Könnte Aufforstung unser Klima retten?
Text: Gudrun Kaspareit
Foto: Reinhard Zens
04.08.2019
Die Buchen vertrocknen! Die Blätter fallen ab oder werden rot und fallen dann ab. Dann wird die Rinde schwarz und reisst auf, oder sie reisst direkt auf. Wie schnell die Buchen dann abbrechen ist schwer zu sagen... vermutlich schnell! Nicht nur ursprüngliche "Gebirgs"-Baumarten wie Fichte und Lärche verabschieden sich... nein jetzt auch die heimische Buche! (Reinhard Zens, Foto vom 10. Juli 2019)
An den trockenen Stämmen platzt die Rinde auf und die Buchen- Borkenkäfer besorgen den Rest.
Der Klimawandel zerstört mit seinem Wassermangel die Wälder, aber je weniger Wälder wir haben, desto schneller schreitet der Klimawandel voran. Ein Teufelskreis.
Könnte Wald unser Klima retten? Einiges spricht dafür. Ein gesunder Wald dient als Wasserspeicher, er nimmt Einfluss auf das Klima als Regenmacher, er kühlt die Erde durch Beschirmung und Verdunstungskühle,( im Wald ist es immer kühler, als auf dem Feld,) er filtert Feinstaub aus der Luft, er nimmt CO2 auf und er produziert unseren Sauerstoff.
Zudem gibt es einige Beispiele, die zeigen, dass es funktionieren kann. Z.B die große, grüne, chinesische Mauer, als auch ein gleiches Projekt in Afrika. Oder ein weiteres Aufforstungsprojekt in Äthiopien.
Der wunderbar animierte Film „Der Mann, der die Bäume pflanzte“ ist ebenfalls ein schönes Beispiel.
Ein anderes Beispiel, welches ich selber erlebt habe und mit eigenen Augen sah, ist der Unterschied zwischen der Dominikanischen Republik und Haiti. Beide Staaten befinden sich auf derselben Insel, nämlich Hispaniola, eine der großen Antillen. Während es in der Dominikanischen Republik streng verboten ist, Wald und Königspalmen zu fällen, selbst auf Bauland und man sehen kann, wie die Palmen sogar mitten durch eine Hotellobby wachsen, wurde auf Haiti der Wald gerodet, um Flächen für den Anbau von Zuckerrohr zu erhalten. Die Dominikanische Republik ist wunderschön, ein Anziehungspunkt für Touristen. Es regnet regelmäßig große Mengen und das Land ist fruchtbar.
Auf Haiti hingegen ist es trocken, die Bevölkerung ist verarmt und der Boden gibt kaum etwas her.
In Deutschland ist die Situation ein wenig anders. Durch unser kühles Klima wachsen die Bäume hier viel langsamer. Nach zwei Weltkriegen waren die deutschen Wälder ziemlich schlimm ausgeplündert. Danach hat man aus purer Not, aber auch aus Unwissenheit schnell wachsende Fichtenplantagen angelegt. Der Bedarf an Holz war enorm. Die Folgen dieser Monokulturen sind bekannt. Dann begann man die Forste in Mischwälder umzuwandeln, doch viel zu zögerlich und langsam. Immerhin muss man in Zeiträumen von 30 bis 100 Jahren denken. Außerdem setzten nicht wenige Waldbauern nach wie vor auf schnell wachsende Monokulturen und bewirtschaften Wälder, als wären sie Äcker.
Ein weiteres Problem ist der starke Wildverbiss. In den reinen Hochwäldern (Stangenwäldern) findet Schalenwild kaum Futter und ist gezwungen die Rinde zu schälen oder die Triebe der jungen Bäume abzuknabbern. Es fehlt an Unterholz, von dem sich das Schalenwild viel lieber ernähren würde. Gleichzeitig fehlen natürliche Feinde, wie Wolf oder Luchs, die aber wiederum bei Bauern und Jägern nicht gerne gesehen sind. So sind Neuanpflanzungen ständig durch zuviel Schalenwild bedroht. Deshalb sagt der Förster:" Wo der Wolf jagt, ist der Wald gesund."
Ein weiteres Manko ist meines Erachtens, die Praxis, dass die Forstreviere sich selber durch Holzeinschlag finanzieren müssen. Dadurch ist sicherlich so manche gute Idee finanziellen Erwägungen zum Opfer gefallen.
