Mahnung an Tschernobyl und Fukushima
Tschernobyl im Frühling 1986
Es ist Frühling. Es ist so schön, wie es im Frühling nur sein kann. Ich bin im Garten. Meine Kinder, spielen im Gras und versuchen die Hühner zu fangen. Diese
bleiben aber unbeeindruckt, flüchten nur kurz, um dann wieder zu scharren und zu picken. Der liebe, kleine Alexandros ist 2 Jahre alt und seine „große“ Schwester Yasmina, mein süßes Mädchen, ist
3. Zufrieden schaue ich umher.
Der Apfelbaum hat viele winzig kleine Früchte angesetzt, die Erdbeeren beginnen zu blühen. Der Porree und der Kohlrabi haben sich gut entwickelt. Die Bohnen
sind aufgelaufen. Eine erste Rose räkelt sich der Sonne entgegen. Überall sprießt Akelei – Feenkraut.
Ich schiele zu dem Kraftwerk in der Nachbarschaft nebenan. Manchmal macht es mir Angst. Manch mal glaube ich, der weiße Wasserdampf, der in den Himmel aufsteigt,
zeichnet einen Totenschädel in den Himmel. Aber dann schaue ich ein zweites Mal und es ist nur weißer Dampf.
Ich habe in der Küche zu tun, als ich später mit einer Tasse Kaffee wieder in den Garten komme, um mich in die Sonne zu setzen, zerreißt eine Explosion die Luft und
es ertönt eine schrille Sirene. Sie kreischt hässlich und zerschneidet den schönen Tag. Sie kommt vom Kraftwerk und sticht mir in die Brust. Ein Notfall im Kraftwerk? Ein NOTFALL IM
ATOMKRAFTWERK??? Mein Herz bleibt stehen, mein Blut gerinnt, meine Gedanken erstarren zu Eis. Eine stählerne Faust hält meinen Brustkorb umklammert.
Ich halte den Atem an, der Schrei bleibt in der Kehle stecken 1- 2- 3- 4 Gedanken an Hiroshima drängen in meinen Kopf 5-6-7- dort sind nach der Atomexplosion
Menschen einfach verdampft, die Druckwelle hat in der Stadt keinen Stein auf dem anderen gelassen und die Feuerwalze war verheerend 8-9-10- nichts dergleichen passiert. Die Hühner scharren immer
noch unbeirrt im Sand. Der Atem setzt wieder ein. Wohl doch nichts Schlimmes!? Alles ist wie zuvor. Der stockende Herzschlag springt wieder an, aber jetzt jagt und pocht er, als wolle er den
Brustkorb sprengen. Und der warme Sonnenschein hinterlässt eine Gänsehaut. Vorsichtshalber nehme ich die Kinder und verschwinde im Haus.
Konstantin, mein Mann, er arbeitet im Kraftwerk, hat mir gesagt, sollte es mal einen Notfall geben, müssten wir uns gründlich waschen und duschen, um das Gift
abzuspülen. Ich weiß nicht, ob es einen schlimmen Notfall gab, aber vorsichtshalber wasche ich die Kinder und mich und ich ziehe uns frische Kleidung an. Dann warte ich ab. Drinnen ist es ganz
still. Aber draußen höre ich Sirenen, Hubschrauber fliegen über das Dorf und Militärfahrzeuge rasen die Straße entlang. Was ist bloß los? Bald wird Konstantin nach Hause kommen, der wird es
wissen.
Am nächsten Morgen ist Konstantin schon wieder weg. Oder war er gar nicht da? Mein Herz weiß, was der Verstand mir verweigert. Es ist seltsam still draußen? Der Hahn
hat nicht gekräht. Und man hört auch keine Vögel singen. Ich schaue aus dem Fenster. Das Gras ist braun und verdorrt. Ich bin verwirrt, ich habe Angst. Wir bleiben im Haus. Das Radio ist tot, es
gibt keine Nachrichten. Ein Telefon haben wir nicht. Ich blicke nach dem Kraftwerk. Diesmal sehe ich wirklich einen Totenschädel aus schwarzem Rauch am Himmel. Schwarzer Rauch??? Es
brennt??? EIN BRAND IM ATOMKRAFTWERK??? Mir wird übel, ich muss mich erbrechen – aber das ist doch nur die Angst – oder?
