Blumen am Wegesrand
Texte: Ulrike Münch, Conrad Franz, Gudrun Kaspareit
Fotos: Conrad Franz, Gudrun Kaspareit
Gemälde: Conrad Franz
26.03.2015
Ist es schon soweit, dass man um jeden kleinen Grünstreifen betteln muss? Man hat die Natur wortwörtlich an den Straßenrand verbannt, aber selbst dort darf sie nicht nach Herzenslust blühen.
Schmetterlinge, Wildbienen und bodenbrütende Vögel werden immer seltener, weil die Landschaft zusehends vermaist, die Landwirtschaft immer intensiver wird und viel zu viel Chemie versprüht wird. Wildblumen haben kaum eine Chance. Sie leben teilweise nur noch auf kleinen Natur Inselchen und am Straßenrand. Aber selbst dort müssen sie um ihr Überleben kämpfen. Dank des heiligen, deutschen Ordnungssinns muss alles akkurat und ordentlich aussehen, wie kurz gemähter Rasen. Also werden die Straßenränder regelmäßig kurz geschoren, so dass sich die Blumen nicht mehr selber aussähen können, da die Samen kaum zur Reife gelangen.
Meine Freundin Ulrike hat einen Antrag an ihre Heimatgemeinde geschrieben und ich möchte darum bitten, dass Ihr auch alle ähnliche Anträge an umliegende Kommunen und das Landratsamt schickt. Ulrikes Antrag darf gerne als Vorlage genutzt werden. Wenn wir flächendeckend Anträge schicken und auch nur die Hälfte der Bürgermeister ihnen nachkommt, ist schon einiges gewonnen. Also bitte, bitte im Namen der Bienchen und Blümchen helft alle mit. Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
Sehr geehrte Gemeinderäte,
Ich lebe in dieser Gemeinde insgesamt ungefähr 25 Jahre.. Mir ist in diesen vielen Jahren vermehrt aufgefallen, dass alle öffentlichen Straßenränder und Wegränder jetzt sehr häufig gemäht werden, auch private Wegränder werden schon im Mai gemäht, teilweise sogar mit Krautvernichtern gespritzt.
Die Region Landshut und auch Geisenhausen speziell, erlebt seit einigen Jahren die verstärkte Umstrukturierung der Landwirtschaft, von familiären Kleinbetrieben in Richtung Industrielandwirtschaft. Da im Zuge dessen nahezu alle landwirtschaftlichen Betriebe kaum noch Blütenpflanzen auf ihren Grünflächen haben, den Bienen und ihren unzähligen Verwandten nur noch sehr wenig Lebensraum geblieben ist, warum beteiligen sich die Kommunen auch an der Zerstörung wertvoller Blütenpflanzen ?
Ohne Bienen und andere Befruchterinsekten hätten wir in einigen Jahren keine eigenen Früchte mehr. Welche Biene soll dann unseren Apfelbaum im Hausgarten bestäuben?
Mein offizieller Antrag im Gemeinderat lautet : Alle Ränder der kleinen Straßen und Wege im kommunalen/unserem Eigentum, bitte erst Ende Juni und dann nur noch irgendwann im Oktober zu mähen. Und alle Eigentümer unterschiedlicher Privatwege dazu auffordern, es einer Bürger,-und naturfreundlichen Kommune gleichzutun.
Das ist mir wirklich ein großes Anliegen, auch im Namen aller Blütenliebhaber - ohne heimische Insekten keine Früchte.
Mit freundlichen Grüßen......
Ihr möchtet keinen uniformen Rasen im Garten? Sondern ein buntes Blumenmeer? Auch dafür hat Ulrke einen Tipp:
Kamillen, Kornblumen und Mohnblumen wachsen nicht im Rasen, sondern im Kornfeld. Man kann auch nicht so einfach Wiesenblumensamen von Margerite, Wiesensalbei und Wiesenglockenblumen in den Rasen streuen. Ich würde empfehlen den Samen in Töpfen auszusähen, dann wenn die Pflanzen ein paar Monate alt sind den Rasen stellenweise abzuplaggen und die Blumen einpflanzen. Der Rasen darf nicht mehr gedüngt werden und nur noch zwei bis dreimal im Jahr gemäht werden, erste Mahd Ende Juni. Das Mähgut sollte abgerecht werden, mann kann es auch heuen, falls schönes Kaninchenfutter gebraucht wird. Dann sollten allerdings keine Giftpflanzen wie Jakobskreuzkraut enthalten sein.
