Wald Diskussion
Text und Foto: Gudrun Kaspareit
30.01.2020
In einer Gruppe fand eine heftige Diskussion pro/contra Ammer - Wohlleben statt, in der diejenigen Mitglieder in einem unterschwellig aggressivem Ton angegangen wurden, die ein eher romantisches Naturverständnis hatten.
Aber tatsächlich, wenn weiterhin jeder auf seinem Standpunkt beharrt, bringt uns das nicht weiter, sondern treibt die Spaltung voran. Hier geht es nur vordergründig um Bildung oder Romantik (wobei auch beides Hand in Hand gehen könnte), um graduiert oder naiv, sondern um Wildnis oder Wirtschaft. Knallhart. Und das, obwohl Wirtschaftswälder momentan beweisen, dass die Verfechter von mehr Natur, oder ökologischer Forstwirtschaft Recht haben, denn im Zuge des Klimawandels gehen die Holzplantagen gerade massenhaft zugrunde.
Es muss also eine „Waldwende „ geben, ein weiter so scheitert, wie in derzeit fast allen Bereichen.
(Wir brauchen eine Energiewende, Agrarwende, Wirtschaftswende, Waldwende. Nur so und Hand in Hand, können wir den Klimawandel bekämpfen)
Und hier können wir wieder auf Wohlleben und Ammer zurück kommen. Der Eine, Akademiker, dekoriert und hoch gebildet, versucht mit seinem You Tube Kanal seine Bildung und seine Sicht auf den Wald zu transportieren, mit mäßigem Erfolg, ist er doch eher nur in Fachkreisen bekannt.
Der Andere, kein Professor aber Umdenker, trifft den Nerv und die Sehnsucht der Bürger, nach mehr Natur und Wildnis. Er hat eine Sprache gewählt, welche die Menschen emotional anspricht und da hat der nüchterne Wissenschaftler einen schlechten Stand. Auch dies vielleicht ein Grund für die feindliche Gesinnung unterenander; Wohlleben ist einfach wahnsinnig erfolgreich.
Und Wohlleben hat Recht. Ohne Geld könnte man überleben, ohne Holz kann man auf jeden Fall überleben, ohne Natur definitiv nicht. Es müssen Alternativen her. Keiner behauptet, wir dürfen gar keinen Nutzwald mehr haben, aber wir brauchen mehr Wildnis, für mehr gesunden Wald, für mehr Biodiversität, für das Klima. Für alle, die behaupten, unsere Waldfläche würde ja ständig größer werden, das sind Holzplantagen, kein Wald.
Alternativen gibt es genug:
Holzmöbel sollten keine kurzlebigen Wegwerfartikel sein, für die in Rußland oder Rumänien Kahlschlag betrieben wird. Holzmöbel können und sollten rustikal, massiv und langlebig produziert werden. Sie sollten ein Leben lang halten und könnten dann noch mehrmals weiter vererbt werden. Wir sollten unbedingt das Modediktat abschaffen, welches dazu führt, dass wir glauben ständig etwas Neues zu brauchen.
Zellstoff kann aus anderen Pflanzen gewonnen werden. Z. B. Aus Hanf. Wenn von Hanf als Rohstoff die Rede ist, sind meist Hanffasern gemeint. Sie finden heute in der Textil-, Papier-, Bau- und Autoindustrie Verwendung. In der Papierproduktion werden Hanffasern vor allem zu Zigarettenpapier, Banknoten und Hygieneprodukten verarbeitet. Durch den hohen Zellulose-Gehalt ist Hanfpapier im Vergleich zu Papierarten auf Holzbasis besonders haltbar und reißfest. Es kann öfters recycelt werden und benötigt weniger Anbaufläche als Holz.
