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Unter dieser Rubrik möchte ich künftig Produkte vorstellen, die sich durch besondere Nachhaltigkeit auszeichnen.

Ressourcen schonen, die Natur entlasten, Chancengleichheit fördern, das alles kann die Menstruationstasse Ruby Cup

Ihr wollt endlich ernst machen mit dem nachhaltigen Lebensstiel? Kein Plastik mehr, keine Naturzerstörung? Dann gibt es hier neue Produkte, welche Ihr auf Eure Liste setzen könnt.

Tropical Freaks

Die Kaffee-TrinkerInnen entscheiden darüber, ob die 100.000 km² Kaffee-Anbaufläche ein naturnaher Lebensraum für Kolibris und viele andere Tiere ist -- oder Monokultur, die ohne Rücksicht auf die Umwelt billigen Kaffee produziert.

Kanwan

Professor Fritz Meißner

Text: Marion Hartmann

16.10.2017

"Der Sinn des Menschen ist der Mensch!"

Mit dieser Aussage von Rudolf Steiner, der wir in der heutigen, zerstörerischen Welt gern entgegen stehen, möchte ich über einen Mann schreiben, dem das Jenseits mit Sicherheit einen guten Platz beschert hat.

Damals, 1986, lebte meine Familie schon 6 Jahre in dem Haus, von dem man aus direkt auf das gegenüberliegende Haus schauen konnte. In Abständen sah man dort immer einen sehr großen, älteren Mann heraus kommen, von dem man absolut nichts wusste, außer, dass er mit seiner Frau in einer Dachwohnung lebte, welche einen wunderbar blühenden Balkon hatte. Aber da konnte man von unten nicht hinein schauen, man sah nur die Pflanzen darüber hängen.

Dieser hochgewachsene Mann in seinem schwarzen Mantel, der ihm bis an die Waden reichte, fiel auf.

Er fiel deswegen auf, weil er eine Angewohnheit hatte, die längst nicht mehr modern war.., er zog seinen Hut.

Wenn er auf Kinder oder Tiere traf, blieb er stehen, verbeugte sich leicht, zog seinen Hut und sprach ein nettes Wort.

 Allein wunderte man sich, dass er öfter einen schweren Koffer in Richtung Straßenbahnhaltestelle schleppte und man dachte sich: "Da hat er seine Frau nicht dabei und wird wohl schwerlich in den Urlaub fahren!"

Um wen es sich bei diesem Mann handelt, das hat wohl nur ein im gleichen Haus wohnender Hautarzt gewusst, welcher aber ein sehr unangenehmer Mensch war, um den man lieber einen großen Bogen machte.

Und doch, der Mensch ist von Natur aus neugierig und man wollte wissen, wer dieser Mann mit diesem außergewöhnlich edlen Verhalten war, aber das Namenschild an der Klingel seines Hauses wies nur ein Wort auf - "Meißner!" Ein ungewöhnlicher Mensch in einem gewöhnlichen Mietshaus ohne Fahrstuhl.

Wenn man ihn aus dem Fischladen kommen sah, wusste man schon, dass er anstatt die Straße bis zu seinem Haus geradlinig zu laufen, einen Abstecher macht über den daneben liegenden Platz mit seinen Rosenrabatten und man wusste, an den Rosen lag es nicht. Immer spielten dort Kinder und dort musste er hin, um dies und jenem Kind über den Kopf zu fahren oder ein Dreirad zu bewundern.

Eine unglaubliche Wärme ging von diesem Mann aus, der das Lächeln zu seinem Lebensprinzip erkoren hatte.

Es war mein Mann, der bei der Morgenzeitung am Frühstückstisch saß und mich rief:

"Schau mal! Hier ist ein zweiseitiger Artikel. Den Mann kennst Du doch, oder? Er wohnt gegenüber, stimmts?

Das haut mich jetzt direkt um. Eine internationale Kapazität auf dem Gebiet der Kinderchirurgie.., Direktor der Kinderklinik Leipzig

Und ich las das Interview zwischen dem Journalisten der Leipziger Volkszeitung und Prof. Fritz Meißner.

