Die Ölkatastrophe in Westsibirien
Text: Gudrun Kaspareit
13.06.2020
Die Ölkatastrophe in Westsibirien betrifft das mit Abstand größte ölverseuchte Landgebiet und den mengenmäßig größten Ölunfall der Erde Es handelt sich um weitreichende Ölverschmutzungen durch zahlreiche Ölaustritte und Unfälle (Freisetzung von Bohrabfällen, leckende Lagertanks und Mülldeponien u. ä.) an Pipelines und Förderanlagen sowie das Abfackeln von Gas und Öl in der westsibirischen Ölförderregion Tjumen, beispielhaft untersucht im Samotlor-Ölfeld bei Nischnewartowsk. Knapp 70 Prozent der Ölkatastrophen betreffen die autonomen Bezirke der Chanten und Mansen und der Jamal-Nenzen, wo ungefähr 60 Prozent des russischen Erdöls gefördert werden. Nach Einschätzung von Greenpeace fließen allein über den Ob mehr als 125.000 Tonnen Rohöl jährlich in das Nordpolarmeer. Insgesamt sollen jährlich durchschnittlich über 15,3 Mio. Tonnen Öl in die Umwelt gelangen. Es ist also schlimmer als im Nigerdelta.
Aber jetzt sind nochmal 21000 Tonnen Diesel aus einem Tank nahe der Stadt Norilsk ausgelaufen. Die Ölpest ergoss sich in den Pjassinafluss und den Pjassinosee. Das gesamte Ökosystem dort ist stark betroffen. Der Fluss Pjassina ist nicht nur für die Wasserversorgung der Halbinsel wichtig, er führt auch weiter zur Karasee - und damit zu einem großen Schutzgebiet in der Arktis. Durch dier kurze Vegetationsphase wird die Natur Jahrzehnte brauchen, um sich von der Katastrophe zu erholen, trotz aller Aufräum. u. Säuberungsarbeiten.
Neben der „üblichen Schlamperei“ ist in diesem Fall auch der Klimawandel Schuld. Die Permafrostböden tauen, dadurch rutschen sie ab. Löcher tun sich auf. Gebäude stürzen ein. So ist es auch dem riesigen Öltank ergangen, durch das Abrutschen des Bodens sind Risse entstanden, die jetzt gebrochen sind. Das der Klimawandel gerade für die russische Arktis eine riesige Herausforderung darstellt, ist bekannt. Ausgerechnet dort liegen aber Russlands größten Bodenschätze.
Inzwischen wurde ein weiteres, wenn auch kleineres Öl-Unglück weiter im Norden, am Polarmeer bekannt. Aus einem havarierten Bohrloch traten rund zehn Tonnen Öl aus.
Umweltschützer sehen sich darin bestätigt, es gehe nicht nur um einzelne zufällige Unglücke, sondern um ein großes, klimatisch bedingtes Problem: das Auftauen des Permafrostbodens.