Quecksilber und andere Gifte in der Nahrungskette
Text: Gudrun Kaspareit
16. 08. 2014
Dieser Artikel wird Fisch und Meeresfrüchte Liebhaber nicht erfreuen. Immer mehr Quecksilber lagert sich, vor allem in Raubfischen an und vergiftet diese als Nahrungsmittel.
Schon vor Jahren machte in Japan die Minamata Krankheit von sich reden, als die Kinder in Kindergärten Wal und Delfinfleisch unwissentlich aßen. Wale und Delfine stehen am Ende der Nahrungskette, deshalb besitzen sie die höchste Konzentration an Umweltgiften in ihren Fettschichten und ihren Organen. Dasselbe gilt für Haie. Ebenso wie für andere langlebige Raubfische, wie Makrelen oder Thunfische.
Aber auch Muscheln, die ständig Wasser filtern und zudem gerne in Flussmündungen leben, wo Industrieabwässer eingeleitet werden, reichern viele Giftstoffe an und sind deshalb zum Verzehr eher ungeeignet.
Durch die Industrialisierung hat sich in den letzten Jahren der Quecksilbergehalt in den Meeren verdreifacht.
Anorganisches Quecksilber wird in giftiges Methyl-Quecksilber umgewandelt und reichert sich in Meerestieren an. Die Freisetzung von Quecksilber in die Umwelt hatte mit dem Bergbau und der Nutzung fossiler Brennstoffe erheblich zugenommen. Auch für die Produktion von Neonröhren, Energiesparlampen und Batterien hat die Quecksilberkonzentration zugenommen.. Ein Großteil des Eintrags in die Umwelt entsteht ebenfalls durch die Produktion von Wärme und Strom aus Kohle, Öl oder Gas sowie durch kleingewerblichen Goldbergbau.
Aber nicht nur Methyl-Quecksilber verseucht die Meere auch andere Gifte und Schwermetalle gelangen in den Nahrungskreislauf.
Mehr als 1000 Frachtschiffe werden Jahr für Jahr ausgemustert und verschrottet, die meisten davon auf den Stränden des indischen Subkontinents. Die Schiffe enthalten tonnenweise Giftstoffe, von Asbest und Blei über Schwermetalle und Betriebsstoffe bis zu Chemikalien wie PCB. All dies essen wir mit, wenn wir Fisch und Meeresfrüchte essen.
Schuld an den zunehmenden Verschrottungen ist die anhaltende Krise in der Schifffahrtbranche. Es ist billiger den Schrottwert zu bekommen, als die Schiffe fahrtüchtig zu halten.
Die deutsche Großrederei Hapag-Lloyd will künftig die Ozeanriesen nicht mehr auf dem freien Markt verkaufen, sondern umweltgerecht auf Verschrottungswerften entsorgen. Eine entsprechende Änderung der Firmenpolitik habe der Vorstand beschlossen, bestätigte ein Firmensprecher in Hamburg.
Damit wolle Hapag-Lloyd sicherstellen, dass die «Old Ladys» nach jahrzehntelanger Fahrt nicht unter überaus fragwürdigen Umwelt- und Sozialbedingungen an Stränden von Indien, Pakistan und Bangladesh enden. Das bedeutet für die Rederei Mindereinnahmen von rund zwei Millionen Dollar.
Ähnlich ist es in China, wo die Schiffe in staatlich beaufsichtigten Werfte zu einem Festpreis verschrottet werden.
Dies ist aber leider auch der Grund, weshalb andere Reeder nicht mitmachen. Sie fürchten zu hohe Verluste und berufen sich auf ein altes Gesetz, welches sie verpflichtet, die Schiffe zum größtmöglichen Preis zu verkaufen.
Hapag-Lloyd gehören die Frachter selber, die sie verkaufen. Kleinere Reedereien haben viele verschiedene Anteilseigner. Deshalb sind einheitliche Standards beim Schiffsrecycling gefordert, aber außer dem Kongo, Norwegen und Frankreich hat noch kein weiteres Land diese Vereinbarung ratifiziert. Die Staaten lassen sich Zeit damit, auch Deutschland.
Und so geht die Vergiftung der Meere fürs Erste weiter.
Eva Schmelzer (Montag, 01 September 2014 12:11)
Vielen Dank für diesen umfangreichen und sehr gut recherchierten Beitrag. Es sind erschreckende Abgründe, die sich da auftun. Vielleicht lehnt deshalb die große Mehrheit der Japaner inzwischen Walfleisch aus Angst ab? Aber es gibt viele Menschen, die gar keine andere Wahl haben als sich zum Großteil von Fisch und Meeresfrüchten zu ernähren. Doch es geht ja nicht nur um die Nutzung der Meere für den Menschen. Es ist ein unerträglicher Gedanke, dass wir das uns alle umgebende Element zu einer Kloake verkommen lassen.
Hinzufügen zu der Negativ-Liste möchte ich noch die boomenden Kreuzfahrten mit ihren alptraumhaften Umweltbilanzen für Luft und Wasser wegen des Schweröls. Machten 1990 noch 3,7 Millionen Menschen weltweit eine Kreuzfahrt, waren es 2012 19 Millionen. Laut NABU stößt ein Schiff so viele Schadstoffe aus wie fünf Millionen Pkw auf gleicher Strecke. Umweltfreundliche Abgastechniken sind zwar vorhanden, werden aber zum Großteil nicht verwendet. Zögerlich werden Verbesserungen vorgenommen.
Noch auf Jahre hinaus werden Schiffe mit Schweröl unterwegs sein, einem Abfallprodukt aus den Raffinerien, das auch zur Herstellung von Teer und Asphalt genutzt wird. Beim Verbrennen im Schiffsmotor werden Schwefel, Stickstoff und Kohlendioxid in solchen Mengen freigesetzt, wie sie an Land nie und nimmer erlaubt wären. Wollen wir hoffen, dass sich bis 2020 grundsätzlich etwas daran ändert, wie zugesagt.
Kurzer Nachtrag zu Hapag Lloyd und der umweltfreundlicheren Verschrottung: Der Konzern machte 2012 einen Umsatz von 6,85 Milliarden Dollar. Da sind wohl die 2 Millionen Mindereinnahmen zumutbar, um Menschenleben und Umwelt zu schützen. Das sind unter 0,005% des Umsatztes!!! Wahrlich kein allzu großes Opfer.