Journalist: "

"Prof. Meißner, Sie haben kein Auto. Könnten Sie sich in Ihrer Position nicht ein Fahrzeug leisten?"

"Wozu brauche ich ein Auto? Gibt es nicht Bus und Bahn?"

Journalist:

"Sie haben uns gestattet, Ihren Schrebergarten mit der windschiefen Laube zu veröffentlichen.

Haben Sie nie daran gedacht, Ihre Laube zu erneuern? Wäre nicht auch ein eigenes Grundstück besser?"

"Was soll ich denn mit einem eigenen Grundstück? Wissen Sie, so ein Schrebergarten hat einen großen Vorteil.., man ist unter Menschen. Mit wem sollte ich mich wohl über Gott und die Welt unterhalten auf einem eigenen Grundstück? Die Laube, ja, sie ist wahrlich stark gebeutelt von Zeit und Wetter, aber das Holz hält noch zusammen, nicht wahr? Und jetzt wollen Sie sicher noch fragen, ob ich zu Fuß in meinen Garten gehe.

Natürlich! Dieser Weg ist Entspannung für mich. Sie glauben doch wohl nicht, dass Menschen, die sich abschotten.., die nur in ihrem Wagen sitzen.., einen Dunst von der Welt haben?"

Journalist:

"Kratzt das nicht alles auch an Ihrer Fassade als internationale Kapazität?"

"Nein, ich verspüre die Ehre, nicht an meiner äußeren Fassade arbeiten zu müssen, mich nicht irgendwelchen Zwängen zu unterstellen. Ich habe mein Leben an Einfachheit ausgerichtet und es ist gut so!"

Als er Tage später wieder aus seinem Haus kam mit einem Einkaufsbeutel in der Hand, sah er nicht nur lächelnd auf meinen Hund, wie er es sonst tat, sondern sah mich an, sah mir direkt in die Augen, wohl wissend, dass ich sein Interview gelesen hatte und es war, als wollte er mir sagen:

"Die Welt sucht noch nach dem Menschen, nach der Menschwerdung sehnt sie sich. Aber auf die Menschwerdung muss man nicht warten, wenn man selber nicht in der Lage ist, dies vorzuleben!"

Und einmal, als er wieder kofferschleppend Richtung Straßenbahn ging, wagte ich mich zu fragen, ob er nicht wüsste, warum der in seinem Haus lebende Hautarzt so verknatzt ist.

"Ach wissen Sie, das hat zwei Gründe! Zum Einen hat dieser Mensch den ganzen Tag auch zu tun mit Geschlechtskrankheiten und wenn er dann nach Hause kommt, steht er unter dem Pantoffel seiner Frau!"

 

Hier ein Porträt des großen Mannes:

 

http://research.uni-leipzig.de/agintern/uni600/ug276.htm

 

Bleibt noch zu sagen.., die Suche nach einer besseren Welt beginnt immer bei sich selbst.

Im Angedenken an Prof, Fritz Meißner ein Gedicht von Manfred Kyber (Anthroposoph, Kinderbuchautor, Dichter und Tierschützer):

 

Die Toten

Die Toten starben nicht. Es starb ihr Kleid.

Ihr Leib zerfiel, es lebt ihr Geist und Wille.

Vereinigt sind sie dir zu jeder Zeit,

in deiner Seele tiefer Tempelstille.

In dir und ihnen ruht ein einig Reich,

wo Tod und Leben Wechselworte tauschen.

In ihm kannst du , dem eignen Denken gleich,

den stillen Stimmen deiner Toten lauschen.

Und reden kannst du, wie du einst getan,

zu deinen Toten lautlos deine Worte.

 Unwandelbar ist unsres Geistes Bahn

und ewig offen steht des Todes Pforte.

Schlagt Brücken in euch zu der Toten Land,

die Toten baun mit euch am Bau der Erde.

Geht wissend mit den Toten Hand in Hand,

auf dass die ganze Welt vergeistigt werde.

