Der Hase
Text: Dr.L. Ulsamer
Bilder: Konrad Franz
https://deutschland-geliebte-bananenrepublik.de/ueber-uns/
25.10.2020
Dem Osterhasen fehlt der Lebensraum
Feldhasen und ihre Kollegen sind bedroht
Wann haben Sie zuletzt einen Hasen über Felder und Wiesen rennen sehen? Meine Sichtungen sind über die Jahre in der ausgeräumten Landschaft immer weniger geworden, und so manchen ‚Osterhasen‘
trifft man heute eher in städtischen Parks an. So war ich mehr als erfreut, an diesem Morgen im irischen Kerry zwei Mountain Hares zu sehen, die doch große Ähnlichkeiten mit den deutschen
Feldhasen haben. Feldhasen und der Mountain Hare – auch als Schneehase bezeichnet – sind bedroht, und da nutzt es ihnen wenig, wenn sie im Anhang III der Berner Konvention des Europarats von 1979
aufgeführt oder in der Roten Liste als gefährdet eingestuft werden. Die Intensivierung der Landwirtschaft hat gerade dem Feldhasen das Leben schwer gemacht, die Zerschneidung der Landschaft und
der Verkehr fordern ihren Tribut, und dann gilt leider auch weiter: Ein Schuss – Exitus! So vermeldet der Deutsche Jagdverband für die Saison 2018/19 die Zahl von 191 854 Feldhasen, die
mehrheitlich eine Kugel traf oder ein Auto ins Jenseits beförderte. Leider hilft es nichts, wenn der Feldhase an Ostern zumindest bei Kindern zu Ehren kommt. Wenn das restliche Jahr Schmalhans
Küchenmeister ist, da Kräuter auf Brachflächen oder Blühstreifen fehlen, und Chemikalien, Gülle und Gärreste im Überfluss fließen, Hecken und andere Verstecke fehlen, dann hat es
Meister Lampe wirklich schwer.
Vor Monokulturen,der intensivierten Landnutzung, chemischer Keule und Jagdgewehren sind nicht wenige Feldhasen in die Parkanlagen unserer Städte geflüchtet.
Wenn Verstecke und Nahrung fehlen
Zwar sollen in Deutschland noch zwei bis drei Millionen Feldhasen leben, aber ihr Bestand kann sich nicht erholen, da ihm zunehmend der Lebensraum fehlt. Da mag eine Häsin in guten Jahren auch
zwei oder drei Würfe in diese Welt setzen, doch wenn mangels sicherer Brachflächen viele Jungtiere auf dem Acker unbemerkt mit untergepflügt werden oder freilaufende Hunde sie aufstöbern, dann
erreichen zu wenige der kleinen Hasen auch nur ihr erstes Lebensjahr. Seinen angestammten Feinden wie Fuchs oder Greifvogel kann sich der Feldhase mit einer Fluchtgeschwindigkeit von bis zu 70
Stundenkilometern und zackigen Haken gut entziehen, aber dies nutzt ihm wenig, wenn seine Verstecke zwischen Büschen und in Hecken oder einer Mulde im tiefen Gras der Intensivierung der
Landwirtschaft und der Flurbereinigung zum Opfer gefallen sind. Und eine Sprungkraft, die ihn Sätze mit drei Metern Länge oder sogar zwei Meter Höhe schaffen lässt, bringt nichts, wenn die
Nahrungsgrundlage fehlt. Wildkräuter und schmackhafte Gräser, Wildwuchs am Ackerrand oder großflächige Blühstreifen sind Mangelware, und wenn er Kohl und Möhren auf dem Acker mümmelt, oder sich
an kleinen Setzlingen im Wald vergreift, dann ist es auch nicht recht.
Und so hat sich so mancher Feldhase schon mal zum ‚Stadthasen‘ gewandelt, der auf der Flucht vor Monokulturen und chemischer Keule in großflächige städtische Grünanlagen emigriert ist. Auf diese
Weise bekommt ‚Landflucht‘ eine ganz neue inhaltliche Auslegung! Sein gutes Gehör und der ausgeprägte Geruchssinn schützten den Feldhasen und seine Kollegen – wie den Mountain Hare – lange vor
ihren Feinden, aber Gülle aus der Massentierhaltung und Gärreste aus Biogasanlagen, Glyphosat, das Wildkräuter killt, oder der geballte Chemiebaukasten, der in der Intensivlandwirtschaft zum
Zuge kommt, all das macht den Feldhasen zu schaffen. Ihre Populationen können sich nicht dauerhaft erholen, schon gar nicht, wenn dann auch noch die Büchse knallt.
