Das Stadtbiotop, eine zerstörte Idylle
Text und Fotos: Edel Cat
28.04.2019
Biotop und Heimat für viele Wildtiere
Unser Stadtbiotop ist naturbelassen mit einem kleinen Sumpfgebiet, einem Bächlein, Heuhaufen für Igel & Co und viel Totholz und Gestrüpp zum Verstecken.
Menschen finden hier Erholung und viele Tierarten eine Heimat.
Leider soll sich dies nun durch ein 'Sondergesetz zum Abschuss von Wildschweinen in der Stadt' ändern. Schüsse haben wir schon gehört, denn wir wohnen nur 5 Fußminuten entfernt.
Ein Stadtbiotoptraum ist ausgeträumt
Im Stadtbiotop - umgeben von verwilderten Gärten - gewannen viele Wildtiere ein Zuhause mit gutem Nahrungsangebot und geeigneten Verstecken und Nistplätzen. Es lebten dort Fuchs, Waschbär,
Wildschwein, Igel, Hase und Kaninchen, Marder und Eichhörnchen, Mäusebussard, Turmfalke, Sperber, Grünspecht, Graureiher und viele andere Vogelarten aufgrund der naturnahen Umgebung.
Und es war ein Erholungsgebiet für Menschen, die dort fröhlich mit Kind und Hund spazieren gingen.
Im Januar bekam ein Jäger eine Sondergenehmigung zum Abschuss der Wildschweine in der Stadt (Friedhof/Biotop). Waschbär und Fuchs kamen gleich mit ins Abschussprogramm.
Damit die Tiere abgeschossen werden konnten, wurden Bäume gefällt, nahezu das gesamte Dickicht und Gesträuch mit Stumpf und Stil entfernt. Ich sah so gut wie nichts, wovon sich jetzt Insekten
ernähren könnten.
Den Fuchs sehe ich nicht mehr, frische Wildschweinspuren gibt es nicht mehr und ich fürchte, den großen Schillerfalter werde ich im Frühjahr auch nicht zu sehen bekommen.
Vor kurzem berichtete ich von dem 'Ausräumen des Biotops' - Vernichtung des dichten Gesträuchs, Fällen von Bäumen etc. - während der Brutzeit der Vögel und dem erwachen der Insekten, die nun dort
nur wenig Brutplätze und Nahrung finden.
Nun treibt die Natur mächtig aus und ich hege die Hoffnung, dass sie noch rechtzeitig manches zum Guten wendet.
Der Schrecken geht im Stadtbiotop weiter
Gestrüpp wurde entfernt, Bäume wurden gefällt, um eine bessere Sicht vom Hochsitz zum Abschuss der Wildschweine (den Fuchs wollte man in einem Abwasch auch schießen) haben (Sondergenehmigung zum
Schießen in der Stadt), die ab der Dämmerung dorthin zum Fressen kamen.
Dies ist seit 14 Jahren so.
Die Brutzeit der Vögel hatte begonnen und die Insekten begannen zu fliegen. Schutzräume gingen durch die radikale Rodung verloren, Nahrungsquellen ebenfalls.
Nach einigen Wochen wurde der Hochsitz demontiert - offensichtlich waren die Tiere getötet worden..
Vor einer Woche sah ich frische Wildschweinspuren.
Wieder wurde ein neuer Hochsitz errichtet.
Die Wildschweine erkannten wohl die Gefahr und wanderten in den angrenzenden Park ab, der zwei Stadtgebieten und der Innenstadt ganz nahe liegt. Dort waren sie in den ganzen 14 Jahre nie gewesen.
Dies entspricht den Ausführungen, die ich u.a. in Jörg Zittlau, 'Leg' dich nicht mit Krähen an' gelesen habe.
"Wie Mensch und Tier zusammenleben können
Das Artensterben läuft, doch viele Tiere haben Strategien zum Überleben entdeckt. Ob etwa Quallen, die Atomkraftwerke lahm legen; Krähen, die Fensterdichtungen heraushacken; Elefanten, die sich
in Gangsterbanden organisieren; oder Straßenhunde, die mit der U-Bahn zu ihrer Arbeit als Wegelagerer fahren - die Tierwelt schlägt zurück, und manche Menschen fühlen sich bedroht. Doch der
renommierte Biologe und Journalist Jörg Zittlau zeigt anhand vieler Beispiele auf, wie ein Miteinander von Mensch und Tier gelingen kann."
Heute sieht das Stadtbiotop so aus
Zum Biotop gibt es eine Fortsetzung. Nachdem der Hochsitz entfernt worden war, wurde kurze Zeit später ein neuer gebaut. Es gibt frische Wildschweinspuren, jetzt auch im Park ganz nahe der Stadt. Sie haben also nichts erreicht. Der Waschbär war auf meiner Wildkamera, der Fuchs allerdings ist nicht zu sehen. Es ist also alles eingetreten, was Experten zu der Schießerei sagen.
Eva Schmelzer (Mittwoch, 19 Juni 2019 13:49)
Oh Gott! Was für ein Frevel an der Natur, der einem beim Lesen die Tränen in die Augen treibt - die der Trauer, aber auch der Wut! Wie kann so etwas zugelassen werden in einer Zeit, in der man glauben sollte, dass der Naturschutz endlich an Stellenwert gewinnt, in der das Artensterben endlich thematisiert worden ist. Und wenn man dazu die Fotos betrachtet, wird einem die Dramatik doppelt bewusst. Wenn schon das Lesen des Berichtes schwer fällt, wie deprimierend muss es erst sein, das alles hautnah erleben zu müssen.
Marion Hartmann (Dienstag, 18 Juni 2019 16:18)
Es ist unglaublich, was ich da lese.., es ist kriminell, es ist ein Verbrechen an der Natur. Man möchte wieder einen Gott anrufen, der sich aber auch nicht zeigen wird, sofern es einen gibt.
Auch ich könnte schreiben, schreiben und nochmals schreiben über die Zerstörung unseres Auwalds hier. Müssten hier nicht auch Anwälte - unbezahlt - das Zepter in die Hand nehmen? Aber nein, sie verdrehen noch das Recht . Danke für die fotografische Dokumentation eines Umweltverbrechens, wie es heute schon zur Normalität gehört.., dort.., bei uns.., überall.