Zerstörungen am Teutoburger Wald
Text und Fotos: Ulrike Beschow
12.06.2020
Seit ein paar Jahren bekomme ich regelmäßig den interessanten Newsletter von Gudrun und bin erfreut über das Engagement vieler Menschen in Bezug auf den Schutz unserer Natur.
Viele Berichte hinterlassen aber auch einen schockierenden Eindruck. Im Zuge von Macht, stetigem Wachstum und ohne jeglichen Respekt vor Mutter Erde, wird unser aller Planet "dem Erdboden gleichgemacht". Diesen Eindruck habe ich aber auch selbst in unserer näheren Umgebung erfahren.
Wir, mein Mann und ich, wohnen nicht weit entfernt des Teutoburger Waldes und besuchen die Wälder an unterschiedlichen Orten schon seit vielen Jahren. Dabei mussten wir leider feststellen, dass hier bei uns im Münsterland die Waldflächen immer kleiner werden.
Unser letzter Besuch vor ca. 3 Wochen war sehr schockierend für uns.
Wir waren in Lengerich und wollten eigentlich Maipilze suchen. Im Lengericher Stadtteil Hohne gibt es schon seit Jahrzehnten einen großen Steinbruch und ein Zementwerk- Dyckerhoff. Vor ein paar Jahren hat man damit begonnen diesen Steinbruch peu á peu zu erweitern. Dabei mussten natürlich viele, viele Bäume, hauptsächlich Buchen, ihr Leben lassen. Vom Gesetzgeber "verordnete" Ausgleichspflanzungen müssen von den Betreiberfirmen natürlich ausgeführt werden, aber man kann sich ausrechnen wie viele Jahrzehnte diese kleinen Bäumchen benötigen um einmal diese stattlichen, alten Bäume zu ersetzen.
Jeden Tag kann man in den Medien Berichte über den Klimawandel lesen. Greta Thunberg hat es der Welt faktisch ins Gesicht geschrien was alles schief läuft. Aber wo bleibt der lange, lange überfällige Lerneffekt? Einige, eigentlich wenige, auf unser aller Planeten meinen sie könnten damit machen was ihnen beliebt. Aber auch diese brauchen ihn zum Leben.
Wie wir wissen leben Pflanzen von CO², Bäume nutzen nur den Kohlenstoff und geben Sauerstoff wieder ab. Ein gesunder, alter und großer Baum ist problemlos in der Lage, zehn Menschen am Tag mit Sauerstoff zu versorgen. Die Aufnahme an CO² ist abhängig von Baumart, Alter, Größe, Bodenbeschaffenheit etc..
Wie dieser komplizierte "Mechanismus Wald" im Detail funktioniert, hat Peter Wohlleben in seinem, 2015 erschienenen Buch "Das geheime Leben der Bäume" sehr anschaulich dargestellt. Er bezieht sich u. A. auf eine wissenschaftliche Untersuchung an 70.000 Bäumen auf allen Kontinenten die belegt, dass das Wachstum mit zunehmendem Alter an Geschwindigkeit zunimmt. Das Argument der "Verjüngung der Wälder" ist damit also doch widerlegt. Wir brauchen gerade diese alten Bäume die inzwischen immer mehr der Säge und dem Beton zum Opfer fallen.
Peter Wohlleben beschreibt, in einer leicht verständlichen Sprache, die Komplexität dieses "Systems Wald" und führt uns damit vor Augen welch winziges Staubkorn wir Menschen im gesamten Universum sind, gleichzeitig aber die größten Zerstörer unserer eigenen Lebensgrundlagen. Um so mehr hat uns der neuerliche Anblick im Teutoburger Wald sprachlos gemacht, wir haben uns wie nach einem Kriegsangriff gefühlt. Krieg gegen unsere Natur und letztendlich gegen uns selbst, denn wir sind ein Teil von ihr. Letztes Jahr haben wir uns noch an den wunderschönen "Buchenhallen" erfreut, auch wenn schon mit dem Zaunbau begonnen wurde. Ich möchte hier auf einen Artikel der "Westfälischen Nachrichten" vom 29.03.19 verweisen. Alle Aktionen aufzuzeigen, würde hier den Rahmen sprengen . Dieser, erst vor ein paar Jahren wieder aktivierte Kalksteinbruch, wurde seit letztem Jahr massiv erweitert. Der ursprüngliche "Hermannsweg", ein Touristenmagnet und Anlaufpunkt für viele Wanderer, wurde mit hohen Zäunen und Toren versperrt. Die Natur hatte sich das alte, stillgelegte Gebiet schon lange zurückgeholt, mit einer interessanten Flora und Fauna. Er war auch Rückzugsgebiet von Damwildrudeln. Da die Flächen immer kleiner werden, werden auch die Schäden in den verbleibenden Waldflächen immer größer und seit Jahren der Ruf nach höheren Abschußzahlen immer lauter. Vor vielen Jahren hat man sie dort angesiedelt. Anwohner können inzwischen ein Lied von abgefressenen Bäumen und Pflanzen in ihren Gärten singen.
