Der Gutsherr
Text: Gudrun Kaspareit
21.02. 2014
(um die Bilder zu vergrößern, bitte draufklicken)
Im Rahmen meines eigenen Krötenprojektes, wollte ich mich bei jemandem informieren, der seit Jahren Krötenschutz praktiziert. Seit dem habe ich einen neuen Lieblingsort. Das Gut des Gutsherren. Ein See, alte Häuser eingebettet zwischen uralten Bäumen, Alleen, bemooste Feldsteinmauern - ein Traum! Der Ort wirkt wunderbar verwunschen, liegt etwas abseits der normalen Routen und hat vom Tourismus noch nie etwas gesehen.Und wie mir der Gutsherr sagte, ist er sehr froh darüber und hat nicht vor diesen Zustand zu ändern. Er bat mich in sein Büro, das überraschend modern eingerichtet war und einem kleinen Konferenzraum glich. Er machte uns Kaffee und wir unterhielten uns.
Ich hatte natürlich allerlei Fragen zum Krötenschutz, wie und ob er staatliche Zuschüsse erhalten hätte und wie genau der Schutz bei ihm aussähe. Er holte einen dicken Ordner mit Aufträgen und Rechnungen und erklärte mir anhand diesen Materials den sog. Stelztunnel, den er hat anbringen lassen. Er führte aus, dass die Behörden nur sehr zögerlich reagiert haben, das hätte ihm zu lange gedauert. Er empfehle allen, die beim Thema Krötenschutz ignorant seien, abends hinauszufahren, sich die Amphibienwanderungen anzusehen und dann die Nerven zu haben, bewusst die Tiere zu überfahren.
Er habe das nicht gekonnt. Immer noch beeindruckt erzählte er, die Straße sei voll gewesen. Hunderte von Tieren krabbelten hinüber. Und da hat er kurz entschlossen die Schutzmaßnahmen in die eigene Hand genommen. Er wollte nicht auf die Behörden warten. Er beauftragte eine Firma und ein Ingenieursbüro und ließ einen nach oben offenen Stelztunnel in die betroffene Straße legen. Nach oben wurde der Tunnel durch ein stabiles Stahlgitter gesichert, sodass sogar Schwerlastverkehr darüber fahren konnte. Kostenpunkt: 30.000,- Euro, Geld aus der privaten Tasche des Gutsherrn, das hat mich schwer für den Gutsherrn eingenommen.
Später sind wir hinausgefahren, um uns das Projekt vor Ort anzusehen. Auf der Straßenseite, wo sich die Winterquartiere der Tiere befinden, war eine Leitwand trichterförmig aufgestellt worden, etwa 500 m. breit. Diese leitete die Tiere zu der Straßenunterführung. Auf der anderen Seite befand sich das Laichgewässer und die Amphibien waren in Sicherheit. Gut durchdacht, gut gemacht und privat initiiert und finanziert. Ein fettes BRAVO.
Auf dem Weg zu der Besichtigung fielen mir die vielen alten Bäume auf. In erster Linie Eichen und Kastanien und bemerkte dies mit schwärmerischer Bewunderung. Nicht ohne Stolz erzählte mir der Gutsherr, dass er dafür gesorgt hätte, dass er selber die Pflege und die sog. Verkehrssicherung übernehmen durfte, was er wesentlich schonender erledigte, als die von der Gemeine beauftragte Firma. Nicht jeder Ast wurde brutal abgesäbelt, nicht jedes sog. Totholz gefällt und wenn es instabil war, wurde es von der Straße weg in den Wald gekippt und dort liegen gelassen. Auch erzählte der Gutsherr, dass alte Häuser ohne alte Bäume seelenlos wären und er sehr darauf achten würde, dass jedes Haus mindestens einen Hausbaum hatte. Wo immer es möglich war, erhielt er Habitatbäume, so stand mitten in seinem Park eine abgestorbene Kastanie, deren kahlen Äste in den Himmel ragten. All diese alten, knorrigen Eichen, die an der Straße standen, der Wald, der das Gut umgab mit dem vielen Totholz, verlieh dem Gut eine märchenhaften Ausstrahlung. Gerne möchte ich im Sommer wieder kommen und die Natur beobachten. Es muss hier massenhaft Eulen, Fledermäuse und Spechte geben.
Natürlich haben wir uns nicht abrupt getrennt, ich machte viele Fotos und wir sprachen über die wunderbare Natur. U.a. kamen wir auch auf die Jagd zu sprechen und wir waren uns schnell einig, dass die Jäger eine starke Lobby haben und es bei ihnen jede Menge schwarze Schafe gibt.
Der Gutsherr erzählte, dass es auf allen Gütern üblich sei, Jagdlizenzen für die Trophäenjagd zu verkaufen. Auch er hätte das früher getan. Bis eines Tages ein absolut schießgeiler Typ gekommen sei und jede Summe bezahlt hätte, um ohne Einschränkung alles schießen zu dürfen, was er erwischen konnte. Der Gutsherr fühlte sich angesichts dieser Mordlust unbehaglich, fragte sich, was er hier eigentlich täte. Er schickte diesen Kunden unverrichteter Dinge fort und hat nie wieder Jagdlizenzen verkauft. Dem Gut gingen dadurch jährliche Einnahmen von ca. 20.000, - Euro verloren, aber er hat diesen Schritt nie bereut.
Für mich ist der Gutsherr ein Held der Bäume, aber auch der Amphibien und der gesamten Natur .
Er hat sich von überholten Jagdtraditionen getrennt und Verantwortung für die Natur auf seinem Grund übernommen. Er denkt nicht, wie viele andere, darüber nach, wie er aus seinem Boden das meiste Kapital herausholen könnte.
Eva Schmelzer (Sonntag, 02 März 2014 11:54)
Mir kam beim Lesen Fontanes "Herr von Ribbeck" in den Sinn. Ich wünsche mir, dass auch die Zeichen, die Dein Freund, der Gutsherr gesetzt hat, Fortbestand haben werden, so wie die letzte Gedichtzeile es sagt: "So spendet Segen noch immer die Hand des von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland."
Eva Schmelzer (Samstag, 01 März 2014 12:38)
Ich hatte schon auf Deiner Seite (oder der Wald-Seite?) über diese wertvolle Bekanntschaft gelesen. Ein bewundernswerter Mensch! Du kannst Dich glücklich schätzen, dass Du ihm begegnen durftest.
Erika Bulow-Osborne (Samstag, 22 Februar 2014 18:14)
Einen beispielhaften Einsatz fuer die Natur zeigte dieser Gutsbesitzer, der ohne Eigennutz fuer Hunderte von Amphibien eine sichere Passage unter der Strasse errichten liess. Hervorragende Photos zeigen und beweisen seinen Schutz fuer Baeume und die Wichtigkeit des Schutzes aller Tiere vor schiessfreudigen Jaegern. Herzlichen Dank an den Gutsherren und an Gudrun. Ich wuensche ihr eine Freundschaft, die zu weiteren Begegnungen fuehren wird.