Ein paar Tage später, Konstantin ist immer noch nicht nach Hause gekommen, ist unsere Vorratskammer leer. Ich muss in den Garten und etwas Gemüse holen. Ich nehme
einen Korb und laufe schnell los. Aber dann bleibe ich stehen und der Korb entgleitet meinen Händen. Nicht nur der Rasen ist verdorrt, sonder auch das Gemüse. Alle Blätter sind von den Bäumen
gefallen und die erste Rose, hat ihre braunen Blütenblätter abgeworfen. Auf dem Boden liegen einige tote Vögel und unter dem Apfelbaum sind zwei tote Mäuse. Vollkommen niedergeschlagen
wanke ich wieder ins Haus. Ich hole das letzte Mehl aus der Vorratskammer und backe drei Brote, danach haben wir nichts mehr zu essen.
Am nächsten Morgen merke ich beim Kämmen, dass fast die Hälfte meiner Haare in der Bürste hängen bleibt. Ein heißer Schreck durchfährt mich. So viele Haare? Und
Zahnfleischbluten habe ich auch. Und genau wie die Kinder, einen hässlichen Sonnenbrand im Gesicht. Ich schaue nach den Kindern. Yasmina ist seit gestern schlapp und apathisch, auch jetzt schläft
sie. Alexandros ebenfalls. Ich streichle seine zarte Wange. Sie ist eiskalt. Ich reiße dem Kleinen die Decke fort. Das ganze Kind ist kalt - und steif. Alexandros?? Ich schüttle ihn,
ich reiße ihn in meinen Arm, ich wiege und herze ihn. Es nützt nichts. Er lebt nicht mehr. Er ist heimlich in der Nacht gestorben. Der Schrei, der mir bei dem ersten Sierenenton in der Kehle
geronnen war, drang jetzt nach außen, hässlich und schrill und wollte und wollte nicht mehr aufhören.
Tschernobyl 2. Kapitel
Konstantin kam nie mehr nach Hause. Er war in der ersten Stunde nach dem Unglück im Reaktor verstrahlt worden. Aber in diesem Falle war das sicher besser so, denn so
blieb es ihm erspart, seine Frau und seine beiden Kinder tot in ihren Betten vorzufinden.
Die Hühner lagen tot im Stall, die Spatzen waren tot vom Dach gefallen und die alte Katze hatte sich zum Sterben unter die Hecke verkrochen. Der Apfelbaum würde nie
wieder Früchte tragen.
Im engeren Umkreis des Reaktors war alles still, totenstill. Sperrzone. Unheimlich, und für immer verloren. Kein Vogel sang, keine Maus raschelte, nur die
Sonne schien strahlend schön, als wäre nichts geschehen.
Aber es gab einen weiteren Kreis um Tschernobyl, ca. 30 km, Pripyat. Dort hatten die Menschen mehr Glück gehabt. Sie waren geflohen und evakuiert worden. Nun lebten
sie in behelfsmäßigen Unterkünften in Schulen und Turnhallen und warteten auf Hilfe, Informationen und Medizin. Auch Pripyat gehörte nun zur Sperrzone. Niemand konnte zurück.
Elena kam von einem Besuch bei ihrer Tante wieder. Sie wunderte sich, was geschehen war. In den Nachrichten hatte sie nichts gehört. Jetzt war sie schockiert über
die Zustände. Der Atommeiler war explodiert? Oh nein! Und wo war ihre Familie? Niemand konnte ihr Auskunft geben. Sie erwartete doch ein Baby, sie war im 2. Monat schwanger und wollte die frohe
Kunde ihrem Mann und ihrer Mutter mitteilen, aber sie konnte sie nicht finden. Doch dann fügte sie sich in ihr Schicksal und sagte sich, irgendwann werden sich die Zustände
normalisieren, dann dürften sie zurück nach Pripyat, nach Hause, dann würde auch ihr Mann wiederkommen und alles würde gut werden.
Derweil aber sah sie um sich herum nur Elend, Not und Tod. Die Menschen litten an der Strahlenkrankheit, sie verloren ihre Haare, ihre Zähne. Sie spuckten Blut und
bekamen Hautgeschwüre. Sie waren schlapp und müde. Sie mussten sich ständig erbrechen. Sie bekamen Infektionskrankheiten und eiternde Geschwüre wegen der Immunschwäche. Sie starben. Und
jene, die nicht starben und schon dachten sie hätten es geschafft, erkrankten an Krebs und Leukämie.
Die Regierung hatte zwar die Mittel, einen Atommeiler zu betreiben, aber brachte nicht die Mittel auf, die leidende Bevölkerung adäquat zu versorgen, zu informieren
und ausreichende medizinische Hilfe zu leisten.
