Der Meisterwurz
Text: Marion Hartmann
Scherenschnitt: Erika Bulow-Osborne
20.01.2015
Stets ist der Festsaal der Natur angefüllt mit den unterschiedlichsten Kunstformen der Schöpfung und jede einzelne doch von besonderer Prägnanz, eingefasst in die jeweilige Landschaftsform.
Lebensgemeinschaften von Pflanze und Tier.., für die Einen das Mahl, für die Anderen die Nahrungsquelle.
Hier wird die grundlegende Frage aufgeworfen, ob denn wirklich alles nur zum Nutzen des Menschen wächst und gedeiht.
Das Zueinanderfügen der einzelnen Lebensformen, dieses Miteinander im Werdeprozess des Lebens, das organische Zusammenwachsen eines lebendigen Ganzen, dies muß uns bedeuten, daß wir es nicht
zerstören dürfen.
Schon manche Erfindungen kommen direkt aus der anschaulichen Natur und wir brauchen nur zu denken an die Klette und die daraus entspringende Idee des Klettbandes.
Und hier kommt man eigentlich nicht an der Persönlichkeit Ernst Haeckels vorbei und seinen "Kunstformen der Natur!"
Wer schon einmal das Leipziger Neue Rathaus besuchte, weiß, dass eben dieses Gesagte gipfelt als künstlerische Analogie beiderseits des breiten Treppenaufgangs zur oberen Etage.
Von den beiden herrlichen, in Stein gemeißelten Skulpturen "Flora" und "Pan" empfangen, schaut man in der künstlerischen Ausformung des Treppengeländers Pflanzen und Tiere jedweder Art, einzeln
umrahmt und doch als ein Ganzes. Stadtbaumeister Hugo Licht verewigte hier seine vom Naturgedanken getragene, hochkultivierte und geistig elitäre Seele.
https://www.youtube.com/watch?v=KeezhAItiY4
Der Meisterwurz
"Imperatoria", ..die Kaiserin, so die Bezeichnung für den Meisterwurz. Das Paracelsus immer ein Stück der heilkräftigen Wurzel bei sich trug, das ist überliefert.
Es würde ihm heute sehr missfallen, dass Meisterwurz aus den Kräuterbüchern dieser Zeit so gut wie verschwunden ist.
Für Hildegard von Bingen war der Meisterwurz der Star unter den Heilpflanzen.
So schrieb sie: "Die Meisterwurz ist warm und hilft gegen alles Fieber!"
Gegen Ansteckungen wurde "Imperatoria" im Mittelalter bei Mensch und Tier verwendet, später noch gegen die Maul- und Klauenseuche. Selbst gegen die Pest sollte sie vorzüglich zu verwenden sein
laut Paracelsus.
Dass die Meisterwurz das innere Feuer entfacht, welches sich vernichtend nun gegen alles Übel im Körper wendet, namentlich auch bei allen Schäden der Leber, drückte sich in einem einzigen Satz
aus:
"Die Meisterwurz hilft dem Meister!"
Der Geruch von Meisterwurz erinnert an Sellerie und Möhren.
Wenn wir nach der Gebirgspflanze Meisterwurz suchen, schauen wir einmal nach Berchtesgaden ins Wurzelgrabgebiet der Enzianbrenner. Unter 1200 Meter Höhe ist die Meisterwurz nicht zu finden.
Hier ensteht neben Enzianprodukten gleichermaßen der berühmte "Grassl Meisterwurz!"
Der Grassl Meisterwurz wird als Spirituose nicht durch Vergärung hergestellt, da kein für die Gärung unverzichtbarer Fruchtzucker in der Pflanze vorhanden ist. Die Wurzeln werden kleingehackt in
Säckchen in die Brennblase gegeben. Diese ist mit hochprozentigem Alkohol befüllt, welcher sich vor und während der Destillation mit den ätherischen Ölen aus der Meisterwurz anreichert.
In mehreren alten Kräuterbüchern schreibt man diesem Meisterwurz-Destillat große Heilwirkungen in Magen, Darm, Lunge und Niere zu. Beginnende Erkältungen kurieren unsere Holzarbeiter im Gebirge
seit eh und je mit heißer Milch und einem Stamperl Meisterwurz-Branntwein.
Erika (Sonntag, 08 Februar 2015 12:02)
Die Meisterwurz
Ich freue mich sehr, dass Du die Leistung Ernst Haeckels in den Vordergrund brachtest, dessen “Kunstformen der Natur” damals ein weltweites Interesse entzuendeten. Auch Dein geliebtes Leipzig wird hervorgehoben mit Hugo Lichts architektonischer Bereicherung des Treppenaufganges durch 'Flora 'und 'Pan' und einer hohen Anzahl an Pflanzen und Tieren.
Paracelsus wusste den Nutzen der Meisterwurz zu schaetzen. Wir sollten uns mehr um die alten, fast vergessenen Kraeuter kuemmern und vielleicht bringt uns der “Grassl Meisterwurz” in die beste Laune und schenkt uns verbesserte Gesundheit.
Eva Schmelzer (Montag, 02 Februar 2015 18:36)
Ich sehe schon in der Übersicht, dass ich hier noch Pflanzen kennen lernen kann, von deren Existenz ich bislang gar nichts wusste, so wie den Meisterwurz. Und Erika bereichert den "Festsaal der Natur" in der Naturwelt noch darüber hinaus mit ihren kleinen Kunstwerken. Danke Euch beiden.