Bauen am Schaalsee
Text: Gudrun Kaspareit
Fotos: BUND Schaalseeregion
26.12.2019
Auch hier, wie vieler Orten derzeit, versucht man den Naturschutz auszuhebeln und lästige Vorschriften zu umgehen. Man hat den Eindruck, ehe die große Wende kommt und die ist spürbar, versuchen alle schnell noch Tatsachen zu schaffen. Überall wird gerodet und gebaut, als gäbe es kein Morgen. Selbst manche Bauern sind sich nicht zu blöde ihre Streuobstwiesen zu roden, weil sie Angst haben, diese könnten sonst zu Schutzgebieten für Vögel und Insekten erklärt werden. Aus denselben Motiven hat ein Bauer bei uns im Dorf einige Kraniche abgeschossen, die hier gebrütet haben. Er wollte die Vögel vergrämen, aus Furcht auf seinem Grund und Boden könnte ein Naturschutzgebiet eingerichtet werden.
Das Volksbegehren für mehr Insektenschutz hatte überragenden Erfolg. Fridays for Futur hat eine weltweite Massenprotestbewegung ausgelöst. Die Grünenpolitiker sind im Aufwind und die Konservativen haben Angst um ihre Machtposition und die damit verbundenen hochdotierten Pöstchen bei diversen Lobbyisten. Alle, die bisher durch fossile Energien reich geworden sind wissen, dass ihre Zeit abgelaufen ist. Aber auch andere, die es durch Naturzerstörung zu Wohlstand gebracht haben, z.B. Bayer/Monsanto , Nestlé, Coca Cola, Unilever oder auch die Baubranche fürchten schmerzhafte Einbußen. Da wird geschönt, gelogen, gehetzt, beeinflusst, erpresst usw. Bei Politik und Wirtschaft liegen die Nerven blank.
Wann immer man den Fernseher anschaltet, die Zeitung aufschlägt, sofern es nicht die Bild ist, oder man ins Internet geht, liest und hört man von neuen Wald und Naturzerstörungen, ob in Leipzig im Stadtteil Dösen oder im Leipziger Auwald. In Bayern explodiert die Flächenversiegelung geradezu - für neuen Wohnraum und Siedlungen der Luxusklasse. Hier eine neue Startbahn, dort ein neues Industriegebiet, da ein Einkaufscenter und hier noch diverse neue Parkplätze. Auch über neue Skipisten wird diskutiert
Außerdem treibt in ganz Europa die Holzmafia ihr Unwesen und betreibt legal oder illegal Kahlschlag in großem Stil, für unsere Billig-Wegwerf-Möbel. Derzeit ist es ganz schlimm in Rumänien. Es lichten sich die Hänge der Karpaten, mit allen bekannten, schlimmen Folgen.
Auch die wunderschöne Schaalseeregion bei Ratzeburg (FFH Gebiet, Grünes Band, Biosphärenreservat, Vogelschutzgebiet) ist betroffen. Aber der Bund Schaalseeregion hat sofort reagiert:
„Der BUND lehnt die Erschließung von Baugrundstücken durch Inanspruchnahme von Wald sowie Flächen in und an Schutzgebieten grundsätzlich ab. Stattdessen muss der Grundsatz gelten „Innenentwicklung vor Außenentwicklung“. In der Regel stehen damit genügend Bauflächen für die Wohnraumentwicklung im ländlichen Raum zur Verfügung, wenn Möglichkeiten wie Lückenschlüsse, Bauen in zweiter Reihe, Nutzung von Brachflächen u. ä. verfügbar sind.
In Deutschland werden aber zunehmend durch gut vernetzte und geschickt agierende Investoren unter Verstoß gegen Naturschutzbelange Baugebiete erschlossen, da sich diese Flächen mit besonders hoher Gewinnerwartung vermarkten lassen. Ermöglicht wird dies, da die zuständigen Behörden durch personelle Ausdünnung häufig nicht in der Lage sind, die Vorhaben mit der gebotenen Sorgfalt zu prüfen und meist seitens der Politik auch noch eine Beeinflussung erfolgt, das Projekt aus öffentlichem Interesse zu genehmigen. In seltenen Fällen gelingt es aufmerksamen Bürgerinnen und Bürgern, die anerkannten Naturschutzverbände über derartige Planungen zu informieren. Diese Verbände sind dann berechtigt, mit Verweis auf Verstoß gegen Naturschutzbelange Rechtsmittel einzulegen. „
Dies hat der Bund getan und zwar mit Erfolg.
