Brachland und Großtrappen
Text und Scherenschnitte: Erika Bulow-Osborne
25.06.2016
Brachland als wichtiges Rückzugsgebiet.
Brachland, in diesem Fall Grünland-Brache, ist unbestelltes, unproduktives Land, das bewusst stillgelegt wurde. Langjährige Stilllegung hat einen besonderen Umweltzweck. Es kommen keine Düngemittel zum Einsatz, eine natürliche Entwicklung von Wild-Pflanzen entsteht, typisch für Äcker. Im ersten Jahr kommen Klatschmohn, Gänsefingerkraut, Beifuß, danach ausdauernde Stauden wie Löwenzahn und Rotklee, nach mehreren Jahren Schafgarbe und Wiesensalbei. Schließlich siedeln sich Haselnuss und Hartriegel an. Es wird zu einem Rückzugsgebiet von Wildtieren.Typische Wildpflanzen sind Acker Fuchsschwanz, Kohldistel, Echte Kamille, Sauerampfer, Vogelmiere,Weidenröschen, Wiesen Flockenblume und Wicken.Ganz wichtig ist die Ackerkratzdistel für über 100 Insekten, Heuschrecke, Käfer, Fliege, Wildbiene, Hummel, Blattwanze und Spinne.
Brachland bietet Nahrung, es ist ein Durchzugsgebiet oder ein Überwinterungsgebiet.
Ich wurde besonders aufmerksam auf einen schwergewichtigen Vogel, der in Deutschland sehr stark gefährdet ist. In Deutschland gibt es den Vogel nur noch im Havelländischen Luch, in Belziger Landschaftswiesen in Brandenburg und im Fiener Bruch nahe Rathenow.
Der bedrohte, sehr scheue Vogel ist die "GroßTrappe". Der männliche Großtrappen-Hahn kann (trotz seines Gewichtes bis 18 kg) fliegen, aber ist nicht in der Lage, plötzliche Wendungen zu machen. Die Weibchen sind sehr viel kleiner. Wie so oft bei Vögeln, ist es das Groß Trappen Weibchen, welches sich ihrem erwählten Brutpartner nähert, der sie begattet. Dann wählt sie weit entfernt ihren einfachen Brutplatz, eine Bodensenke.Sie brütet die Eier aus und kümmert sich allein um ihre Jungen.
Erst mit 5-6 Jahren sind die Großtrappen Männchen geschlechtsreif, aber sie leben 25 Jahre. Wegen ihres besonders aufwendigen Balzspieles, sind es oft die Alten, die am schnellsten von einem Weibchen gewählt werden. Wenn man Fotos von männlichen Groß Trappen sieht, ist ihr imponierender Gang, ihr stolzes Auftreten auffallend. Doch im Moment der Balz verwandeln sie sich in ein kaum wiederzuerkennendes Wesen.Alle Schwanzfedern, alle Flügelfedern werden gezeigt, die sonst verborgen liegen. Weiße, flauschige Federn umhüllen jeden Hahn. Sie leuchten in Weiß und in ihrem gesprenkelten Braun mit schwarzer Markierung. Luftsäcke werden aufgeblasen und der Balzruf ertönt als dumpfes 'uumb'.Auf der Brust entsteht ein Ballon und blaugraue Hautflächen erscheinen seitlich am Hals. Schließlich werden die Barthaare, die gewöhnlich hängen, hochgestellt. Ich habe versucht, dieses komplizierte Balz- Erscheinungsbild der Groß Trappen im Scherenschnitt festzuhalten.
Nach der Balzzeit leben die Männchen in Gruppen zusammen.
Da diese Vögel sehr vom Aussterben bedroht sind, gab es freiwillige Helfer und Ornithologen, die sich bemühten, Bruten wirklich erfolgreich zu machen. Erst zäunten sie ein großes Gebiet ein, damit keine Waschbären, Marder und Füchse die Eier stehlen konnten. Doch Krähen und Kolkraben kamen aus der Luft. Daraufhin wählten sie eine andere Taktik: die Eier wurden gesammelt und in Brutmaschinen ausgebrütet. Die Küken mussten per Hand aufgezogen und ausgewildert werden. Damit haben die Helfer schon beachtliche Erfolge erzielt.
In Spanien gibt es eine stabile Gruppe von GroßTrappen. Ferner gibt es Groß Trappen in Kasachstan und in der Ukraine. In England startete man eine Wiedereinführung in einem ehemaligen Militär-Übungsgelände. Ob dieser Versuch gelingt , wird sich erst in einigen Jahren erweisen.
Sven hat in Brandenburg tatsächlich ein paar Großtrappen vor die Linse bekommen und uns die Fotos freundlicherweise zur Verfügung gestellt
Eva Schmelzer (Donnerstag, 03 November 2016 14:25)
Danke, Sven Bieckhofe, für die Fotos, die mich jedoch auch ein wenig wehmütig gemacht haben in Anbetracht der Tatsache, dass die Art so sehr bedroht ist und im Zusammenhang mit Janns Bemerkung, dass er keine Chance für die Großtrappe sieht, selbstständig und ohne Hilfe zu überleben. Ich hoffe trotz der düsteren Aussichten für diesen Vogel sehr, dass sie auch in fernerer Zukunft überleben können und solche Fotos vielleicht sogar irgendwann keine Seltenheit mehr sind.
