Die Buschrosen
Text: Marion Hartmann
Fotos: Marion Hartmann
23.05.2020
Es waren einmal zwei Buschrosensträucher und der eine trug weiße Blüten, der andere rote.
Eigentlich waren es sehr schweigsame Büsche, weil sie sich zu kümmern hatten um ihr eigenes Wohlergehen, der Insekten zuliebe, welche sie jedes Jahr zuhauf erwarteten.
Und doch, irgendwann kamen sie darauf, dass sie sich beide etwas zu sagen hatten.
So begann der Rosenbusch mit den roten Blüten zu reden:
"Gestern trug mir eine große Hummel zu, dass wir, die Buschrosen, verschwinden werden von der Erde.
Immer weniger werden wir im Bestand. Der Mensch wird uns ausrotten! Was meinst Du dazu?"
Die weiße Buschrose erschrak und ihre Blüten verloren für den Moment sofort an Farbe, so dass sie grau aussahen und fast wie beim Welkprozess in sich zusammen fielen. Und das nahmen auch die anfliegenden Insekten wahr und umflogen diesen Busch in der Annahme, diese Buschrose sei krank.
Tatsächlich stand die Weißblühende unter Schock, so dass es war wie bei den Menschen, wenn diesen die Farbe aus dem Gesicht weicht bei einer schlimmen Nachricht. Sofort hatte sie an Lebenskraft verloren, während die roten Rosen an Farbe gewannen und noch röter wurden als zuvor.
Einzig in jenem Augenblick setzte sich eine kleine Fliege auf den zu Tode erschrockenen Busch und flüsterte:
"Du musst deine Sinne verschlossen halten vor deinem Nachbarn, denn er wird nie wieder aufhören, in solcher Art zu sprechen. Siehe, er glaubt ja selbst nicht, was er da spricht, denn die ihm volle Kraft weicht ihm nicht und er wird sich im Gegenteil noch laben an deinem Eingehen durch die Angst und Panik, welche er vermittelt.
Und wer weiß, ob ihm die vermeintliche Hummel ihm das so zugetragen hat. Es wird wohl eher sein, dass er sich das ausgedacht hat, um wichtig zu scheinen, obwohl dieser Wesenszug wohl sonst nur dem Menschen zu eigen ist."
Dem Ganzen hatte nun ein kleiner Kohlweißling gelauscht, welcher sich auf eine Ackersenfpflanze gesetzt hatte und mit dieser im leichten Wind schaukelte. Eilig flog er hinzu und ließ sich neben der kleinen Fliege nieder. "Wenn ich mich vielleicht einmischen darf? Die Welt der Schmetterlinge ist bedroht, das ist wahr.
Und es liegt am Menschen, dies wieder auszubügeln. Aber es sind nicht jene, welche unentwegt vom Verschwinden der Schmetterlinge reden und in einem Lauffeuer um die Welt schicken, zudem andere motivieren, gleiches zu tun, und das immer und immer wieder in gleicher Art.
Und es ist in große Mode gekommen, mit destruktiven Nachrichten zu punkten. anstatt auf die Idee zu kommen, dass nicht das Negative, sondern das Positive die höchsten Erfolge erzielt. Die Menschen sollten erzählen von der Schönheit der Natur, sollten beginnen, die Natur mit liebenden Augen zu betrachten und das Geschaute weitergeben. Dann wird man sehen, dass es ist, als würde man Samen streuen, welche in dieser oder jenen Seele aufgehen werden. Freilich, Samen auch bei negativer Beeinflussung.., Angst, Panik, Depressionen. Ein depressiver Mensch wird nicht mehr viel tun können, außer, sich in Behandlung zu geben."
Nun aber wurde die rote Buschrose noch röter und es war die Schamesröte. Sofort begann sie, die weiße Buschrose aufzurichten, so dass diese ihre Kraft zurück gewann und ihre Farbe.
Und nun flogen auch wieder vielerlei Gäste hinzu, so dass es summte und brummte.
Der Kohlweißling sprach: "Ich fliege nun weiter. gehabt euch wohl. In der Lebensfreude liegt alle Kraft und allein sie ist der Gegenpart zu allem schlechten Geschehen in der Welt. Wahrlich, ich würde selbst am Boden bleiben, meine Flügel würden versagen, wenn mir jede einzelne Pflanze erzählen würde, dass sie bald ausstirbt."