Das große Mausohr
Text: Sybille Waibel
Fotos: Arthur Strauch
22.10.2017
Großes Mausohr
(Myotis myotis)
Das Große Mausohr ist ein typischer Untermieter in Kirchendachböden und anderen großen Dachstühlen. Mit 65 bis 80 mm Körperlänge und einem Gewicht von 28 bis 40 g ist das Mausohr eine imposante Erscheinung. Durch eine Spannweite von 350 bis 430 mm erscheint es im Fluge deutlich größer als eine Amsel, damit zählt sie zu der größten Fledermausart Mitteleuropas.
Die Ohren sind - daher der Name - lang und breit, das Fell graubraun. Als Ansitzjäger lauert es in parkähnlich strukturierten Landschaften und Wäldern meist großen flugunfähigen Insekten auf. Bei der Jagd am Boden nimmt das Große Mausohr seine Beute nicht durch Echoortung wahr, sondern hört auf von der Beute verursachte Geräusche. Im Nahbereich jagt die Fledermaus mithilfe ihres Geruchssinns. Mit ausgebreiteten Flügeln landet es am Boden, nimmt die Beute auf und frisst sie im Flug, die Hauptnahrung sind meist große Laufkäfer oder Nachtfalter.
Die Mausohrweibchen bilden kopfstarke Wochenstubengesellschaften. Diese sind auf größeren Dachböden wie z. B. vom Kirchen oder alten Gemäuern zu finden. Die Quartiere werden Anfang Mai bezogen, die Jungen kommen aber erst im Juni zur Welt. Sie leben in komplizierten sozialen Gemeinschaften, deren Zusammensetzung sich jahreszeitlich ändert und dabei art- und geschlechtsabhängige Unterschiede aufweist. Die Weibchen bekommen im Jahr nur ein Jungtier, das sie bei Gefahr sogar im Flug mit sich tragen. Das Neugeborene hält sich sofort nach der Geburt, noch nackt und blind, selbstständig mit den Krallen der bereits kräftigen Hinterfüße und den Daumenkrallen an der Dachkonstruktion fest. Jede Mausohrmutter säugt nun während etwa sechs Wochen normalerweise nur ihr eigenes Junges. Das Jungtier besitzt bereits bei der Geburt Milchzähnchen. Es kann sich mit diesem sogenannten «Klammergebiss» an einer der beiden achselständigen Milchzitzen festbeißen. Nach 22 Tagen sind die Jungtiere vollständig behaart und nach 23-27 Tagen flugfähig und schon nach 40 Tagen selbstständig.
Die Paarung findet im Herbst statt. Sobald die Jungen selbstständig sind, verpaaren sich die Mausohrmütter wieder. Die Spermien werden vom Weibchen in der Gebärmutter gespeichert und erst im Frühling kommt es zur Befruchtung. Mehr als 20 Jahre alt können Mausohren werden. Zeitlebens und über Generationen hinweg ziehen die Weibchen ihre Jungen in denselben Dachstöcken auf.
Wie die anderen einheimischen Fledermäuse hält das Mausohr Winterschlaf. In diesen unterirdischen, frostsicheren Verstecken fallen die Mausohren in tiefe Winterschlaflethargie. Die
Herzschlagfrequenz sinkt von über 600 auf nur noch 18 bis 80 Schläge pro Minute ab. Die Körpertemperatur sinkt auf die Umgebungstemperatur von meist nur wenigen Grad Celsius hinunter und es
treten Atempausen von mehr als 60 Minuten auf.
Mausohren sind im Winterschlaf hilflos und jeder Aufwachvorgang ist mit großem Energieverlust verbunden. Damit ihre Fettreserven ausreichen, sind sie darauf angewiesen, den Winter ungestört «auf
Sparflamme» überdauern zu können. Höhlen mit winterschlafenden Mausohren soll man darum nicht betreten.
Natürliche Feinde der Mausohren sind z.B. große Eulen. Heute ist der Hauptfeind der Mensch, der ihre Lebensräume zerstört.
Eva Schmelzer (Freitag, 03 November 2017 16:37)
Ich freue mich immer wieder aufs Neue, wenn Sybille uns ein Exemplar aus dieser riesengroßen Fledermaus-Familie vorstellt. Und auch wenn es sich meist um heimische Arten handelt, hat doch jede ihre besondere Eigenart. Nur leider ist da der Mensch, der viel zu lange gewartet hat, sie so gut zu schützen wie es geht. Aber ich habe aber das Gefühl, dass sie heute öfter erwähnt werden, wenn es um Naturschutz geht, das ist auch Menschen wie Sybille zu verdanken, die über ihr praktisches persönliches Engagement im Fledermausschutz hinaus dazu beiträgt, die leider bedrohte Existenz dieser Tierchen ins öffentliche Bewusstsein zu rufen, sie uns überhaupt nahe zu bringen, da sie ja weit mehr im Verborgenen leben als z.B. ein tagaktiver Vogel, der uns viel häufiger begegnet und somit vertrauter ist. Ich wünsche so sehr, dass bald eine Besinnung darauf stattfindet, dass Lebensraum und Nahrungsangebot gefördert werden müssen.
Erika (Freitag, 03 November 2017 16:12)
Liebe Sybille Scarlett, der Artikel ueber das Grosse Mausohr ist so ausfuehrlich und klar geschrieben, man geniesst alle Einzelheiten sehr. Wenn ich etwas noch ergaenzen duerfte,waeren es die heutzutage wegen weniger Beweidung fehlenden Dunghaufen, in denen die MaiKaefer Larven sich entwickeln. Sie sind ein sehr wichtiger Teil ihrer Ernaehrung, waehrend sie ihr Junges stillen. In England ist das Grosse Mausohr selten geworden , wegen dieser Dunghaufen und anderer ueberall ebenso gefaehrdender Pestizide. Danke fuer so viel Wissenswertes und Arthur Dank fuer die grossartigen Photos.