Der Steinklee
Text, Zeichnung und Fotos: Ulrike Beschow
08.07.20021
"Wie kleine, gelbe Zipfelmützchen hängen die zarten Blüten an den dünnen Stengeln. Der karge Boden bringt auch hier wieder faszinierende, kraftvolle Pflanzen hervor, die wir dankbar annehmen. Wir arrangieren uns mit Hummeln und Bienen, welche ihre Last manchmal kaum noch tragen können und dieser betörende Duft begleitet uns durch den Tag."
(Ulrike Beschow)
Melilotus officinalis
Familie: Schmetterlingsblütler - Legominosae
Hülsenfrüchtler - Fabaceae
Wie uns sein deutscher Name schon verrät, finden wir die oft sehr stattlichen und prachtvollen, aber eher luftig wirkenden Pflanzen, auf trockeneren Standorten. Er begegnet uns oft in alten, stillgelegten Steinbrüchen, an Weg- und Straßenrändern und auf Schuttplätzen. Im Gegensatz zu anderen cumarinhaltigen Pflanzen, die ihren typischen "Heugeruch" erst beim Verwelken entwickeln, duftet der gelbe "Echte Steinklee" schon während der Blütezeit, da er freies Cumarin enthält. Er verströmt seinen süßen Honigduft und lockt mit ihm natürlich viele Bienen und Hummeln, welche ihn als "Bienenweide" zu schätzen wissen, an. In manchen Gegenden Deutschlands wird er auch direkt so genannt. Er bietet den Menschen und Insekten seine Heilkraft, seinen Nektar und seinen süßen Duft den ganzen Sommer über an. Entdeckt ihn wieder und lasst Euch von ihm verzaubern. Auch wir versuchen jedes Jahr uns einen guten Vorrat für das Jahr zu sammeln, was nicht immer ganz einfach ist. Es sollte schon eine größere Menge auf den Standflächen vorhanden sein. Es gab schon Jahre wo wir leider keinen gefunden haben.
Das Volk hatte auch für diese Pflanze wieder sehr unterschiedliche Bezeichnungen, wie z.B. Honigklee, Goldklee, Mottenklee oder Bärenklee. Sein schon von Weitem leuchtendes Gelb weisst darauf hin, dass bei den Germanen diese Pflanze der Ostara, der Göttin des Lichts geweiht war.
Als Pflanze der Reinheit und Schönheit galt den Menschen im antiken Griechenland der Steinklee. Er war den Töchtern der Mnemosyne und des Jupiter (Zeus) ( laut Hesiod, griech. Dichter), den neun Musen, geweiht. Wie die meisten Heilpflanzen legten später die Christen auch den Steinklee der Gottesmutter Maria zu Füßen. An manchen Orten nennt man ihn deshalb auch noch Liebfrauenschühlein. Der große Ethnobotaniker Heinrich Marzell hatte es sich zur Aufgabe gemacht alle Pflanzennamen im deutschsprachigen Raum zu sammeln. In seinem "Wörterbuch der deutschen Pflanzennamen" findet man im V. Band alle Pflanzen, die nach dem Bären benannt sind. Darunter findet man den Bärenklee als Oberbegriff für verschiedene Pflanzen, u.a. auch den Steinklee. Da der Bär ja als Leckermäulchen bekannt ist und auch schon beim Aussaugen von süßen, nektarreichen Blüten beobachtet wurde, ist man über diese Verbindung sicherlich nicht verwundert.
Heilwirkung
Wie fast alle Heilpflanzen, so hat auch der Steinklee eine ganze Reihe von guten Eigenschaften zur Linderung von Beschwerden. Wenn man sich das Gesamtbild einer Steinkleepflanze betrachtet, so bemerkt man einen ziemlich robusten Stengel, der sich nach oben hin stark verzweigt, aber immer weicher wird. Die Blätter werden nach oben hin auch immer kleiner und filigraner, und die vielen kleinen Blüten verblassen schon bald nach dem Aufblühen. Diese luftige, aufgelöst wirkende Silhouette mit ihren vielen Verästelungen deutet schon auf seine Anwendungsbereiche hin. Steinklee hat in vielen Bereichen eine auflösende, erweichende Wirkung. Schon vor vielen Jahrhunderten wurde diese Pflanze bei den alten Heilkräuterkundigen Dioskurides, Plinius oder auch bei Theophrast als Mittel bei hitzigen Geschwülsten der Haut, bei Leber- und Gebärmutterleiden und bei Magenschmerzen empfohlen. Im 16. Jahrhundert wird eine schweiß- und harntreibende, schmerzstillende und wundheilende Wirkung beschrieben. Die erweichende Wirkung kann man sich z.B. bei geschwollenen Mandeln, verhärteten Lymphknoten, Geschwüren, verhärteten und vereiterten Milchdrüsen, Verstauchungen, Blutergüssen, Prellungen oder stark vereiterten Wunden zu Nutze machen. Für Umschläge und Kompressen bereitet man sich dazu einen stärkeren Aufguss aus dem Kraut.