Elena sah all das Leid um sich herum und schwankte zwischen trostloser Verzweiflung und der Freude ein Baby zu bekommen. Weil sie aber ein sonniges Gemüt hatte,
obsiegten stets die guten Gedanken. Sie hatte ja so ein Glück gehabt! Sie war zum Zeitpunkt der Katastrophe weg gewesen. Sie und ihr Baby waren verschont geblieben. Sie waren davon gekommen. Sie
würde der Welt ein gesundes Kind schenken, einen Neuanfang. Sie war gesegnet.
Sie klammerte sich an diese Gedanken und an ihren anschwellenden Bauch.
Die Menschen in den Behelfslagern litten Mangel. Es gab nicht ausreichend Wasser, Nahrung, Medizin. Deshalb waren da nicht wenige, die sich auf machten und trotz
Verbot in das verseuchte Pripyat zurück gingen. Dort hatten sie wenigstens ihre eigenen Wohnungen. Keiner kannte die genaue Todesrate der Rückkehrer. Auch Elena spielte mit dem Gedanken,
ihre Familie zu suchen, aber dann sagte sie sich, sie wolle hier, in der relativen Sicherheit des Lagers die Geburt abwarten, dann könne sie immer noch gehen.
Dieser Gedanke hielt sie aufrecht, es machte sie froh, tagzuträumen, dass sie ihren Mann wiederfand, ihm ihr entzückendes Kind präsentierte und sie dann
glücklich lebten, bis an ihr seliges Ende – nur manchmal griff eine eisige Hand nach ihrem Herzen und drückte unbarmherzig zu. Aber trotzig verscheuchte sie alle bösen Gedanken. Sie war nicht da
gewesen, als die Katastrophe passierte, sie und ihr Kind hatten Glück gehabt.
Dann kam der Tag der Geburt. Sie lag in den Wehen, schwitzte, mühte sich, schrie. Etliche Frauen standen ihr bei und leisteten Geburtshilfe. Eine letzte starke
Presswehe und sie spürte, wie das Kind aus ihr heraus glitt. In Erwartung des ersten Schreis, huschte ein Lächeln über ihr Gesicht. Dann stutzte sie, die Frauen, die ihr geholfen
hatten schauten stumm und ernst auf sie und das Kind hinab.
Eine grässliche Furcht erfasste Elenas Herz. War das Kind etwa tot? Warum schrie es nicht?
„Gebt mir mein Kind“, sagte sie matt. Die Frauen legten ihr das Baby in den Arm und wandten sich stumm ab. Das Kind lebte. Es fiepte leise, aber es war bläulich
verfärbt. Elena schaute auf ihr Kind und die Welt blieb in diesem Moment stehen. Das Baby hatte keine Beine und keine Augen und einen grotesk verformten Turmschädel.
Tschernobyl 3
Es war Frühling und er war so schön, wie Frühling nur sein konnte. Ich saß im Garten mit einer Tasse Kaffee, döste in der Sonne und schaute meinen Kindern beim
Spielen zu. Sie krabbelten über den Rasen und versuchten die Hühner zu fangen, die zufrieden und unbeeindruckt weiter scharrten.
Yasmin war drei Jahre alt und Alexander zwei. Er saß in der Sandkiste und aß gerade eine Handvoll Sand als im Transistorradio, das im Küchenfenster plärrte, die
Nachrichten kamen. „Atomunfall in Russland.“ Ich horchte auf und ich hatte das absurdes Gefühl eines Déjà-vu.
Vom GAU war die Rede, im Radio und einer atomaren Wolke, die auch über Europa zog. Tschernobyl war der Ort des Schreckens. Plötzlich war mir kalt, ich schimpfte mit
Alexander und veranlasste ihn, den Sand auszuspucken. Dann schnappte ich mir die Kinder und verzog mich nach drinnen. Der schöne Frühlingstag war verdorben.
Ich machte den Fernseher an begierig auf Informationen, immer noch hoffend, alles sei nur halb so schlimm und ich hätte mich verhört. Aber leider war das
Gegenteil der Fall. Es hatte einen atomaren GAU gegeben, (Größter anzunehmender Unfall) DAS Horrorszenario, welches alle AKW Gegner, zu denen auch ich gehörte, zur drastischen Veranschaulichung
immer heraufbeschworen hatten.
