Rettung der grünen Oase
Auch ich, Melu Sine aus Düsseldorf, habe mich als Baumretterin betätigt.
Der Ort, ein ca. 3 ha, also 30 000 Quadratmeter großer Park, in dem ich Baum und Strauch und fast alle Tiere kenne und mit ihnen - vor allem im Winter, wenn kaum Leute unterwegs sind, auf
"du und du" bin. Dort mache ich auch gerne Baummeditation, aber auch lieber in den ungemütlicheren Zeiten. Tja - und eines Tages:
Von den BaumschützerInnen im Florapark: Floragarten - Rettung der "Grünen Oase"
Sie hat zwar "Bäume lassen müssen", aber wir Bürger haben uns mit Erfolg gegen Kahlschlag gewehrt.
Seltsame Markierungen
Dezember 2008: Es begann mit den pinkfarbenen Markierungen. Plötzlich waren sie überall im Park zu sehen: an die 33 Male - die Zeichen für Abholzung. Eine "schöne Bescherung" vom Gartenamt zu Weihnachten. Ich brauchte ein paar Tage, bis zu einem Sonntag Abend, diese Male als Abholz-Markierungen zu erkennen. Ich war außer mir ...
Am darauf folgenden Montag war es schon so weit: Die Sägen hallten durch den Park, eine Hainbuche und einige Eiben waren ihr schon zum Opfer gefallen, andere Eiben eingekürzt. Ohne Information der Bevölkerung, ohne Beschluss der Bezirksvertretung wurden Tatsachen geschaffen - und ohne jegliches Konzept. Darauf hin ging ich auf die Barrikaden. Ich schrieb eine Presseerklärung und mobilisierte Leute. Eine Freundin rief beim Gartenamt an, welches kurz und knapp erklärte, das sei so gewollt und beschlossen. Auch andere wandten sich teils auf meine Anregung hin an die Presse, und dann kamen die "Erklärungen": Mal hieß es, der Park solle sicherer gemacht (es war dort ein Mord geschehen), dann, das Gartendenkmal solle wieder hergestellt werden. Die Bäume rund um den Teich sollten weg - ob sich dahinter jemand verstecken kann? Das Argument der Erhöhung der Sicherheit konnte dort keine Rolle spielen. „Warum?“ Fragten die Bürger. Die "fremd-ländischen" Flügelnüsse zerstörten heimisches Gehölz, da sie unterirdisch Ausläufer treiben, hieß es dann. Bisher ist allerdings noch kein Nachbar-Baum zu Schaden gekommen. Die japanische Zelkove etwa erfreut sich guter Gesundheit, obwohl neben ihr eine 7-stämmige prächtige Flügelnuss gedeiht. Die "kaukasische" Flügelnuss war übrigens vor mehreren Eiszeiten auch bei uns heimisch - wie ein Mitstreiter heraus fand. Und der ganze Park ist zu seiner Gründerzeit absichtlich mit Bäumen von verschiedenen Erdteilen angelegt worden!
Es wurden außerdem zu den vorhandenen 4 Eingängen zwei neue geplant. Der Floragarten ist ein rund 3 Hektar großer Mini-Park, der zudem von einer stark befahrenen Straße flankiert wird. Einer der Eingänge an der Bachstraße sollte ca. 3 Meter vom alten Eingang entfernt entstehen, der dafür verschlossen werden sollte. Über den Sinn konnte man nur rätseln. Die genaue Lage des Eingangs stand noch nicht fest, aber alte Ahorn-Bäume - übrigens der Baum des Jahres 2009 - sollten schon mal fallen. ...
Widerstand
Dies alles brachte uns Anwohner "auf die Palme". Wir fragten uns, ob das Zeitalter der "Entbaumung" der Stadt Düsseldorf begonnen hat, wurde doch stadtweit überall geholzt und gesägt. Schon wegen
der Arcaden, dann wegen der U-Bahn, wegen der "Verkehrssicherungspflicht", wegen ...
Meine Suche nach Mitstreitern hatte Erfolg: Wir Florapark-Baumfreunde formierten uns. Mit meditativen Baumrettungs- Aktionen und einem Lichtermeer im Park, mit Flyern und Plakaten wurde die
Bevölkerung informiert. Das Interesse der Medien war groß, und unser Protest wurde wohlwollend begleitet und erschien mehrfach in jeder Zeitung!
Bei einer Begehung vor Ort, auf der das Gartenamt seine Pläne der Öffentlichkeit vorstellen wollte, kochten Wut und Empörung hoch. Es erschienen rund 50 aufgebrachte "gestandene" Bilker Bürger (Bilk heisst der Stadtteil) vorwiegend höheren Alters und machten ihrem Zorn lautstark Luft. "Wir lassen uns unseren Park nicht verschandeln", hieß es. Wir diskutierten über jeden einzelnen Baum, der gefällt werden sollte. So hieß es bei einer Kirsche, die wir leider auch nicht retten konnten, die sei schon älter und krumm gewachsen. Daraufhin eine Mitstreiterin: "Ich bin auch schon älter und hab auch meine Einschränkungen, dann sollte ich auch weg. Und Sie, Herr Gartenamtsleiter, sind auch nicht der Jüngste."