Die Probleme durch den Klimawandel kamen schneller als gedacht und nach nunmehr drei trockenen Sommern in Folge machen nicht nur die Fichten schlapp, sondern auch Buchen und sogar Eichen ächzen unter der Trockenheit.
Gesunde Bäume nehmen Co2 aus der Atmosphäre auf, sterbende und tote Bäume geben es wieder ab. Ebenso wenn sie zu kurzlebigen Artikeln wie Papier oder Hygieneprodukten verarbeitet werden, oder zu Kaminholz. Möbel hingegen speichern das Co2 solange sie bestehen. Hier ist also Nachhaltigkeit gefragt. Früher baute man Möbel, die ewig hielten. Massive Eiche mit Intarsien und Drechselarbeiten. Heute gibt es billige Wegwerfmöbel aus Discountern. (Ich für meinen Teil kaufe nur Gebrauchtmöbel, falls es mal notwendig sein sollte)
Der Weltklimarat will die Erderwärmung bis 2050 auf 1,5 Grad begrenzen. Ein erreichbares Ziel, sagen Forscherinnen und Forscher. Ihr Vorschlag: Aufforstung.
Zwei Drittel der Co2 Emissionen könne durch Wald aufgefangen werden. Demzufolge könnte die Erde ein Drittel mehr Wälder vertragen.
Der Weltklimarat will die Erderwärmung auf 1,5 Grad begrenzen. Einer Studie zufolge, aus der Technischen Hochschule (ETH) Zürich, die im Fachmagazin Science erschienen ist, wäre eine Neubepflanzung von 900 zusätzlichen Millionen Hektar möglich. Das entspräche in etwa der Fläche der USA oder einem Gebiet, das mehr als 27-mal so groß ist wie Deutschland.
"Wir müssten aber schnell handeln, denn es wird Jahrzehnte dauern, bis die Wälder reifen und ihr Potenzial als natürliche CO2-Speicher ausschöpfen", sagte Studienleiter Tom Crowther (Thomas Crowther, Professor für Globale Ökosystemökologie in Zürich und Gründer der Forschergruppe Crowther Lab). Die zur Aufforstung geeignete Fläche werde durch den Klimawandel jedes Jahr kleiner. "Die Aufforstung kann trotz allen Potenzials nur eine von vielen Maßnahmen für den Klimaschutz sein. Eine rasche Abkehr vom fossilen Wirtschaftsmodell ist notwendig und kann mithilfe eines sektorenübergreifenden CO2-Preises am besten erreicht werden."
Die Forscherinnen und Forscher der ETH Zürich haben Städte und landwirtschaftliche Flächen bei ihrer Berechnung bewusst ausgespart. Es gehe vor allem um ehemals intakte, aber heute zerstörte Ökosysteme. Besonders viel Flächen für eine Aufforstung habe Russland, gefolgt – mit Abstand – von den USA, Kanada, Australien, Brasilien und China.
Wichtiger aber noch ist es, die fortschreitende Entwaldung vor allem in Brasilien, Indonesien und Malaysia zu stoppen.
Aufforstung allein kann aber das Klima nicht retten, ebenso dringend ist es auf Öl und Kohle zu verzichten, sowie auf Massentierhaltung. Aber Aufforstung ist ein wichtiger zusätzlicher Baustein, der schnellstens in Angriff genommen werden muss, da der Wald sich nur langsam entwickelt.
Die Eichen vertrocknen, die Buchen vertrocknen, die Birken vertrocknen, die Lärchen vertrocknen, die Fichten sowieso.... Ahorn, Erlen, Kirschen, Obstbäume u.a. werfen die Blätter ab....Selbst Kiefern werden trocken..... (Bilder vom 19.06 Reinhard Zens)
LINKSAMMLUNG:
Finnland, mit Bäumen gegen den Klimawandel
https://www.youtube.com/watch?v=LUgINM5LrHM
Indien pflanzt 66 Millionen Bäume
Australien will eine Milliarde Bäume für den Klimaschutz anpflanzen
Mann pflanzt 40 Jahre lang täglich einen Baum
Große grüne Mauer quer durch Afrika
Das Waldsterben 2.0 - Der Wald leidet unter dem Klimawandel
Zum Schluß noch ein kleines Video. Es passt nicht zu 100% zum Thema, aber es veranschaulicht wie viel Land wir der Natur zurück geben könnten, wenn wir auf Fleisch verzichten würden. Das ist unglaublich
Erika (Montag, 26 August 2019 10:36)
Erinnert Ihr Euch an die 'Notopfer Berlin' Briefmarken, sie brachten nicht nur noetige Hilfe mit der Luftbruecke und stoppten das Aushungern der West Berliner Bevoelkerung.