Das Unglück war schon vor 4 Tagen passiert, aber die Russen hatten nicht die Welt und nicht mal das eigene Volk gewarnt. Erst ausländischen Messstationen waren die
erhöhte Strahlenwerte aufgefallen. Man hatte die Wetterkarte der letzten Tage studiert und hatte dann berechnet, dass die Strahlung von Tschernobyl aus gehen musste. Erst da konnte die russische
Regierung den GAU nicht länger vertuschen.
Die Wolke ist über ganz Europa hinweg gezogen und war dann abgeregnet. Einige hundert Nachtigallen waren durch die Wolke geflogen und sind in Schweden tot vom Himmel
gefallen. Allenthalben wurde vor dem Genuss von Pilzen, Beeren und Wild gewarnt. Kinder sollten nicht im Sand spielen, vor allem nicht nach Regenwetter, weil dann der giftige Fallout abregnen
würde.
Gemüse aus dem Garten sollte nicht geerntet werden. Felderträge wurden untergepflügt. Das Vieh musste, trotz Frühling wieder in die Ställe. Milcherzeugnisse und
Gemüse wurden nur gekauft, wenn sie vor dem magischen Datum in die Regale der Supermärkte gelangt waren. Es begann ein Run auf Tiefkühlware und Konserven, frisches Gemüse war unverkäuflich. Ein
ganzer Güterzug mit belastetem Milchpulver fuhr hin und her, niemand wollte ihn haben, keiner wusste was zu tun war. Er kurvte durch halb Europa und wurde schließlich als Sondermüll
entsorgt.
Man hörte von radioaktivem Jod, Cäsium 137 und Plutonium. Die Leute wollten bei Regen nicht mehr raus gehen, und wenn es doch sein musste, spritzten sie anschließend
die Gummistiefel mit dem Gartenschlauch ab.
Europa befand sich im Schock. Aber hatten die Menschen daraus gelernt? Wurden alle AKWs abgeschaltet? Selbst heute, 25 Jahre danach und 3000 KM weit weg, gibt es
Gebiete in Bayern, wo es nach wie vor nicht ratsam ist Pilze und Wild zu essen, da die Strahlenbelastung immer noch zu hoch ist.
Mein Sohn Alexander ist im Übrigen 2 Jahre später an Krebs erkrankt.
Tschernobyl 4
Einige Zeit nach der Reaktorkatastrophe wollte ein Fernsehsender wissen, wie es mit der Sicherheit in deutschen Atomkraftwerken aussieht und der Notfallversorgung
der Bevölkerung im Falle eines atomaren Unfalls.
Als erstes besuchten sie ein Atomkraftwerk. Sie ließen sich alles zeigen und erklären und fragten nach, ob auch jeder die Notabschaltung beherrsche. Eifriges Nicken
und vorgefertigte Antworten waren die Reaktion. Alles sei bestens, man übe regelmäßig, man sei geschult und vorbereitet.
„Und wenn es brennt?“ „Ja auch das übe man, zusammen mit der Feuerwehr.“ „Und die Bevölkerung wird sofort umfassend aufgeklärt?!“ „Äh ja, also das ist Ermessensfrage
der Pressestelle, es solle ja keine Panik entstehen.“ „Und wie viele Störfälle gab es denn schon?“ „Keine! Jedenfalls keine mit Relevanz!“ „Wer entscheidet, was relevant ist?“ „Hm ehm, der
Betreiber.“ „Und es gab noch nie Austritt von Strahlung?“ „Nein, nie!“ „Wir fragen nur, wegen der hohen Leukämierate im Umfeld.“ „Da besteht keinerlei Zusammenhang!“ „Die Studien sind also
falsch?“ „Ja vollkommen falsch, Gegenstudien beweisen das ja auch.“
Als nächstes gingen die Reporter in eine nahegelegene Schule. Sie fragten dort den Rektor und die Lehrer, wie im Falle eines Atomalarms zu verfahren sei, hier in
unmittelbarer Nachbarschaft eines AKWs. Die Lehrer kratzten sich am Kinn und der Rektor transpirierte leicht. „Die Schule wird ganz geordnet evakuiert, so wie wir das bei einem Feueralarm geübt
haben.“ „Aber bei einem Atomalarm tritt Strahlung aus, da darf man nicht nach draußen.“ „Äh ja stimmt, dann sammeln wir uns in der Turnhalle und warten auf Instruktionen.“ „Von wem kommen die
Instruktionen?“ Hilfloser Blick, Schulterzucken. „Von der Regierung?“ „Haben Sie denn genug Materialien für eine Notversorgung der Schüler, Decken, Trinken, Medikamente?“ „Ehm nein,
noch nicht, das müssen wir wohl noch mal kommunizieren.“ „Aber sie haben einen ausreichenden Vorrat an Jodtabletten. Sie wissen ja wie anfällig Kinder gegen radioaktives Jod sind, wie schnell sie
Schilddrüsen Krebs bekommen.“ „Nein, wir haben keine Jodtabletten, die werden im Notfall vom Gesundheitsamt ausgegeben.“
Das Fernsehteam marschierte sodann zum Gesundheitsamt und befragte dort die Verantwortlichen.“Hier im direkten Umkreis des AKWs wohnen ca. 45000 Menschen, wie sind
Sie denn auf einen Atomunfall vorbereitet?“ - Schweigen. „Sie haben doch sicher ausreichend Jodtabletten eingelagert, dürfen wir die mal sehen?“ „Ja so viele haben wir nicht vorrätig, die müssten
dann erst bestellt werden.“ „Und wie sieht es mit Evakuierungsplänen aus? Notversorgung? Auffanglagern?“ „Tja, da existieren keine Pläne, ehrlich gesagt. Niemand rechnet mit einem solchen
Unfall.“
Alsdann wollten die Fernsehreporter den Bürgermeister befragen, aber da wurden sie abgewimmelt.