Im Jahre 2012 gründete sich eine Bürgerinitiative "Pro Teuto", welche seit dieser Zeit gemeinsam um den Erhalt des Teutoburger Waldes kämpft. Wer sich über die Aktivitäten der Initiative informieren will, selbst Mitglied werden möchte oder anderweitig helfen will, sei auf deren Homepage verwiesen, www.pro-teuto.de.
Vor zwei Jahren erging es uns im Gehnwald bei Bramsche ähnlich. Den dortigen Steinbruch in Ueffeln hatte man umfangreich erweitert. Große Erdwälle mit Zäunen darauf und riesige Tore über den Wanderwegen, die man z. T. in breite Schotterstraßen verwandelt hatte, nahmen uns die Freude wieder in dieses Gebiet zu fahren. Uns zerreißt es das Herz, wenn man diese massiven Zerstörungen sieht. Dieses Thema hat, wie wir alle wissen ein "open end" und man könnte leider endlos darüber schreiben. Ich möchte an dieser Stelle aber gern noch zwei Buchtipps einbringen, zum Einen ein sehr gutes Buch von Fred Hageneder, "Happy Planet", 2019 erschienen im Verlag "Neue Erde. Des Weiteren ein unglaublich aufschlussreiches Buch von Frau Dr. Rosalie Bertell "Kriegswaffe Planet Erde", erschienen 2012 im J. K. Fischer Verlag. Diese beiden Bücher haben jetzt nicht unbedingt mit dem Thema zu tun, aber sie zeigen uns ganz, ganz deutlich wie die weltweite Zerstörung unseres Planeten fortgeschritten ist und wir wirklich nur noch sehr, sehr wenig Zeit haben.
Eine kleine Anmerkung zu meinem Artikel über die Zerstörung des Teutoburger Waldes.
Gestern las ich in der Zeitung, dass Dyckerhoff die Steinbrüche in Lengerich und Lienen mit einem 1,1 km langen Tunnel verbinden möchte. Angeblich würden damit 40 000 LKW- Fahrten eingespart. Ich weiß nicht ob man sich darüber freuen sollte. Wie lange so ein Bau dauert, weiß man spätestens seit dem Berliner Flughafen. Abbaugenehmigungen liegen allerdings nur bis 2027 vor.
Eva Schmelzer (Dienstag, 16 Juni 2020 16:02)
Ja, liebe Ulrike, viele Menschen engagieren sich in Bezug auf den Schutz unserer Natur, mehr noch als in meiner Jugend in den frühen 1960er Jahren, als sich überhaupt erst einmal ein Bewusstsein bildete, dass Holz nicht nur ein Rohstoff ist zum Heizen, für Papier und schicke Möbel, über das man nach Belieben verfügen kann. 1961, im Bundestagswahlkampf, versprach Willy Brandt „den blauen Himmel über der Ruhr". 1969 wurde dann unter Brandts Kanzlerschaft die Abteilung Umweltschutz im Bundesministerium des Innern gegründet. 1971 gab es ein erstes Programm der Bundesregierung zum Umweltschutz, und es bildeten sich die ersten Nichtregierungsorganisationen. Und heute, mehr als 50 Jahre später, muss ich nun Deinen erschütternden Bericht über den Teutoburger Wald lesen! Haben denn die Verantwortlichen nichts gelernt über die Notwendigkeit der Wälder für unser Wohlergehen? Und dass durch solche Entwaldungen die Lebensräume der dort lebenden Tier- und Pflanzenarten verloren gehen? Hat es sich noch nicht rumgesprochen, dass die Entwaldung eine der maßgeblichen Ursachen für die durch den Menschen verursachte globale Erwärmung ist? Offensichtlich nicht, oder die Gier nach Geschäftemacherei und dem damit verbundenen Profit ist größer als die Angst vor den Folgen. Im letzten September erst stellte ein Bericht von 25 Umweltorganisationen zum weltweiten Zustand der Wälder fest, dass die globalen Verluste von Wäldern stark zugenommen haben! Im Jahr 2017 verringerte sich die Waldfläche weltweit um 29,4 Millionen Hektar, also 294.000 qkm. Im Zeitraum 2000 bis 2012 gingen insgesamt 2,3 Millionen qkm Wald verloren. Wir denken bei solchen Zahlen an Rodungen in Brasilien und Indonesien, aber auch solche Geschehnisse wie hier beschrieben tragen erheblich dazu bei.