In Hamburg wurde die zerstoerte Staatsoper durch die Bevoelkerung mit Losen und Beitraegen wieder errichtet .
In aehnlicher Weise koennte Peter Wohlleben eine Stiftung fuer 'Mischwaelder' in Deutschland ins Leben rufen. Wald ist und war immer der wichigste Erholungsort fuer Einheimische und Touristen, die Deutschland besuchten.
Eva Schmelzer (Donnerstag, 15 August 2019 12:44)
Zu Julia Klöckners Vorschlag, Millionen neuer Bäume zu pflanzen, mahnt Peter Wohlleben (Förster, Autor, "Baumflüsterer"): "Neue Plantagenwälder sind der völlig falsche Weg". Ja, es klang wieder nach irgendetwas, als die Bundeslandwirtschaftsministerin jüngst verkündete, sie wolle die Schäden auf 110.000 Hektar Wald durch das Aufforsten von Millionen neuen Bäumen ausgleichen. Aufforsten klingt irgendwie gut, wäre aber so, wie es Klöckner andenkt, eine Katastrophe, findet Peter Wohlleben. Aufforstung sei das effektivste Mittel, um die Klimaerwärmung zu bremsen, schrieb dann die „Zeit“ dazu. Aber einer schüttelte über den Unfug nur den Kopf: Peter Wohlleben. Denn was derzeit in deutschen Wäldern kaputtgeht – von Stürmen niedergelegt wird, von Dürre heimgesucht und vom Borkenkäfer gefressen – das sind die alten Plantagenwälder mit Baummonokulturen, in der Regel Nadelwälder mit fehlender Wasserspeicherfähigkeit und trockenen Böden. Die aktuelle Art der Forstwirtschaft schwächt die Wälder massiv. Mit schweren Fahrzeugen werden die Waldböden zerstört und verdichtet. Die Waldböden verlieren ihren Artenreichtum. Das Waldklima wird zerstört. Und während Klöckner von Aufforstung redet, geht ja die alte Waldbewirtschaftung weiter. Zum Beispiel hat Leipzig wieder einen Forstwirtschaftsplan vorgelegt, mit dem tausende Festmeter gesunder Stämme aus dem Auenwald geholt werden sollen. Der eigentlich mehrfach geschützte Auenwald wird behandelt wie eine Holzplantage. Wo die alten, starken Bäume gefällt wurden, werden große Flächen des sensiblen Waldbodens der Sonne ausgesetzt. Darauf stehen dann in Reih und Glied neue Plantagenwälder, mit denen die Förster meinen, den Wald der Zukunft bauen zu können. Für Wohlleben ein Unding. Denn die stabilsten Wälder, die wir haben, sind die alten Laubwälder in den noch relativ unzerstörten Schutzgebieten. Wälder, die wir gerade jetzt dringend bewahren und erhalten müssen. „Das ist die völlig falsche Waldbewirtschaftung“, sagt Wohlleben, der – ähnlich wie die Lübecker – eine ökologische und schonende Waldbewirtschaftung für überlebenswichtig hält. Denn nur die gewachsenen und artenreichen Waldgemeinschaften der richtig alten Wälder sind in der Lage, auf die Veränderungen des Klimas auch zu reagieren. „Bringt die Maschinen aus den Wäldern raus“, fordert Wohlleben. "Hört auf, Nadelwälder zu pflanzen!". Die Förster, die im alten Denken verhaftet sind, werden mit dem Geld, das Julia Klöckner fordert, nicht viel Gescheites anfangen, ist sich Wohlleben sicher: „Diese Gelder werden nur von den Forstverwaltungen verbrannt, die dann anschließend über den Klimawandel jammern. So kann’s nicht weitergehen.“ Es geht nicht um das Neupflanzen neuer Idealwälder, sondern darum – wie in Lübeck (http://franzjosefadrian.com/stadtwalder/der-luebecker-stadtwald/) – zu lernen, die noch stehenden Stadtwälder zu schützen und zu bewahren. Gerade weil sie durch die Klimaveränderungen und immer neue einwandernde Schädlinge zunehmend bedroht sind. Der Lübecker Stadtwald ist Vorbild für naturnahe Waldbewirtschaftung. (Quelle auszugsweise: Leipziger Internetzeitung)