Ausgeräumte Landschaften
Text und Fotos: Gudrun Kaspareit
06.05.2015
Nicht immer ist BIO drin, wo BIO drauf steht. Oft führt das neue BIO zum Verschwinden der Biodiversität. Zum Beispiel bei Biogasnalagen. Sie führen zur Vermaisung der Landschaft und damit auch zum Verschwinden der Bodenbrütern, wie Lerchen und Kiebitzen, denn auf jeder freien Fläche wird nun Mais angebaut, mit all den sattsam bekannten Folgen.
Auch Windkraftanlagen in Wälder zu bauen, bzw. Wälder zu vernichten, um dort Windkraftanlagen zu errichten, geht wohl sehr deutlich an der angestrebten Nachhaltigkeit vorbei.
Ebenfalls schlimm, wenn nicht gar am Schlimmsten ist die Holzpellets Industrie. Dem verantwortsbewussten Bürger wird gerne suggeriert, das Holz nachhaltig ist, da es ja ein nachwachsender Rohstoff ist. Doch der der gesunde Menschenverstand sollte ausreichen, um zu erkennen, dass Holz nicht so schnell nachwachsen kann, wie Bedarf vorhanden ist.
Oft genug schließen Holzpellet Firmen Knebelverträge mit den Gemeinden ab. Diese sollen pro Jahr eine gewisse Menge an Holz liefern. Aber schon bald ist der gesamte Wildwuchs weg und dann geht es auch Parkbäumen und Chausseebäumen an den Kragen, da sonst die Gemeinden ihre vertraglichen Verpflichtungen nicht einhalten können.
Wo sind sie hin, die Obstbaumalleen, die Hecken und blühenden Randstreifen? Mit ihnen verschwinden die Wildbienen und Schmetterlinge. Dann haben auch Vögel und Fledermäuse kein Auskommen mehr. So setzt sich die Verarmung der Landschaft fort.
Früher gab es an alten Dorfstraßen Obstbäume, Äpfel, Birnen, Kirschen und Pflaumen. Oft alt und knorrig mit viel Lebensraum für Vögel und Insekten. Felder waren von Hecken aus Schlehen, Weißdorn, Wildrosen, Brombeeren und Holunder gesäumt, Lebensraum für allerlei Getier. Die Landschaft besaß grüne Inseln, wie Knicks, Hecken und Böschungen. Flussauen waren beliebte Ziele und Rastplätze für Zugvögel und Wohnraum für eine reiche Tier und Pflanzenwelt.
Seit die Wälder in großem Stil für die Brennholzgewinnung gerodet wurden, hat sich die Situation immer weiter verschlimmert. Biogaszulieferer müssen ihre Quoten erfüllen. Der Hackschnitzel Industrie ist kein Reisig zu gering, um es zu Pellets zu verarbeiten. Und die Gemeinden sind froh, wenn sie durch Abholzung von ihrem Pflegeauftrag entbunden werden.
Neue Richtlinien für den passiven Schutz an Straßen tun ein Übriges.
Z.B. im Landkreis Lüneburg wurden unlängst 10 Hundertjährige Buchen an einer Umgehungsstraße gefällt. Ebenso wurde eine Obstbaum Allee gnadenlos ausgedünnt und die mitlaufende Hecke entfernt. Nicht nur Straßen, auch Bahntrassen werden so um ihren Baumschmuck gebracht.
Die Argumente für diese Maßnahmen wechseln. Mal dient die Abholzung der zügigen Hochwasserentsorgung, mal müssen die Gräben zum besseren Regenabfluss freigelegt werden, und immer ist vom ominösen Schulbus die Rede, dem von jedem Baum Gefahr droht. Seltsam nur, dass die Dringlichkeit sich erst in den letzten Jahren eingestellt hat. Plötzlich sind grüne Landschaftselemente ein Risiko, die jahrzehntelang die Gräben befestigten und niemandem etwas zuleide taten.
Viele Landwirte freuen sich und pflügen Hecken und Feldraine unter, zu Gunsten vergrößerter Ackerflächen. Wie verheerend das sein kann, zeigt uns der schlimme Sandsturm an der A19 bei Rostock, wo es 2011 zu einer Massenkarambolage von 80 Autos kam mit hunderten Verletzten und 8 Toten. Ein plötzlich aufkommender Sandsturm hatte binnen Sekunden dem Verkehr auf der Autobahn komplett die Sicht genommen, so dass es zu diesem schrecklichen Massenunfall kam. Eine anhaltende Trockenperiode und fehlende Hecken am Ackerrand hatten dies begünstigt.