Steinklee sollten Sie bitte nicht überdosieren, da es zu Kopfschmerzen und Übelkeit führen kann (Cumarin). Bei geschwollenen Drüsen, Geschwüren, Furunkeln und zur Beschleunigung der Eiterbildung und Reinigung von Wunden kann man sich ein heißes Kräutersäckchen auflegen. Dieses kann man sich aus Leinen oder Baumwolle schnell selbst nähen. Da hinein gibt man den frischen oder getrockneten Steinklee, überbrüht ihn mit kochendem Wasser und lässt ihn ca. 5 min ziehen. Dann wird es am besten zwischen 2 Brettchen ausgedrückt (sehr heiß) und auf die betroffene Stelle aufgelegt (so heiß wie möglich). Decken Sie das Säckchen mit einem Handtuch oder Wollschal ab und lassen es so lange liegen bis es abgekühlt ist. Diese Prozedur sollten Sie öfter wiederholen. Ein heißer Umschlag mit Steinkleetee hat aber die gleiche Wirkung. Steinklee hat auf Grund seines Cumaringehaltes eine blutverdünnende Wirkung. Er wird hier zur Thromboseprophylaxe und zur Behandlung des Postthrombotischen Syndroms (chronische Rückfluss-Stauung der unteren Extremitäten) eingesetzt. Er schafft Linderung bei Venenerkrankungen, nächtlichen Wadenkrämpfen und Ödemen. Steinklee wirkt sich positiv, wie auch die Schafgarbe, auf den Rückfluss des venösen Blutes zum Herzen aus und steigert die Durchblutung. Ebenso hat er auch eine positive Wirkung auf die Widerstandsfähigkeit der kappilaren Gefäße. Wer allerdings blutverdünnende Medikamente wie Markumar oder ASS verordnet bekommen hat, sollte vor der Verwendung des Steinklees unbedingt Rücksprache mit seinem Arzt nehmen. Auch sollte während der Schwangerschaft und Stillzeit auf Steinklee verzichtet werden.
Frau Dr. rer. nat. Ursula Stumpf empfiehlt in ihrem Buch "Von Magie bis Phytotherapie", Verlag "medmedia", 3. erweiterte Auflage, S. 157 einen Tee zur Förderung der Durchblutung der Venen: 30 g Steinkleekraut, , 20 g Waldmeisterkraut, 20 g Roßkastanienblüten, 10 g Arnikablüten, 10 g Ringelblumenblüten und 20 g Weißdornblüten. Dieser Tee wird normal zubereitet und ca. 10 min zugedeckt ziehen gelassen. Auch das leidige, viel verbreitete Problem der Krampfadern oder Hämorrhoiden kann man mit Steinkleeumschlägen und zusätzlichen Tees gut behandeln. Hier kann man mit Umschlägen aus Huflattichblättern abwechseln. Außerdem lässt sich der Steinklee sehr gut in Duftkissen zur Schlaffördeung z.B. bei nervöser Unruhe verwenden. Eine Mischung mit Rosenblütenblättern unterstützt die Wirkung und verbreitet einen wohltuendes, warmes und beruhigendes Aroma. Seine fröhliche, luftige Erscheinung wirkt sich natürlich auch positiv auf die Psyche aus und deshalb sollte man ihn unbedingt einmal verräuchern.
Räuchern
Diese luftig- leichte Pflanze erzeugt aber beim Verräuchern eher einen würzigen, erdigen Duft und erinnert uns mit einem kleinem süßlichen Duft an frisches Heu.
