Der Schildkrötenstrand in Dalyan braucht Schutz
Proteste am Iztuzu Beach
Der 5 Kilometer lange Iztuzu Strand, auch Schildkrötenstrand genannt, liegt inmitten eines wunderschönen Naturschutzgebietes in Dalyan in der Türkei. In der naheliegenden Umgebung befindet sich die aus dem 4. Jahrhundert v. Chr. stammende antike Stadt Kaunos sowie deren berühmten Felsengräber und Ruinen aus der römischen Zeit. Das Dalyan-Delta ist ein wahres Naturjuwel. Dort beheimatet sind die auf der Roten Liste stehenden unechten Karettschildkröten (Caretta Caretta), der Lykische Salamander (Lyciasalamandra fazilae), zahlreiche andere Tierarten und über 180 verschiedene Vogelarten , darunter der Eisvogel, Kormoran, Pelikan und Adler.
Die unechte Karettschildkröte verbringt, wie alle Meeresschildkröten, ihr Leben im Meer. Lediglich zum Eierablegen kommen die Weibchen in den Sommermonaten von Juni bis Ende August nachts an feinsandige Strände. Da auch Touristen und Badegäste feinsandige Strände lieben, gibt es nicht mehr viele, an denen die Meeresschildkröten laichen können. 1988 sollte am Iztuzu Strand ein großes Club-Hotel entstehen, wogegen Natur- und Tierschützer aus aller Welt Sturm liefen. Das Bauvorhaben wurde gestoppt und die Gegend um Dalyan herum wurde zum Naturschutzgebiet erklärt. Über eine winzige Straße oder mit einem kleinen Boot durch das wogende Schilf des viele Kilometer langen Deltas gelangt man zu diesem Strand. Bis 18 Uhr dürfen Touristen und Gäste sich dort aufhalten, danach gehört der Strand den Schildkröten.
Leider gefährden die vielen Ausflugsboote das ökologische Gleichgewicht des Deltas und es kommt häufig zu Unfällen, bei denen Schildkröten von den Schiffschrauben verletzt werden. Um Touristen das Schildkrötenerlebnis zu garantieren, locken manche Veranstalter die Schildkröten mit ungesunder und schwer verdaulicher Nahrung an. Verletzte und kranke Tiere sowie beschädigte Nester kommen ins Schildkrötenrehabilitationszentrum „Dekamer“ und zu „Kaptan June“, der über 90 Jahre alten britischen Naturschützerin June Haimoff. Sie gründete eine Foundation (www.dalyanturtles.com) zur Rettung der Caretta Caretta. Nach Genesung oder erfolgreichem Schlüpfen werden die Tiere wieder ins Meer entlassen.
2014 wurde der Strand von der Privatfirma Dalcev gepachtet für kommerzielle Zwecke. Schwere Baumaschinen rückten an. 10 Tage lang versuchten Bevölkerung und Naturschützer der „Iztuzu Beach Rescue Platform“ (IKUP) mit Sitzblockaden und Camps die Baumaschinen aufzuhalten. Mit Erfolg. Es wurde ein zeitweiliges Gesetz erlassen: Bis auf Weiteres darf nicht gebaut werden und der Strand bleibt der Öffentlichkeit erhalten.
Am 30. November 2019 gab es erneuten Protest: Wieder wurde ein Antrag auf Baugenehmigung gestellt. Ein Professor und Mitglied der Dekamer in Verbindung mit der Privatfirma Dalcev möchte dort ein Schildkrötenhospital errichten samt Unterkünften für die Mitarbeiter. Die Empörung ist groß, dass ausgerechnet ein Professor mit schwerem Gerät dem naturgeschützten Strand zu Leibe rücken will. Nicht nur, dass dort viel Fläche verloren ginge, die für die Tiere und die Natur so wichtig sind, es ist auch ein Widerspruch in sich, den Schildkröten helfen zu wollen, ihnen aber gleichzeitig den Ort zur Eiablage zu nehmen. Die größte Sorge der Natur- und Tierschützer ist aber, dass wenn ein großes Bauvorhaben dieser Art genehmigt würde, weitere Anträge kämen und dieses Naturparadies Stück für Stück zerstört würde. Tierkliniken ja - aber nicht direkt am Strand mitten im Naturschutzgebiet! Murat Demirci, Sprecher der IKUP, kämpft seit Jahren für den Erhalt des Naturschutzgebietes und rief zur Demonstration auf.
Aus diesem Grund machte auch ich mich mit einem Freund auf zum Protest. Gemeinsam fuhren wir mit dem Mountainbike von Sarigerme nach Dalyan zum Iztuzu Strand. Sämtliche Biker (Radfahrer) der Umgebung kamen ebenfalls. Das Gelände erfordert hier gute Mountainbikes und ein gewisses Maß an Sportlichkeit und so war uns Bikern ein extra Dank seitens der Veranstalter sicher, der Natur zuliebe mit dem Rad gekommen zu sein. Vor Ort sammelten sich Radfahrer und Autofahrer, Türken, Briten und ein paar Deutsche. (Dalyan ist sehr beliebt bei Auswanderern und Rentnern). Allen gemein ist die Liebe zur Natur und diesem wertvollen Strand mit seinen schützenswerten Bewohnern. Die Jandarma kontrollierte die Ankommenden, es wurden Transparente, Schilder und Plakate mitgebracht und hochgehalten, verschiedene Sprecher verkündeten ihr Anliegen und klärten auf, Fotografen und ein Kameramann dokumentierten das Geschehen. Friedlich und doch sehr entschlossen zeigten die Bürger Gesicht. Seit über 30 Jahren ist die Natur den meisten Menschen hier wichtiger als wirtschaftliche Interessen und sie stehen Seite an Seite, wenn es darauf ankommt. Bravo!
Eine Fotostrecke vom Naturschutzgebiet Dalyan
Linksammlung:
https://www.dalyan-paradise.com/de/ueber-dalyan
https://data.michael-mueller-verlag.de/v12/d/de/leseproben/tuerkei_suedaegaeis_leseprobe_1.pdf
Mirjam (Mittwoch, 21 August 2024 12:09)
Das ist sehr beeindruckend und ich hoffe dass die Bevölkerung alles tut diese besondere Landschaft zu schützen!
Mir kam der Gedanke die Anzahl der Boote zu reduzieren indem man den Verkehr auf elektroboote oder solarboote begrenzt. Naturschutz und Sauberkeit sind auch im Bewusstsein der Türken gewachsen habe
ich den Eindruck.
Vielleicht wäre das ein weiterer Schritt?
Gudrun (Mittwoch, 21 August 2024 12:06)
Liebe Mirjam,
leider habe ich aus Versehen, deinen Kommentar gelöscht.
Im Flussdelta gibt es zwar Ausflugsboote, aber in der Bucht sind Boote jeglicher Art komplett verboten.
Liebe Grüße, Gudrun