Oder Ihr wollt vielleicht Brachflächen oder Verkehrsinseln bunter gestalten? Dann empfehle ich „Guerilla Gardening“ und das Werfen von „Seedballs“
Auch mein Freund Conrad hat ein Anliegen und eine Bitte an Euch:
Goldammern sieht man im Augenblick sehr häufig,sie sind Bodenbrüter die oft unter einer Grasnabe am Wegesrand ihr Nest haben. Sie hockt auf den Eiern und er sitzt oft hoch oben auf einem Ast und passt auf . Seine quetschenden Rufe und sein Singsang hört man weithin. Durch einen Zufall, als ich mich auf einem Parkplatz ausruhte, sah ich wie eine Goldammer immer wieder an der gleichen Stelle herunter flog und zu Fuß zum Nest ging. Sie fliegen das Nest aus Sicherheitsgründen nie direkt an, sondern landen in einigem Abstand und beobachten die Umgebung, dann erst nähern sie sich dem Nest. Daher ist es für mich jedes Mal ein Ärgernis wenn vom Bauhof der einzelnen Gemeinden so früh im Jahr die Weg - und Straßenränder gemäht werden. Es gibt so viele unüberlegte Dinge, die in der Natur passieren, woran die Unfähigkeit der Menschen über ihre Mitgeschöpfe nachzudenken Schuld ist. Man sollte sich klar machen, wie viele Vögel durch Baum-Fällung umkommen. Das ganze Jahr über wird in den Wäldern gefällt. Tausende von Vögeln, auch und gerade besonders seltene Arten werden auf diese Weise vernichtet. Ganze Käferpopulationen werden gleich mit umgebracht, Schmetterlingspuppen die irgendwo hängen haben keine Chance.
Auch Hasen haben es in dieser flurbereinigten Landschaft schwer. Ich möchte nicht wissen, wie viele Junghasen, die ja ganz still sitzen bleiben und auf ihre Tarnfarbe und ihren fehlenden Eigengeruch vertrauen, von den Kreiselmähern der Landwirte geschreddert werden. Einige Landwirte schicken vor der Mahd ihre Hunde durch die Wiese, um die Hasen und andere Tiere, wie Kitze und bodenbrütende Vögel zu verscheuchen, aber nicht alle machen sich diese Mühe. Ganz davon abgesehen, dass die Gelege der Bodenbrüter auf jeden Fall vernichtet werden.
Hier möchte Conrad uns um mehr Achtsamkeit bitten:
"Kleine Märzhase, bitte nie anfassen es wäre für den Kleinen unter Umständen tödlich!!!
Um diese Zeit kann es Euch passieren, dass Ihr auf so einen süßen kleinen Kerl trefft, er ist nicht von seiner Hasenmutter alleine gelassen worden, sondern sie kommt nach einiger Zeit immer
wieder vorbei und gibt ihm zu trinken.
Er besitzt noch keinen Geruch und ist daher nicht gefährdet, fasst Ihr ihn an ist es damit vorbei und jedes Beutetier wird ihn finden und fressen. Da es aber zu wenige Hasen gibt wäre das fatal
für den Bestand."
Dieses Gemälde von mir zeigt einen sogenannten Wildacker. Im Kreis Euskirchen werden mit den jeweiligen Landwirten Verträge gemacht, in denen sie sich verpflichten einige Ackerflächen still zu
legen und nicht mehr zu bewirtschaften. Dadurch gibt es für viele Tiere, wie dem Schwarzkehlchen, dem Braunkehlchen, einigen Schmetterlingsarten und sogar, wie in der Zülpicher Börde, der
Wiesenweihe die Möglichkeit sich wieder anzusiedeln.
Auf dem Bild sind Feldsperlinge zu sehen, die Samenkapseln ernten.
Das Gemälde ist 140 cm X 200 cm groß und mit Ölfarben gemalt auf Leinwand, der Blick geht Richtung Zülpicher Börde an einem heißen Sommertag und die Luft flimmert.
Marion Hartmann (Freitag, 09 Juni 2017 08:02)
Es ist wohl überall das Gleiche. Zuviel Vernichtung und zu wenig Menschen, die etwas dagegen tun. Ich sehe auch hier, mit welcher Rücksichtslosigkeit der noch wenige Wildwuchs auf Arealen, die nicht zu irgendwelchen Grundstücken gehören, abrasiert wird, sowie eben dort das Gras etwas höher steht, als es den Vorstellungen des Stadtamtes entspricht. Entsprechende Reformen könnten eine sofortige Änderung bisheriger Vorgaben einleiten.., wozu gibt es Ämter und Behörden, wenn sie nicht in der Lage sind, Naturschutz gesetzlich zu vertreten, was man eigentlich erwarten müsste. Wenn man hier einen Brief zum Bürgermeister sendet, bekommt man meist keine Antwort, da wird wohl schon im Vorzimmer die Sache im Papierkorb erledigt. Dank für diesen Bericht nebst Fotos und erstaunlicher Malerei Conrad Franz.
Eva Schmelzer (Donnerstag, 02 April 2015 14:30)
Den Gedanken von Ulrike werde ich umgehend aufgreifen und unserem (endlich!) neuen Bürgermeister von Düsseldorf den Brief (natürlich in abgewandelter Form) senden. Ich bin sicher, dass er dafür offen ist, im Gegensatz zu seinen Vorgängern.
Die Beiträge von Conrad sind wie immer ebenso schön wie informativ.
Übrigend sind 45 Prozent!!! der Tier- und Pflanzenarten in NRW gefährdet. Aber wir haben einen Umweltminister, Johannes Remmel, der sich sehr um einen flächendeckenden Artenschutz bemüht. Ihm ist bewusst: „Wir löschen zur Zeit die Festplatte unserer Erde – auch in Nordrhein-Westfalen“.