Jann (Montag, 24 Oktober 2016 13:28)
Meiner Meinung nach hat die Großtrappe keine Chance, selbstständig und ohne Hilfe zu überleben. Wie sieht die Hilfe aus? Da die Biotope immer mehr schwinden und es auch nicht absehbar ist, daß sich die Lebensräume für die Großtrappe verbessern, wird man sich damit abfinden müssen, daß diese Art aus der freien Natur verschwindet. Sie künstlich am Leben zu erhalten, indem man sämtliche Beutegreifer intensiv bekämpft, ist schon moralisch und ethisch nicht zu vertreten, zumal nur ein paar handzahme Großtrappen die Belohnung der Raubwildbekämpfung sind. Die meisten Leute stellen sich das so romantisch vor, indem sie im Glauben sind, da kümmern sich ein paar Tierschützer liebevoll um die arme Großtrappe und das muss man doch unterstützen. Was wird unterstützt? Unterstützt werden Berufsjäger, die dafür bezahlt werden, ihrem Trieb der Vernichtung von Beutegreifern nachgehen zu können. Besonders im Fiener Bruch wurde der Berufsjäger P.Rößler weit über die Grenzen bekannt, als äußerst brutaler Bau- und Fallenjäger, der sowohl Dachse, als auch Füchse gerne aus dem Bau sprengt, oder, was ihm am liebsten ist, auszugraben. Da wird ein großes Gebiet mit Fallen umstellt und jeder Fuchs, der es wagt in dieses Gebiet einzudringen, wird gleich getötet. Nein, auf einem Berg getöteter Wildtiere handzahme Großtrappen den Leuten zu zeigen und weiter Spenden einzutreiben ist nicht der richtige Weg, er ist ein Weg der blutigen Meuchelei an wehrlosen Tieren.
Hans-Dieter Wiesemann (Dienstag, 02 August 2016 13:37)
Liebe Erika, ein sehr schöner Bericht über Barchland und die Großtrappen, wie immer bei dir, mit guten und weitreichenden Rechergen untermauert.
Durch eins der von dir genannten Großtrappen-Vorkommen der neuen Bundesländer sollte (wurde auch) randlich eine neue ICE Strecken gebaut werden. Das wäre letzlich das Aus für die kleine Population gewesen, da insbesondere die Hähne, wie du beschreibst, einen eher plumpen Flug in geriger Höhe über Gelände haben, bestand erhebliche Kollisionsgefahr mit den Schnellzügen.
Der Einsatz von Naturschützern vor Ort hat schließlich dazu geführt, dass im Beriech der Schutzgebietsdurchschneidung die ICE-Strecke beidseitig hinter Geländeverwallungen verdeckt gebaut werden musste. So können die Großtrappen dort die Bahntrasse ohne Kollissionrisiko überfliegen. Ihr notwendiger besonders geschüzter Lebensraum wird dadurch nicht erheblich verkleinert. Die durch den Bahkörper beansruchten Flächen musste aber durch eine geignete Gebietserweiterung an anderer Stelle ersetzt werden.
Marion Hartmann (Samstag, 16 Juli 2016 08:07)
Brachland! Ich besitze ein Buch darüber und konnte auch selbst über Jahre ein Stück Brachland beobachten mit einem erstaunlichen Wechsel der Pflanzenwelt über die Jahre.
Erikas Recherchen darüber sind hoch interessant, besonders was die Großtrappe betrifft, von der ich nicht viel wusste.
Ein toller Bericht mit wunderschönen Schnitten, bei dem man sich viele Leser wünschen möchte.
christine (Sonntag, 03 Juli 2016 15:15)
Immer wieder sorgfältig und anschaulich, liebe Erika! Danke :)
Eva Schmelzer (Freitag, 01 Juli 2016 22:57)
Was für eine ausführliche Beschreibung dieses Vogels, den man, wenn überhaupt, bestenfalls dem Namen nach kennt! Und wie schön sind Erikas Scherenschnitte, in denen sie u.a. auch den imponierender Gang, das stolze Auftreten des Großtrappen-Männchens meisterhaft dargestellt hat. Ebenso schön auch die Schnitte der Brachland-Pflanzen. Hoffen wir, dass die Bemühungen um den Erhalt der Großtrappen erfolgreich sind. Ich sehe das positiv, weil ich den Eindruck habe, dass sich ernsthaft darum bemüht wird. Immerhin ist ein Rückgang dieser Tiere ja in einigen Gebieten Deutschlands ja schon seit ca. 1850 zu beklagen, ein Wunder, dass er dennoch in den von Erika beschriebenen Gegenden überhaupt noch vorkommt. Aber nun ist man endlich aufgewacht und zumindest in den besagten Gebieten ist seit 2012 ein kontinuierlicher Anstieg der Populationsgröße zu verzeichnen. Wenn es nun stimmt, dass aus verschiedenen Gründen Deutschlands Brachflächen jedes Jahr um eine Fläche von der Größe der Stadt Karlsruhe wachsen, stehen die Chancen gut, dass auch in lange „verwaisten“ Gegenden die Art sich wieder ansiedelt. Ich habe das irgendwo mal gelesen oder gehört, weiß die Quelle aber leider nicht mehr. Voraussetzung ist natürlich, dass diese Flächen nicht als „ungenutztes Land“ angesehen und sofort wieder bebaut oder anderweitig genutzt werden. Aber Erika hat ja beschrieben, wie wichtig Brachflächen für Pflanzen, Insekten und andere Tiere sind, und dass man das erkannt hat. Bund, Länder und Kommunen dürfen halt nur nicht schwach werden, wenn skrupellose Investoren lukrative Angebote machen, um diese wertvollen Flächen zu zerstören.
Vielen Dank, liebe Erika, dass Du uns diesen schönen Vogel und das Brachland mit seiner Vielfalt vorgestellt hast.