Auch die Feuerwehr wurde interviewt. Diese hielt regelmäßig Übungen ab, allerdings besaß sie nicht genügend Strahlenschutzanzüge. Aber das sei egal, erklärte der
Einsatzleiter. Im Falle einer Kernschmelze könne man eh nichts mehr machen.
Das Resümee dieser Reportage fiel düster aus. Weder die Bevölkerung, noch die offiziellen Stellen waren auch nur im Ansatz ausreichend auf den Katastrophenfall
vorbereitet. Im Falle eines Falles gab es keinen Schutz und keine adäquate Hilfe. Aber das war nur konsequent, denn die Folgen eines Atomunfalls waren auf Jahrtausende irreparabel.
Letztes Kapitel
Und wieder ist es Frühling – strahlend schön! Und wieder kommt das Unglück unverhofft und trifft wie ein unvermittelter Faustschlag.
Eigentlich wollte ich als Mahnung an das Unglück von Tschernobyl über einen fiktiven GAU in Europa schreiben, aber dann hat die Realität die Menschheit auf
grauenvolle Art eingeholt.
Japan – Fukushima.
Erst eine Naturkatastrophe, dann Stromausfall und darauf der super GAU, wie damals in Russland, nur größer und wie in Zeitlupe. - 25 Jahre danach.
Ein schweres Erdbeben in Japan und eine enorme Flutwelle spülen ganze Dörfer weg und zerstören die Infrastruktur. Das Atomkraftwerk Fukushima ist stark beschädigt.
Der Strom und damit die Kühlung fällt aus. In 4 Kraftwerksblöcken kommt es zur Kernschmelze. (In Tschernobyl war es nur ein Block) Durch diverse Wasserstoff-Explosionen kommt es zum Austritt
radioaktiven Materials.
37 Millionen Menschen in der Region können nicht vernünftig evakuiert werden. Das ist logistisch nicht machbar. Deshalb behauptet man eine Schutzzone von 30 KM sei
ausreichend.
Die AKW Betreiberfirma und die japanische Regierung gebärden sich in der Folgezeit vollkommen plan u. hilflos.
Japan, ein hoch entwickeltes und reiches Industrieland, wie Deutschland, hat für die Opfer der Flutkatastrophe weder genug zu Essen, noch ausreichend Trinkwasser
oder genügend Decken.
Und für die heldenhaften Arbeiter in den havarierten AKWs, die verzweifelt gegen den GAU ankämpfen, gibt es nicht genügend Schutzanzüge, keine ordentlichen Stiefel
oder wenigstens genug Dosimeter. Immer wieder treten Explosionen auf. Die Umgebung ist radioaktiv verseucht, die Luft, das Oberflächenwasser, das Grundwasser. Die Messwerte im Meerwasser sind
zig1000fach erhöht.
Man lässt verstrahltes Wasser ins Meer ablaufen, um Platz zu schaffen für noch mehr verstrahltes Wasser. (???) Um austretende Radioaktivität einzudämmen, überlegt
man den Reaktor mit einer Plastikplane abzudecken. (???) Mit Plastikplane gegen den atomaren SuperGAU! Nichts dokumentiert die Hilflosigkeit der Verantwortlichen besser.