Die Wende
Das Dezernat für Umweltschutz (GRÜNE!) lenkte schließlich ein und schlug vor, mit den Anwohnern einen Kompromiss zu erarbeiten. So wurde um jeden Baum gefeilscht. Auf einer Sitzung der
Bezirksvertretung Ende Januar 2009 gab es viel Unterstützung für die Baumretter und Schelte für die Verwaltung.
Schließlich wurden von den markierten 33 Bäumen 13 gerettet, darunter ein sehr alter Silberahorn und die Flügelnüsse. Zehn waren schon gefällt, eine Reihe Eiben eingekürzt.
Wir Baumschützer boten unsere Hilfe bei der "Inzaumhaltung" der Flügelnüsse an. Und so wurden von uns im Winter sämtliche Flügelnusstriebe entfernt, damit diese Bäume auch in Zukunft bleiben
können - so lautete die Absprache mit dem Gartenamt. Die Flügelnuss hat tatsächlich die Angewohnheit, sehr weitflächig auszutreiben. So könnten ganze Wäldchen von Flügelnüssen entstehen.
Flügelnuss als Mahnbaum
Den Anstoß für unseren Protest gab übrigens eine Markierung, die durch den halben Park leuchtete: Wie ein riesiges Mahnmal prangte sie auf einer prächtigen Flügelnuss am Weiher. Es stellte
sich
heraus, dass dieser Baum irrtümlich markiert worden war - der Punkt war mit einem großen pinkfarbenen Kreuz durchgestrichen. Für die Bürger war es aber wie ein Zeichen der Warnung: Achtung,
schützt unsere Bäume! Bis heute ist dieses pinkrosa Warn-Mal zu sehen und erinnert uns daran, wachsam zu sein. Die Halsbandsittiche, die in diesem Baum brüten, freuen sich über seine ausladenden
Äste und wir über unseren erfolgreichen Kampf.
Ach ja - und ich hatte auch einen "Juchtenkäfer". (Der Juchtenkäfer spielte bei der Auseinandersetzung der S21-Gegner um den Stuttgarter Schlossgarten eine Rolle.) Meiner war ein Eisvogel, der als selten und erhaltenswert gilt, und den ich mehrmals an der 7-stämmigen Flügelnuss gesehen hatte.
Die ganze Rettungsaktion...
... hab ich initiiert, die Leute zusammengetrommelt, Pressererklärungen verschickt, unseren Bezirksvorsteher und diverse Stadtteilpolitiker angesprochen, Flugis entworfen, die ein Grüner dann am Computer gestaltete, die Briefkästen sämtlicher Anwohner - Hunderter - mit Infos bestückt, Plakate aufgehängt, ein anderer hat Unterschriften gesammelt. Der Grüne schaffte es, seine Leute hinter uns zu ziehen, einschließlich des Einflusses auf die Grüne Umweltdezernentin, die in der Beziehung erstaunlich unsensibel war und leider immer noch ist. Durch die gute Presseresonanz waren wir öffentlich präsent und haben das Nachdenken über unsere Stadtbäume angeregt. Voraus gegangen waren erfolglose Kämpfe in anderen Parks ca 2 Jahre zuvor. Seitdem scheint das Thema Stadtbäume einen Stellenwert in den Stadtteilen der Stadt zu haben.
Text und Foto: Melu Sine
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Gudrun Kaspareit (Samstag, 04 August 2012 18:32)
Tolle Aktion! Hut ab und danke im Namen der Bäume!
HEINEMEYER A. (Samstag, 04 August 2012 21:11)
Gut gemacht und tolles Beispiel... Für die Bäume: Danke... danke ... danke
christine (Samstag, 01 September 2012 09:18)
Freue mich für die Bäume - und euch! Großartiger Einsatz...
Tanja Birke (Samstag, 01 September 2012 19:48)
Bin auch ganz begeistert von Deinem unermüdlichem Einsatz und Eurem tollen Erfolg!
Aber es ist auch wirklich empörend, dass man in Zeiten des Klimawandels, wo doch jeder Baum wichtig ist, so mit den Behörden um jeden einzelnen Baum kämpfen muss! Deswegen nochmals meine Hochachtung vor Euren Anstrengungen!
Brita-Kara Krengel (Samstag, 01 Dezember 2012 07:23)
Ja...eine tolle Aktion war das...und wie man hier bestens sieht, erreicht man auch etwas wenn man sich auflehnt, nicht alles akzeptiert...
Vielen Dank für euren unermüdlichen Einsatz um den Erhalt dieser Natur-Oase!!!