Kleidung aus Hanf ist belastbarer und reißfester als Baumwoll-Kleidung. Dies ist auch der Grund, warum der Erfinder der Jeans, Levi Strauss, Hanfstoff als Material für seine Hosen wählte. Hanffasern sind auch weicher als Baumwolle. Sie benötigen beim Anbau weniger an schädlichen Chemikalien. Deshalb eignet sich Hanf-Kleidung besonders für Allergiker.
https://www.t-online.de/heim-garten/garten/id_75192552/hanf-viel-mehr-als-nur-eine-droge.html
Auch gibt es für manche Zellstoff Produkte Alternativen. Um mal ein Beispiel zu nennen, Hygieneartikel für die Frau. Es gibt die sog. Menstruationstasse aus Silikon. Sie ist hygenisch und hält ein Leben lang. Frau braucht nie wieder Tampons oder Binden zu kaufen.
Heizen mit Holz ist unbestreitbar hübsch gemütlich, man kann aber auch alternativlos darauf verzichten. Ebenfalls finde ich es aus verschiedenen Gründen nicht nachhaltig mit Holzpellets zu heizen. Mir kann niemand vorrechnen, dass Bäume schneller nachwachsen, als sie verbrannt werden. Nennt sich gesunder Menschenverstand.
Rein chemisch/physikalisch gesehen wird das gespeicherte CO2 freigesetzt und ZUSÄTZLICH neues produziert : Idealerweise (aber was entspricht schon dem Ideal?) entstehen bei der Verbrennung des Holzes nur CO2, Asche und Wasser. CO2 trägt nur dann nicht zur Erderwärmung bei, falls nur so viel Holz verbrannt wird, wie nachwächst (nachwachsende Bäume und Sträucher binden dann das bei der Verbrennung entstandene CO2). Allerdings sollte das Holz aus der Region bezogen werden, denn der Transport des Holzes verbraucht Benzin und Diesel. Holz enthält immer geringe Mengen Stickstoff-, Schwefel- und Chlorverbindungen. Dadurch entstehen bei der Verbrennung schädliche Stickstoff- und Schwefeloxide sowie Salzsäure. Zudem gelangt bei der Verbrennung des Holzes Staub in die Luft, zu über 90% als Feinstaub!
Holzverbrennung ist also schädlich und sollte auf keinen Fall als Alternative dienen!! Und es wachsen auch lange nicht so viele Bäume nach wie gefällt und verbrannt werden... Die Infos habe ich im übrigen von der Energieberatung. (Yasmin Kaspareit)
Hackschnitzel aus so bezeichnetem "Waldrestholz" für Heizkraftwerke sind keine klimagerechte Zukunftsentwicklung, sondern eine dreiste geldgewinnorientierte Ökolüge. Die Tragödie ist, dass viele gutmeinende Politiker auf diesen Schwindel hereinfallen.
Deshalb: Nicht einfach glauben, was eine desinformierende PR der Forst- und Holzwirtschaft suggeriert, sondern recherchieren, welche langfristigen Schäden an den Wäldern und ihren Böden die Folge dieser industriellen Ausbeutung unserer Naturressourcen sind. (Karl Friedrich Weber)
Ernährung. Auch unsere Ernährung hat um drei Ecken gedacht mit Wald, bzw. Waldverlust zu tun.
Wenn plötzlich über Nacht alle Menschen Veganer würden (bitte, bitte jetzt nicht mit dieser leidigen Veganer-Fleischesser-Diskussion anfangen) hätten wir der Natur viel zurückzugeben. Schlaue Menschen haben ausgerechnet, dass wenn alle sich vegan ernährten, wir eine Fläche von der Größe Chinas, Nord und Südamerikas und Russlands frei hätten. So viel Land wird benötigt, um Viehfutter anzubauen. Wenn das alles Wald wäre …. Also liebe Leute, vielleicht in Zukunft etwas weniger Fleisch essen? Niemand verlangt den totalen Verzicht.
Das Problem bei all diesen und anderen Vorschlägen ist, der sofortige Aufschrei der jeweiligen Wirtschaft, die natürlich um ihre Gewinne fürchtet. Da machen die Holzwirtschaft, die Waldbesitzer und die Waldbauern keinen Unterschied.
