Die grüne chinesische Mauer
Text: Gudrun Kaspareit
Foto: Otmar Okapi
25.07.2017
Eines der gigantischten Bauwerke Chinas ist die große Chinesische Mauer. Sie sollte seinerzeit vor Eindringlingen aus der Mongolei schützen. Diese Probleme gibt es heute nicht mehr. Aber ein neues, wesentlich schlimmeres Problem sucht China heim. Die Desertifikation. Übernutzung der Böden, Senkung des Grundwasserspiegels durch die Industrialisierung, Abholzung der Wälder, in Folge all dessen Bodenerosion, lassen die Wüsten Gobi und Taklamakan wachsen. Durch den erhöhten Wasserebedarf, z.B. durch das Bevölkerungswachstum, intensive Landwirtschaft und die Industrie, sinkt der Grundwasserspiegel und sogar Flüsse versiegen. Sandstürme suchen die Einwohner heim und blasen ihre sandige Fracht bis nach Peking. Immer mehr Dörfer müssen aufgegeben werden. Brunnen fallen trocken, die Böden sind unfruchtbar. Der Lebensraum von 100 Millionen Menschen ist bedroht. Durch diese Wüstenbildung verliert China jedes Jahr ca. 2500 km² Land. Diese Probleme sind hausgemacht.
Doch China hat den Kampf aufgenommen. Parallel zur Chinesischen Mauer verläuft die grüne Chinesische Mauer, das größte jemals unternommene Aufforstungsprogramm. Es begann schon 1970 und soll noch bis 2050 andauern. Bis dahin sollen 350000 km² aufgeforstet worden sein. Auf einer Länge von 45000 km und einer Breite von 100 km.
In dem grüne Schutzgürtel, der sich durch 13 Provinzen zieht, werden Gräser und Büsche angepflanzt, die dem Sand und dem trockenen Klima trotzen und dem Boden einige Festigkeit geben, dann folgen Bäume wie Pappeln und Tamarisken, die relativ unempfindlich gegen Wüstensand sind, schnell wachsen und dennoch eine hohe Standfestigkeit entwickeln, trotz sehr wenig Niederschlag pro Jahr. Vor allem die Tamariske ist sehr widerstandsfähig. Sie kommt mit Wassermangel, Wind, versandeten, versalzenen, kalkhaltigen Böden zurecht Zunächst hatte man Monokulturen aus Hybrid Pappeln gepflanzt, die aber anfällig gegen Schädlinge waren. Nun pflanzt man Mischwälder. Auch Obst und Nussbäume sind dabei, damit die Bevölkerung ebenfalls profitieren kann. Das chinesische Volk ist in die Arbeiten eingebunden. Jeder sollte in seinem Leben bis zu 4 Bäume Pflanzen, oder eine entsprechende Geldsumme spenden. Der Wald wird ganz herkömmlich angepflanzt, mit Planierraupen und Menschenkraft. Doch auch eine andere Methode ist zur Marktreife gelangt, die Luftsaat. Aussaat mittels sog. Seedbombs, Lehmkügelchen mit Samen, vom Flugzeug aus. Mit dieser Methode hat man schon eine Fläche von 1000 km² begrünt. Ab 2003 hat eine Strukturreform bewirkt, dass die örtliche Bevölkerung stärker in das Projekt mit einbezogen wurde. Das Land wird an die Bauern verpachtet, die Bäume gehören urkundlich ihnen und sie sind berechtigt, das Land extensiv zu bewirtschaften. Dies bietet einen guten Anreiz, in das Projekt zu investieren. Schon sind erste Erfolge sichtbar. Häuser, die sonst täglich vom Sand befreit werden mussten und über kurz oder lang hätten aufgegeben werden müssen, sind wieder bewohnbar. Insgesamt schätzt man, hat der Sandflug um 2000 Tonnen pro Jahr abgenommen. 2004 schrumpfte die Desertifikation erstmals. Zwischen den Bäumen haben sich Wildblumen angesiedelt, die wiederum Bienen und Insekten anzogen. Brunnen führen wieder Wasser und der fruchtbare Boden wird nicht mehr durch den Wind abgetragen. Inzwischen verfügt China über die größte wieder aufgeforstete Fläche der Welt. So zeigen die verzweifelten Bemühungen Chinas gegen die Wüste, tatsächlich erste Erfolge. Die grüne Chinesische Mauer ist das größte Aufforstungs-Projekt der Menschheitsgeschichte. Tatsächlich kann diese grüne Mauer Sandstürme abhalten und de Ausbreitung der Wüste verhindern.
Der chinesische Wirtschaftsboom kann nur erfolgreich weiter gehen, wenn er nicht mehr zu Lasten der Natur geht und die arme Landbevölkerung einbezieht.
Die grüne Mauer in der Sahelzone
Inspiriert durch das Green Belt Movement der Wangari Matthai und die Erfolge der „Grünen Chinesischen Mauer“ sollen auch im Osten Afrikas, in der trockenen Sahel Zone ca. 12 Millionen Hektar Wald aufgeforstet werden. Dieser grüne Schutzgürtel soll von Dakar bis Dschibuti reichen. Man erhofft sich davon den extremen Landverlust zu stoppen, den die Wüstenausbreitung durch Dürre und Klimawandel fordert. Man möchte mehr Regenfälle bekommen, weniger Sandstürme und einen höheren Grundwasserspiegel, mehr Biodiversität und die Bäume sollen mehr CO2 speichern. Der Senegal, der jährlich 50000 ha. Land an die Sahara verliert, übernimmt die Vorreiter Rolle. Folgende Länder nehmen an dem Projekt teil: Mauretanien, Mali, Burkina Faso, Niger, Nigeria, Tschad, Sudan, Eritrea, Äthiopien und Dschibuti. Afrika droht zur Wüste zu werden. Schon sind 2/3 des Kontinents Wüstenregionen, bzw. akut gefährdete Savannengebiete.
Die afrikanische Union ergriff 2006 die Initiative für dieses ehrgeizige Projekt. 2010 schlossen sich 11 Staaten an und unterzeichneten eine Konvention, um dieses Projekt zu verwirklichen.
Finanziell unterstützt wird die grüne Mauer maßgeblich von der „ Globalen Umweltfazilität“ (GEF) der UN und der Weltbank. Das Welternährungsprogramm unterstützt lokale Organisationen darin, Bäume zu pflanzen, deren Früchte essbar sind und hat eine Initiative gestartet „Food for work“ in der die Bevölkerung an der Aufforstung mitarbeiten kann, wenn auf den eigenen Feldern, z.B. in der Trockenzeit, nichts zu tun ist.
Bis sich mögliche erste Erfolge einstellen, können Jahrzehnte vergehen. Doch einige Erfolge zeigen sich schon dort, wo die lokale Bevölkerung erstmals Früchte und Gemüse ernten konnte, sozusagen als Nebenprodukt des „Großen Grünen Walles“. Allein, dass die Menschen weniger Sorge wegen ihrer Ernährung haben, ist schon ein erster, echter Meilenstein des Projektes.