Dadurch kommt wieder Leichtigkeit in unser Leben und bringt verhärtete Strukturen und Aufgestautes wieder in Fluss. Macht Euch also diesen Helfer einmal zu Nutze und stellt die Weichen auf Fröhlichkeit.
Verwendung in der Küche
Der Steinklee mit seinem honigsüßen Duft lässt sich auch in der Küche für zahlreiche Köstlichkeiten verwenden. Ob als Limonade, indem man den Boden eines hübschen Glaskruges mit Blüten bedeckt, ein klein wenig Zucker zugibt (kann man aber auch weglassen) und mit Wasser auffüllt, oder ob man daraus ein leckeres Gelee zubereitet, es ist immer ein Geschmackserlebnis. Wenn Ihr prüfen möchtet wie viel Blüten für ein Gelee benötigt werden, dann brüht am Besten einen Tee und süßt ihn nach Geschmack. Setzt die richtige Menge (ca. 2 handvoll Blüten) mit 1,5 l kaltem Wasser an und lasst es ca. 10 min kräftig kochen. Anschließend wird der Sud einige Stunden ziehen gelassen. Seiht die Blüten später ab und kocht nun nach Vorschrift ein Gelee. Da Blüten nicht ausreichend eigene Säure besitzen, sollten 1- 2 TL Ascorbinsäure pro Rezept hinzugefügt werden. Es geliert so besser und wird nicht wieder flüssig. Dieses Gelee lässt sich wieder vielfältig verwenden. Probiert doch einmal ein Eis daraus. Verrührt 200 g Gelee mit 300 g Joghurt pur und hebt 200 g geschlagene Sahne vorsichtig darunter. Diese Mischung gebt in eine Eismaschine oder friert es direkt ein. In diesem Fall müsst Ihr das Eis 2- 3 mal durchrühren. Das Gelee kann man aber auch für andere Desserts verwenden wie z.B. Quark- oder Cremespeisen. Wenn Ihr für einen Vanillepudding die Milch dafür mit den Blüten aufkocht und vor dem Abseihen noch etwas darin ziehen lasst, erhaltet Ihr ein vollkommen neues Geschmackserlebnis. Lasst Euch von diesem herrlichen Duft einfach inspirieren und erschafft Eure eigenen Kreationen.
"Großer Geist,
gib uns Herzen, die verstehen:
nie von der Schöpfung mehr zu nehmen als wir geben,
nie mutwillig zu zerstören zur Stillung unserer Gier,
nie zu verweigern unsere Hand,
wo es gilt, der Erde Schönheit aufzubauen,
nie von ihr zu nehmen,
wes wir nicht bedürfen."
Indianische Weisheit
Aus einem Gebet der Indianer
Ich lege sehr starken Wert auf die Feststellung, dass alle hier erwähnten medizinischen Therapievorschläge der alten, traditionellen Kräuter- und Pflanzenheilkunde entstammen und auf keinen Fall als meine persönlichen Therapie- und Behandlungsvorschläge zu verstehen sind! Sollte ein Leser dieses Artikels trotzdem von den hier erwähnten medizinischen Vorschlägen Gebrauch machen, so tut er dies in seiner alleinigen Verantwortung, bzw. im Vertrauen auf altes Kräuterwissen. Bei längeren, unklaren Beschwerden sollte man immer einen Arzt seines Vertrauens hinzuziehen.
Ich wünsche Euch schöne Sommertage, aber auch hin und wieder guten Regen und frohe Wanderungen in noch intakter Natur.
Eure Ulrike Beschow
Eva Schmelzer (Donnerstag, 15 Juli 2021 18:52)
Ich freue mich immer sehr, wenn ich Beiträge von Ulrike Beschow lesen darf. Sie sind so unendlich vielseitig, lassen keine Fragen offen. Oft sind es Pflänzchen, die ich vom Ansehen her kenne, deren Bezeichnung ich vielleicht noch kenne, aber kaum mehr. Erst durch Ulrikes Beschreibungen gewinnt man eine Nähe zu ihnen und lernt auch noch viel über die verschiedenen Nutzungsmöglichkeiten.
Eine große Bereicherung dazu sind die wunderbaren Zeichnungen von der Hand der Autorin.