Gerne wird darauf verwiesen, dass es Ausgleichsflächen gäbe und Ausgleichspflanzungen statt finden müssen, für jeden gefällten Baum. Doch meiner Meinung nach ist das pure Augenwischerei. Bei den Ausgleichsflächen ist es auch möglich, dass ein Landwirt, der Flächen versiegelt oder Bäume rodet, sich z.B. bei einer Stiftung einkaufen kann. Für eine gewisse Geldsumme, ist er vom Anlegen einer Ausgleichsfläche befreit. Egal, wie viele Landwirte dort einbezahlen, größer wird nur die Geldsumme, nicht aber die Ausgleichsfläche.
Nachhaltig ist die Verwertung der Landschaft also nicht, auch weil das Nachwachsen Zeit braucht. Was in den letzten Jahren durch Zerstörung der Landschaft an Bioenergie eingefahren wurde, kann so nicht kompensiert werden. Dabei ist der geläufige Hinweis auf Neuanpflanzungen ein lahmes Argument, wenn man bedenkt, dass Eichen und Linden 850 Jahre erreichen können, Kastanien 400, Buchen 250, Fichten 300, das durchschnittliche Alter der Bäume in den hiesigen Wäldern jedoch bei 80 Jahren liegt.
Und gibt es einen Aufschrei in der Bevölkerung? Nein, man schätzt es, nicht so viel Laub harken zu müssen (O.Ton: Bäume sind Dreckschleudern) und selbst in der tiefsten Provinz ist es wichtig, freie Sichtschneisen zu haben. Aus Bequemlichkeit werden im eigenen Garten kurz geschorene Rasenflächen angelegt, mit Thuja oder Kirschlorbeerhecken. Dies ist kaum Lebensraum für Insekten, Vögel oder kleine Säugetiere.
Gudrun (Montag, 09 Januar 2017 08:16)
Hallo Peter,
hier ist der Hilferuf eines Bürgermeisters, der genau dieses Problem beschreibt. Allerdings möchte er nicht, dass seine Gemeinde oder sein Name an die große Glocke gehängt wird, weshalb ich die Namen heraus genommen habe. LG - Gudrun
"hallöle
ich brauche hilfe.
der folgende artikel erscheint heute:
"...... freie presse 07.03.2013
Holz kommt als Wärme zurück
Gestern hat die Stadt einen Vertrag mit einem Lieferanten unterschrieben. Ab sofort wird in ....... mit Holz geheizt.
Von Sara Thiel
..... - Wer kann bei 430 Pferdestärken schon widerstehen? Die Pappeln vom Ziegeleigelände an der Hoferstraße können es nicht. Noch nicht mal eine Minute braucht der Großhäcksler, bis aus einem kompletten Baum mit einem Stammdurchmesser von bis zu 70 Zentimetern eine Ladung Hackschnitzel geworden ist. Unter Getöse frisst die schwere Maschine die gerodeten oder ausgeästeten Bäume in sich hinein und spuckt auf der anderen Seite hölzerne Flocken wieder aus.
Erste Lieferung sind Pappeln
Mit dem schweren Gerät zog Forstmaschinenführer Benni Wiedemann gestern Vormittag alle Aufmerksamkeit auf sich. Während der 25-Jährige seiner Arbeit nachkam, unterzeichnete Thomas Jehnichen einen Vertrag mit der Stadtverwaltung über genau dieses Holz. Jehnichen leitet die Zwickauer Außenstelle der Firma Bockelmann, die alleiniger Lieferant für das Holz des Heizkraftwerkes Süd ist. Man könnte also sagen, in der Hand des 43-Jährigen liegt die Wärmeversorgung für die Stadt, denn das neu gebaute Werk liefert die konstante Grundversorgung für die Stadt. Das Holz dazu kommt aus Zwickau und seiner Umgebung. Gestern waren es Pappeln von einem zugewachsenen Betriebsgelände, die aus Sicherheitsgründen abgeschnitten werden mussten. Hätte die Stadt das Holz wie bisher auf eine Deponie oder zur Kompostierung geben müssen, hätte das viel Aufwand für die Verwaltung bedeutet. Nun bekommt sie Geld - wenn sie davon auch nicht reich wird. Ähnlich verhält es sich mit Holzresten aus dem Stadtwald. Bisher blieb dort einiges liegen. Nun wird wohl gründlicher aufgeräumt. Damit hat dann der Borkenkäfer noch weniger Chancen, sich auszubreiten.