„In ihren ersten Stellungnahmen lehnten die drei zuständigen Naturschutzbehörden diesen Planungsentwurf in deutlicher Form ab. Nach Intervention der obersten Behörde – dem Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt mit seinem Minister Dr. Backhaus, zu dessen Wahlkreis Zarrentin gehört – wurden jedoch nach und nach die Stellungnahmen in Zustimmungen umgewandelt. Das veranlasste die Stadt, entgegen der Einwendungen seitens der Naturschutzverbände die Satzung zu beschließen. Das Angebot des BUND, im konstruktiven Dialog eine für alle Seiten akzeptable Lösung zu finden, führte jedoch zu keiner Einigung. Der Hinweis des BUND, dass bei einer Missachtung der Naturschutzbelange nur noch der Klageweg bleibt, wurde jedoch ignoriert. Die Stadt war überzeugt, ein Gericht wird mit den Zustimmungen aller Behörden und der Genehmigung für die Rodung des Waldes die Rechtmäßigkeit der Planung bestätigen. Das Oberverwaltungsgericht entschied jedoch im Zuge eines Normenkontrollverfahrens zugunsten des BUND und setzte die Satzung außer Vollzug. Begründet wurde dies mit schwerwiegenden Planungsfehlern, indem Umwelt- und Naturbelange ungenügend oder überhaupt nicht berücksichtigt wurden.
Der BUND fand in den überarbeiteten und erneut ausgelegten Verträglichkeitsprüfungen keine Lösung für den seit Dezember 2018 gerichtlich gestoppten Bebauungsplan „Schaalseehof“ am Schaalsee in Zarrentin und sieht eine verpasste Chance für die Lösung des Konfliktes. Nach wie vor soll der 85 Meter breite Schutzwald gerodet und größtenteils überbaut werden. Eine viel zu kleine Gehölzpflanzung von 15 Metern Breite soll dann sicherheitshalber in ´naturnaher Park´ und ´Gehölzsaum´ umbenannt werden um die Konflikte mit dem gesetzlichen Waldabstand zu vermeiden. Die Stadt Zarrentin hätte nach dem Baustopp des Oberverwaltungsgerichtes eine Überarbeitung ohne Rodung des Schutzwaldes vorlegen sollen. Der BUND rechnet jetzt mit einer Fortsetzung der gerichtlichen Auseinandersetzung über den Bestand des Baustopps. Damit steht nicht nur die fragliche Bebauung des Schutzwaldes still, sondern der gesamte B-Plan. Der BUND ist aber nach wie vor bereit, einen Kompromiß zu verhandeln, wenn der Schutzwald erhalten bleibt."
Zu den am 18.12.2019 begonnenen Arbeiten im Bereich des B-Plan Nr. 19 der Stadt Zarrentin am Schaalsee gibt die Landesgeschäftsstelle Mecklenburg-Vorpommern des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e. V. eine Pressemitteilung heraus.
Den kompletten Artikel und die Pressemitteilung findet Ihr hier.
Rodungsarbeiten am Hangwald
Hier wird die Streuobstwiese zugunsten der Erschließung von Baugrundstücken zerstört
Man kann hier den Schutzwald sehen (Markierung), der als Ausgleichsfläche gepflanzt wurde. Der Investor und die Stadt planen jedoch (vorerst) nur einen Teil im östlichen Bereich zu roden. Dann entstünden sehr lukrative Grundstücke mit Seeblick. Die Stadt argumentiert mit "bezahlbarem Wohnraum für Zarrentiner". Diese Grundstücke kann sich der "normale" Zarrentiner aber gar nicht leisten. 9 Grundstücke sollen auf den Waldflächen aktuell entstehen. Wenn da nachher 25 Menschen wohnen, stellt sich die Frage, ob man für so wenig Menschen so viel Wald abholzen muss oder ob sich nicht andere Flächen finden lassen...
Eva Schmelzer (Mittwoch, 15 Januar 2020 17:24)
Wenn schon in den Amtsstuben angebliches Unwissen, Planungsfehler und – ja, auch Korruption an der Tagesordung sind, frage ich mich, warum nicht mal Förster auf die Barrikaden gehen, die doch vor Ort die Probleme der Zerstörung und ihre Folgen am besten erkennen müssten, jedoch werden Zerstörungspläne von ihnen oft noch unterstützt! Nein, es sind ausschließlich nichtstaatliche Umwelt- und Naturschutzorganisationen und bewusste Bürger. Und das in Deutschland. In süd- und osteuropäische Länder mag man gar nicht schauen, wo der Frevel an der Natur noch freiere Hand hat.