Zum Schluss sei mir noch ein wenig eigene Meinung gestattet. Wir sind hoch technisiert, leben in einer digitalisierten Welt, fliegen zum Mond und spalten Atome. Trotzdem leben wir immer noch sehr archaisch. Wir lieben es, unser Essen zu jagen, es am offenen Feuer zu grillen und uns mit Fellen und Trophäen zu schmücken. Wir lieben behagliche Feuerstellen mit Kaminholz mehr als Fußbodenheizung und wir stehen auf fossile Energieträger. Dabei ist der Mensch intelligent und kreativ, um im handumdrehen Alternativen zu schaffen. Wir könnten viel zum positiven verändern, wenn wir nur endlich unsere Steinzeithöhle verlassen würden.
Linksammlung:
http://franzjosefadrian.com/ammer-contra-wohlleben/
http://waldproblematik.de/prof-ammer-kf-weber/
https://www.zeit.de/2016/10/wald-deutschland-baeume-ware/seite-5
https://holz.fordaq.com/fordaq/news/Ammer_Frankfurter_Zeitung_Wohlleben_54368.html
https://www.facebook.com/Waldwahrheit/posts/1011056579021163/
Gudrun (Freitag, 21 Februar 2020 03:07)
Herzlichen Dank für Euer Feedback, ich freue mich natürlich über Zustimmung und darüber, dass meine Texte angenommen werden. Und ich habe herzhaft gelacht über Deine eher ängstlichen Vertreter der Steinzeitmenschen, lieber Hannes
Herzliche Grüße, Gudrun
Christine Fiedler (Donnerstag, 20 Februar 2020 12:30)
Danke für die Klarstellung, gut gemacht!
Johannes Wagenknecht (Mittwoch, 19 Februar 2020 21:22)
Herzlichen Glückwunsch, ein ausgezeichneter Artikel!
Noch ein Gedanke zum Steinzeitmenschen: Die hatten wohl guten Grund, Angst zu haben vor dichtem Wald, vor der Wildnis. Offene, übersichtliche Gelände waren Ihnen wohl lieber. Wenn das so ist, dann dürfte der Liebe zu "drei ordentlich beschnittene Buchsbäumchen" nicht mit Vernunftsargumenten beizukommen sein.
Sei es, wie's sei. Man kann seine Vorlieben sehr wohl ändern. Und es ist möglich, die Wildnis LIEBEN ZU LERNEN !
Eva Schmelzer (Sonntag, 16 Februar 2020 16:51)
Dieser hervorragende Artikel (und die Links dazu) deckt alles ab, was man wissen muss, um dem entgegenzuwirken, was einmal unser Verderben sein wird, wenn wir nichts tun. Leider ist es aber so, dass die, die Gesetze und Verordnungen auf den Weg bringen könnten oftmals sehr wohl wissen, was dringend getan werden müsste, aber rigorose Schritte nicht wagen. Und ein Großteil von „Volkes Stimme“ macht sich lustig über die, die eine Veränderung bewirken wollen, ihre Stimmen erheben oder im Kleinen selbst aktiv werden. Sie stellen Vegetarier und Umwelt- und Tierschützer und andere „Gutmenschen“ in eine Ecke, als ob dies alles nur ein vorübergehender Modetrend von Spinnern wäre. Das sind dann die, die ihre Bäume im Garten fällen, weil die „Dreck“ machen oder parkenden Autos im Weg sind, die ihre Vorgärten mit Kieselsteinen platt machen, in denen dann drei ordentlich beschnittene Buchsbäumchen stehen. Und leider,leider sitzen viele von denen auch in den Amtsstuben, die dann Genehmigungen erteilen, um schnell mal eben in einer Gemeinde ein Biotop zu beseitigen, Bäume zu fällen, aber – wie in Gudruns Fall – einen dringend notwendigen Krötentunnel nicht genehmigen.