekologisch-leben/balkon-und-garten/pflege/28166.html
https://www.lbv.de/ratgeber/lebensraum-garten/was-gar-nicht-geht/rasenroboter/
Tiere müssen sinnlos unter schlimmsten Schmerzen sterben, weil Menschen zu faul sind ihren Rasen wie gewohnt mit dem Rasenmäher zu mähen.
Eva Schmelzer (Samstag, 15 Mai 2021 15:16)
Ich bin sehr ergriffen von diesem Hilfeschrei Judiths, die vor Mitgefühl und vor Wut weint, wenn sie an das so leicht vermeidbare Elend denkt. Ich wünschte, alle Menschen würden so mit den Tieren fühlen.