Mäuseplage
Text: Gudrun Kaspareit
Fotos: C.Franz
Quelle: https://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/maeuseplage-in-thueringen-und-sachsen-julia-kloeckner-und-das-gift-in-der-natur/26085096.html
30.01.21
Es gab schon immer Perioden mit mäusestarken Jahren. Das war stets ein Segen für Bussarde und Eulen, konnten sie doch dann all ihre Jungen gut durchbringen. Auch Füchse und andere Mäusejäger hatten ihr Auskommen. In mäuseschwachen Jahren litten auch diese Tiere, denn die armen Mäuse sind quasi ein Grundnahrungsmittel für viele Beutegreifer.
Leider ist aber die Natur massiv ins Ungleichgewicht geraten. Unter anderem wegen der intensiven Jagd auf Füchse. Nun haben die „Schadnager“ wie sie im Fachjargon heißen überhand genommen.
Finden die Feldmäuse genug Nahrung und werden sie nicht von ihren Feinden dezimiert, können sich die Tiere explosionsartig vermehren. Das liegt an ihrer Fruchtbarkeit: In einem Wurf können bis zu 13 Junge zur Welt kommen, schon mit 13 Tagen werden die jungen Weibchen ihrerseits geschlechtsreif. Kommt dann noch ein trockenes Jahr dazu und kein Regenfall überschwemmt die Mäuselöcher, ist das Problem komplett. Die Mäuse müssen sich so stark vermehren, um ihre Verluste auszugleichen. Doch durch starke Bejagung der Füchse (weshalb gleich nochmal?) und illegale Greifvogelverfolgung und neuerdings sehr trockene Sommer und milde Winter (Klimawandel) kommt es zu sog. Mäuseplagen. Die Bauern klagen über große Schäden, welche die Mäuse anrichten.
Landwirte möchten die Tiere gerne mit Gift bekämpfen, das wäre am simpelsten, allerdings ist das verboten, weil es auch den streng geschützten Feldhamster gefährdet. Wegen der massiven Mäuseplage im vergangenen Sommer fordert der Thüringer Bauernverband eine Ausnahmegenehmigung zur chemischen Schädlingsbekämpfung. Betroffen ist demnach vor allem das Thüringer Becken und Nordthüringen, wo die Nager einen Großteil der Ernte wegfräßen.
Sowie der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) als auch der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) spricht sich seit Jahren gegen Gift zur Bekämpfung von Mäusen aus und fordert stattdessen neue Konzepte in der Landwirtschaft.
Es fehle insbesondere an natürlichen Fressfeinden der Nagetiere, sagt Nabu-Volgelexperte Tino Sauer. Mäuse würden seltene Greifvögel anlocken. Es brauche demnach ein Erneuerungsprogramm für Feldgehölze, um Eulen und Greifvögeln den nötigen Lebensraum zu geben, der ihnen derzeit fehle. Man verstehe jedoch, dass die Bauern eine landschaftliche Neugestaltung nicht ohne Unterstützung leisten könnten.
Der Bauernverband hingegen drängte auf eine Ausnahmegenehmigung für das Ausbringen von Giftködern und hoffte auf die Unterstützungaus der Politik. Es wurde mit dem Thüringer Umweltministerium darüber beraten, ob und wie die Hamster-Schutz-Flächen reduziert werden könnten. Auf diese Weise sollen die Flächen erweitert werden, auf denen die Mäuse-Giftköder ausgebracht werden dürfen. Wir sehen schon, worauf es hinausläuft.
Dagegen kritisierten Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) Thüringen und Nabu den geplanten Einsatz von Giftködern auf den Äckern. Ernteausfälle wegen der Mäuseplage würden den Gift-Einsatz nicht rechtfertigen, sagte Landesgeschäftsführer Burkhard Vogel. Außerdem gebe es genügend giftfreie Alternativen. Zu empfehlen sei etwa, mit Pflug oder Grubber die Gänge der Mäuse zu zerstören. Auch nach Angaben landwirtschaftlicher Fachbehörden seien damit Wirkungsgrade von rund 80 Prozent zu erzielen, erklärte der Umweltverband.
Unsere Freundin, die Landwirtschaftsministerin Frau Klöckner, empfahl den Landwirten, bestehende Spielräume lokaler Behörden auszunutzen.
„Neben dem Schutz der einzelnen Arten gehe es auch um den Schutz der Ernten. Nachweise von Hamstern, Hasel- oder Birkenmäusen, die länger als fünf Jahre zurückliegen, seien nicht mehr aktuell. Sie rechtfertigen nach Ansicht der Ministerin jedenfalls kein Behandlungsverbot, das etwa lokale Umweltbehörden im 100 km2-Umkreis aufgestellt haben.
Vergleichbares gelte für die Rastplätze der Zugvögel. BVL und Umweltbundesamt (UBA) haben vereinbart, die Vogelarten für die Rastplätze zu präzisieren. So sollen die betroffenen Arten und Flächen mit Verboten klarer eingegrenzt werden.
Die sachgerechte Nutzung der chemischen Mäusebekämpfung im Einklang mit dem geltenden Pflanzenschutz- und dem Naturschutzrecht sei ein der aktuellen Lage für viele Landwirte existenziell. Mechanische Verfahren reichten in dieser Situation nicht aus.“ So Frau Klöckner.
Es werden also gesetzliche Schlupflöcher genutzt, um wieder einmal den Naturschutz auszuhebeln, bzw. der Schutz wird bis ins Unendliche zu dehnen. Warum nicht langfristige Lösungen anstreben, als immer nur von einer Mäuseplage zur nächsten zu denken? Ist die Natur in Schieflage, hilft oft nur noch Gift. Doch Gift verschlimmert die Situation jedesmal weiter. Letzten Endes sterben auch die Fressfeinde an dem Gift, wenn sie sich die Mäuse schnappen, jene Fressfeinde, die so dringend gebraucht werden, um die Mäusepopulation einzudämmen. Deswegen sollte man langfristig die Population der Fressfeinde stärken und ihnen die Dezimierung der Mäuse überlassen. Zugleich werden dadurch auch gefährdete Arten geschützt, wie der seltene Feldhamster, Haselmäuse und andere Bilche, aber auch Greifvögel oder Zugvögel wie z.B. Störche, die auch gerne mal eine Maus mitnehmen.
Und liebe Jäger, lasst die Finger von den Füchsen, bitte.
Eva Schmelzer (Montag, 15 Februar 2021 14:54)
Wann endlich wird mal in Taten umgesetzt, was inzwischen jeder – selbst eine Landwirtschaftsministerin - wissen sollte? Nämlich dass alles mit allem in der Natur zusammenhängt und die Stabilität von Ökosystemen nicht durch natürliche Prozesse (z. B. Naturkatastrophen wie Windbruch, Erdbeben, Schlammlawinen, Waldbrände) gestört, sondern vor allem durch Auswirkungen der menschlichen Tätigkeit beeinträchtigt und letztlich zerstört wird! Und selbst die sogenannten Naturkatastrophen gehen ja inzwischen in erster Linie auf menschliches Verschulden zurück!