Die Wächterin der Bäume
Mirandas Protestaktion auf 60 m Höhe im tasmanischen Regenwald
Am 14. Dezember 2011 kletterte ich auf die Spitze eines Baumes in einem bedrohten Wald und habe gesagt, ich würde bleiben, bis dieser Wald geschützt ist. Dieser Wald ist jetzt Weltkulturerbe. Der Unterstützung von Menschen auf der ganzen Welt ist es zu verdanken, dass der Wald noch steht und nun geschützt ist. 14 Monate lang habe ich über diesen Wald gewacht, jeden Tag mit der Hoffnung, dass wir, als eine Gemeinschaft, die Bäume für die künftigen Generationen verteidigen würden können. Heute haben wir das für diesen Wald erreicht “, so Miranda Gibson am 24. Juni 2013 auf ihrer Blogseite observertree.org.
Kein Wunder, dass diese entschlossene junge Frau die Unterstützung von alleine mehr als 10.000 Fans ihrer Facebook-Seite erhielt, vor allem auch eine große Bewunderung, wie es ein Mensch mit festem Willen und großem Herz für die Natur tatsächlich schaffen kann, die Welt ein bisschen besser zu machen. Und das gegen die Übermacht von wirtschaftlichen Interessen.
Worum ging es und geht es noch immer
Relativ unbemerkt vom Rest der Welt, wird wieder einer grünen, intakten Lunge dieser Welt zu Leibe gerückt. Die malaiische Holzverarbeitungsgruppe Ta Ann findet in der Tasmanischen Wildnis mit seinen hohen Eukalyptus- und Farnbäumen eine ideale Quelle, um Furnierholz herzustellen und gründet dort zwei Werke. Die Verhandlungen mit dem staatlichem Holzkonzern Gunn sind wie immer „schlüpfrig“. Zum Einen versichert Australiens Premier Gillard, sich dem gewünschten Umweltschutz für die alten Bestände von Tasmaniens Urwäldern anzunehmen, zum anderen ist der Holzhandel ein lukratives Geschäft und verspricht viele Arbeitsplätze. Während noch „verhandelt“ wird, werden weiter eifrig die alten hohen Riesen der Tasmanischen Wildnis gerodet, Bäume, die 400 Jahre alt werden können und mehr als 100 m hoch.
Hüterin der bedrohten Wildnis
Miranda Gibson, eine circa 30 Jahre junge Umweltaktivistin der Gruppe „Still Wild, Still Threatened“ will das nicht länger hinnehmen, als die Rodungsmaschinen ihrem geliebten Wald um den Mount Mueller im Südwesten Tasmaniens immer näher rücken. Sie beschließt auf einer dieser Riesen, dem „Observertree“ auszuharren, bis ihr Wald den Schutz erhält, für den sie schon so lange kämpft. Auf einer kleinen Plattform in 60 m Höhe lebt die vormalige Lehrerin nun tagtäglich, ausgestattet mit einem solarbetriebenen Laptop, mit dem sie weltweit kommuniziert, Fotos und Videos in ihrem Blog und auf ihrer Facebook-Seite veröffentlicht. Einmal in der Woche wird ihr Wochenproviant an Essen hochgeseilt. Ab und zu erhält sie Besuch da oben, von Freunden und der Familie, die fest hinter ihr steht und stolz auf sie ist. Ihre Freunde auf aller Welt erleben mit ihr traumhafte Sonnenaufgänge, mystische Nebelfelder am Morgen, ihre tierischen Freunde, welche sie besuchen, wie der ebenfalls vom Aussterben bedrohte „silver-eye“, ein sehr seltener Brillenvogel, oder den nur dort lebenden Weißbrauenhabicht. Sie leiden mit ihr, wenn sie den 150. Tag im eisigen Schneegestöber verbringt, oder sich Sorgen um den Fortbestand des Tasmanischen Teufels macht, der zu Füßen ihres Observertrees lebt. Ein Jahr vergeht, Weihnachten klettert ihr Vater als Santa verkleidet zu ihr auf die Platform, um ihr Geschenke zu bringen. Per Skype nimmt sie an Veranstaltungen ihrer Umweltgruppe teil. Bis im März 2013 ein bedrohlich näher rückender Waldbrand ihrem Aufenthalt dort oben nach 449 Tagen ein Ende bereitet.
Ein Erfolg – aber noch nicht das Happy End
Am 24. Juni verkündet die Unesco, dass der von Miranda so leidenschaftlich verteidigte Wald um den Mount Mueller nun mit zum Weltkulturerbe der Tasmanischen Wildnis gehört. Aber Miranda weiß, die Welt um den Tasmanischen Teufel und die anderen seltenen Tiere und Pflanzen wird immer kleiner und enger. Während die Verhandlungen „neu“ formuliert werden, fallen in anderen Teilen der Insel die alte Riesen. Der Kampf ist noch nicht vorbei. Wer Miranda’s mutigen Einsatz weiterverfolgen möchte, kann das auf observertree.org und auf ihrer Facebook-Seite.
Text: Christine Schwan