Hasen, ob Feldhase in Deutschland oder der irische Mountain Hare, leben die meiste Zeit des Jahres alleine, nur zur Paarungszeit finden sie zusammen.
Schluss mit der Jagd auf Feldhasen
Schon skurril ist es, wenn immer wieder behauptet wird, man müsse die Füchse dezimieren, um die Feldhasen zu schützen, doch dann legen die gleichen Jäger auf Fuchs und Feldhase, und gerne
auch mal auf ein Rebhuhn an. In der Jahresstatistik des Deutschen Jagdverbands finden sich daher 1928 erlegte Rebhühner für 2018/19! „Füchse sterben zum Wohl des Feldhasen“, so lautete die
Überschrift in der ‚Stuttgarter Zeitung‘: Wenn schon zum großen Halali geblasen werden soll, dann doch bitte nicht mit solch fadenscheinigen Parolen! Feldhase und Fuchs kommen in einer halbwegs
intakten Natur schon miteinander zurecht, wenn nicht beide Tierarten fleißig bejagt würden. Und noch abstruser ist es, dies sei am Rande bemerkt, wenn zuerst die Füchse massenhaft abgeschossen
werden, um dann über die Mäuseplage zu jammern!
Sichere Verstecke in Hecken, oder Kuhlen im hohen Gras sind für Feldhasen – oder den Mountain Hare – wichtig, da sie keine Baue graben – im Gegensatz zu Kaninchen.
Der NABU fordert vor diesem Hintergrund völlig zurecht eine Extensivierung der Landwirtschaft, doch damit trifft er bisher bei den meisten EU-Agrarpolitikern, aber natürlich auch bei
Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner auf taube Ohren. Wenn wir unsere Natur schützen wollen, brauchen wir eine wahrhafte Agrarrevolution! Die EU-Agrarsubventionen, die
noch immer an der Fläche und weniger an Ökologie und Nachhaltigkeit orientiert sind, bedeuten den Untergang für Feldhasen und Rebhühner. Und ganz nebenbei: Die kleinbäuerlichen Familienbetriebe
werden durch die wahnwitzige EU-Agrarpolitik ebenso vernichtet wie Insekten und Vögel.
Bis zu einer wirklichen Erholung der Bestände an Feldhasen muss in Deutschland ein ganzjähriges Bejagungsverbot gelten – ausgedehnt auch auf Rebhühner! Es reicht nicht, wenn Politiker in
Sonntagsreden einige Sätze über die Natur verlieren, auch an Werktagen gilt es, Naturschutz zu betreiben. Wer den Feldhasen an Ostern nur noch als ‚Geschenkebringer‘ erlebt, verkennt, dass er
mehr Lebensraum und Sicherheit vor der nächsten todbringenden Schrotladung braucht.
Vegetarier sein ist in einer ausgeräumten Landschaft nicht so einfach, denn oft fehlen Blühstreifen, Wildkräuter auf Brachflächen oder am Ackerrand.
Feldhasen und ihre Kollegen haben es in Europa immer schwerer, da die Intensivierung der Landwirtschaft ihnen den Lebensraum nimmt.
Eva Schmelzer (Montag, 16 November 2020 17:26)
Vielen Dank für diesen aufklärenden, wenn auch sehr bedrückenden Artikel. Empörend ist es zu lesen, dass trotz der Tatsache, dass diesem (und anderen Tieren) rücksichtlos immer mehr Lebensraum genommen und sie dadurch dezimiert werden, der Hase immer noch bejagt werden kann. Auch wegen dieses absurden Widerspruchs könnte man Deutschland als Bananenrepublik bezeichnen.
Danke auch an Conrad Franz für die Federzeichnung und das Gemälde. Hoffentlich werden solche Bilder nicht einst nur noch Erinnerungen an dieses Tier sein, das es dann nicht mehr lebend gibt.