Anlage läuft jetzt optimal
...... allein kann den Bedarf an Holz für das Heizkraftwerk nicht decken. Der Lieferant verhandelt noch mit anderen Kommunen und angrenzenden Landkreisen, sagt Jehnichen. Fakt ist, das Werk wird ausschließlich mit Holz betrieben, das anderweitig nicht mehr genutzt werden kann, versichert Mike Müller, einer der Kraftwerks-Geschäftsführer. Er schätzt, dass der Betrieb der Anlage im Monat rund 400.000 bis 500.000 Euro kostet - inklusive der sieben Angestellten. Seit gut einem Monat läuft das Kraftwerk auch optimal - zuvor gab es noch eine Reihe von Feinabstimmungen. Nun aber soll der Neubau den Zwickauern Feuer in der Heizung machen. Am besten funktioniert das Müller zufolge mit frisch geschnittenem Holz."
Artikel Ende.
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und schon beobachte ich, dass seit einigen wochen wie wild (besonders in städtischen wäldern und parks) d bäume abgeholzt oder ganz besonders übelst beschnitten werden.
gibt es material dazu?
ich bin mitglied im stadtrat und möchte gerne etwas gegen diesen baumfrevel unternehmen.
vorab schönen dank und liebe grüße
Peter Steier (Montag, 09 Januar 2017 07:56)
Ich beobachte auch bei uns im Wochenendhaus in den letzten Jahren, dass Inseln und Streifen aus "Wildwuchs" (meist minderwertiges Holz, Weiden, Erlen, Hartriegel) ratzeputz verschwinden: 3/4 sind
schon weg. Ich vermute auch, dass auf landwirtschaftlich nicht nutzbaren Kleinflächen Naturwald von allein aufgehen durfte, den man jetzt aber gewinnbringend abholzen und an Pelletproduzenten
verkaufen kann. Auf Kosten der "Biodiversität", jedenfalls der Schönheit der Landschaft.
Wenn man dagegen aber etwas tun will, braucht man Belege. Kennen Sie konkrete Fälle, wo eine Windschutzhecke in einer Pelletsfabrik landete? Wissen Sie, wo so ein Knebelvertrag mit einer Gemeinde
existiert? Oder kennen sie gar eine Statistik?
U.Jakobs (Sonntag, 02 August 2015 16:21)
Wie schön sind doch Naturflaechen,wie schön ist so manches Unkraut,auch wenn sich viele darueber aergern.Ich liebe die Natur mit all ihren Wiesen,Waeldern und bin immer entsetzt wie damit umgegangen wird,nur um noch mehr Geld zu scheffeln.Traurig!!!!!
Eva Schmelzer (Montag, 01 Juni 2015 12:14)
Was im Großen geschieht (Dein Regenwald-Bericht) passiert also genau so auch im Kleinen. Erschütternd. Ich wusste zwar, dass viele Bäume unter fadenscheinigen Gründen gefällt werden, aber ein solches Ausmaß mit schon beträchtlichen Schäden auch für den Menschen, war mir nicht bekannt. Hinzu kommt noch das Argument der „Dreckschleudern“ in der Bevölkerung, was ich selbst auch erlebt habe vorletztes Jahr: Auf dem Grundstück vor dem Haus von Verwandten im Sauerland standen 3 große Waldkiefern, die gut 200 Jahre alt werden können. Sie waren der Eigentümergemeinschaft aber ein Dorn im Auge, weil sie unter den Bäumen ihre Autos parkten, also gab es auf den Wagen Vogelkot. Das Schlimmste aber war der „gelbe Dreck“ in der Blütezeit, der nicht sich nicht nur auf die Lieblinge Auto legten, sondern durch die offenen Fenster in die Wohnungen kam. Nun stehen an der Stelle 3 Betonkübel mit fleißigen Lieschen, mit Efeu unterpflanzt. Für mich sehen sie aus wie Grabsteine.
Martina Sparfeld (Montag, 01 Juni 2015 10:39)
Das kann einen schon sehr traurig machen,aber gut ist das dieses Thema auch endlich auf den Tisch kommt und Artenschwund in den Medien zunehmend präsenter wird,aber wie wir alle wissen mahlen die Mühlen der Bürokratie langsam.Hoffen wir das es noch nicht zu spät ist!