 

Aus: Genius Astri. Dreiunddreißig Dichtungen. Berlin 1918.

Verlag Vita Deutsches Verlagshaus, Seite 48 der Erstausgabe

Kommentare: 2
  • #2

    Erika (Freitag, 03 November 2017 17:19)

    Prof Fritz Meissner.
    Eure Familie kannte ihn als Nachbarn aus dem Dachgeschoss gegenueber, mit herrlich bluehendem Balkon. Ihr saht ihn, hut-ziehend, Tiere und Kinder begruessend, ein immer lebens-bejahender Mann. Ihr wusstet nur, er hiess Meissner. Dein Mann entdeckte in der Zeitun einen Artikel mit Interview ueber ihn, er war der Direktor der seltenen Leipziger Kinderklinik .Sein ganzer Lebensstil war Einfachheit: Bahn und Bus benutzen und Zu Fuss-Gehen. Einen Schrebergarten mit verfallener Laube hatte er und, den Dir griessgraemig vorkommenden Hautarzt verteidigte er, als Du ihn darauf ansprachst, weil er staendig nur Geschlechtskranke operieren musste.
    Fuer Dich war er danach Prof. Meissner, die international geehrte Kapazitaet in Kinderchirurgie.
    Sehr passend brachtest Du ein Gedicht von Manfred Kyber, ueber das fortbestehende Verhaeltnis zwischen Lebenden und Toten, dass ihre Ideen , ihr Geist in den Lebenden fortbesteht und, dass man nie die Wege ins Totenreich sperren sollte. Das, was die Toten erreichten, sollte weitergegeben werden und zu bessererm Verstaendnis und hoeherer Geistigkeit fuehren.
    Es gibt in Deutschland nur zwei totale Kindermedizin Zentren in Leipzig und Muenchen. Prof. Meissner starb 2004 mit 83 Jahren. Dein Artikel gibt den Mut zurueck, es koennte besser werden.

  • #1

    Eva Schmelzer (Freitag, 03 November 2017 15:25)

    Das ist wieder einmal eine faszinierende Geschichte, die aber überhaupt nur niedergeschrieben werden kann von einem außergewöhnlich guten Beobachter, so wie Marion einer ist. Während des Lesens ist mir dieser wunderbare Mensch sehr nahe gewesen, drückte er doch seine Einstellung zu den Dingen so aus, wie ich sie so gut verstehe, sie auch sehe. Aber erst diese Geschichte hat mir das so recht zu Bewusstsein gebracht. Unterschwellig, vielleicht unbewusst, ist es da, kommt aber so gebündelt erst duch das Lesen ins Bewusstsein hoch. Gefallen hat mir auch die Aussage, dass er es als “Ehre” ansieht, nicht an seiner äußeren Fassade arbeiten zu müssen. Das Leben an Einfachheit auszurichten ist tatsächlich befreiend, wenn man die Größe dazu hat. Viele müssen es zwangsläufig tun, aber es belastet sie, dabei sollten sie sich frei fühlen. “Freiheit” ist ein anderes Wort für nichts zu haben, was man verlieren kann. Wer die Grundbedürfnisse hat um leben zu können, braucht sich um anderes keine Gedanken zu machen, was wohltuend ist, weil es nach oben keine Grenzen gibt, nur das “immer mehr, immer größer” belastet. Aber: “Der Sinn des Lebens ist der Mensch”, wie Steiner bemerkt, und nicht seine Besitztümer. Und was Fritz Meißner zum “zu Fuß gehen” sagt, deckt sich mit Goethes Ausspruch: “Nur wo Du zu Fuß warst, bist Du auch wirklich gewesen”. Es geht eine große Wärme von ihm aus, sogar über das Geschrieben empfindet man sie... Vielen Dank, liebe Marion, für das Vorstellen dieses Menschen.
    Das Kyber-Gedicht “Die Toten” ist eines von denen, die einen den Tod als etwas Gutes sehen lassen, es zeigt auf, dass Tod und Leben zueinander gehören.