Der Rotrückenwürger
Text und Scherenschnitte: Erika Bulow Osborne
25.08.2017
Rotrückiger Würger, Redbacked Shrike, Lanius collurio
Nicht nur das Eichhörnchen sorgt für Vorräte, da Nahrung knapp werden kann, auch der Rotrückige Würger macht es so und zwar in einigem Abstand zu seinem Nest. Schnell erreichbar für das Weibchen ist diese Speisekammer, wenn sie ihre geschlüpften Nestlinge nicht lange allein lassen möchte. Sollte das Wetter nicht so günstig sein für langes Jagen nach Großinsekten, haben die Vögel eine gefüllte Speisekammer an aufgespießten Insekten. Benutzt wird Stacheldraht, Astgabel, Dornen, Stacheln, alles was sich dafür eignet, Vorräte aufzuspießen. Es ist das Männchen, welches Vorräte sammelt: wie Hummel, Biene, Wespe, Schmetterling, Raupe, Imago, Larve, kleine Nestlinge, Maus, Eidechse aber auch Früchte wie Vogelbeere, Himbeere, Holunderbeere, Heckenkirsche, was immer in der Umgebung lebt oder wächst. Entfernt wird alles Unverdauliche, hier erklärt sich der Name „Würger“ denn Speiballen werden hervorgewürgt. Fühler, Flügel, Beine von Insekten werden entfernt, Stachel abgetrennt. Große Beute wird in kleinere Stücke geteilt. Das Männchen lauert, pirscht sich heran und fängt die Beute direkt in der Luft.
Interessant finde ich, dass ein Rotrückiger Würger Vogelstimmen imitieren kann, wie Feldlerche und Buchfinkenschlag. Ihr Balzgesang ist schwätzend, leise, er beginnt kurz nach Sonnenaufgang.
Auffallend ist der schwarze Augenstreif, der die Augen fast verschwinden lässt, während das Weibchen mit klar sichtbaren Augen keine Binde und keinen grauen Oberkopf hat. Sie, wie auch die Jungvögel haben eine dunklere Schuppung. Beim Männchen sind Rücken und Schultergefieder ein eindrucksvolles Rotkastanienbraun. Der Graue Oberkopf und der weiße Kehlfleck sind auffallend..
Obwohl er nur klein ist,hat er durch seinen kurzen Schnabel mit einer Ausbuchtung im Oberschnabel, die genau in eine entsprechende Vertiefung im Unterschnabel passt, ein scharfes Werkzeug zur Erbeutung der Wirbeltiere, die der kleine Vogel mit einem einzigen Nackenbiss tötet.
Die Paarung hält für eine Brutsaison. Die Jungen werden schon im ersten Lebensjahr geschlechtsreif und brüten.
Das Balzverhalten beginnt mit Vorstellung seiner weißen Kehle, Kopfdrehen, um die schöne graue Kopfdecke zu zeigen. Er richtet sich auf mit dem Schnabel und verbeugt sich einige Zeit. Wenn das Weibchen einverstanden ist, kommt es langsam näher. Sie verfolgen sich, suchen nach einer Nistgelegenheit, er füttert sie und sie empfängt die Beute mit zitternden Flügeln. Das Weibchen braucht einen Nistplatz von 1,5 bis 2,5 Meter Höhe. Schwarz- und Weißdorn, Brombeere und Stechginster werden geschätzt. Nur im Notfall Wacholder, Hopfen oder Waldrebe.
Das Gelege hat 5-6 Eier. Das Bebrüten beginnt erst nach letzter Eiablage. Bis alle Nestlinge es geschafft haben, die Eischale zu durchstoßen und sich zu befreien, können 24 Stunden vergehen. Eierschalen werden weit weg getragen, so wie später auch die Kotballen und in bis zu 90 Meter Entfernung fallen gelassen.
Der Rotrückige Würger ist ein Langstreckenzieher, er überwintert mit voller Mauser im südlichen Afrika. In England gab es 2016 nach 20 Jahren die ersten zwei Brutpaare in Dartmoor. Während man in Deutschland , abgesehen von regionalen Schwankungen, keine Gefährdung sieht. Nur in Niedersachsen steht er auf der Roter Liste. Skandinavien hat gute Erfolge zu melden.
erika (Donnerstag, 07 September 2017 18:07)
Lieber Peter Friedrich, seltenere Voegel vor die Linse zu bekommen, ist eine Geduldsache. Du hast Dein Leben vor allem auf Vogel-Portraets eingestellt. Niemand haette schneller einer Veroeffentlichung im Newsletter zustimmen koennen, als Du es tatest.. Deine Portraet Wahl fuer Gudruns Naturwelt war wunderbar, hab herzlichsten Dank dafuer.
Eva Schmelzer (Dienstag, 05 September 2017 16:54)
Und wieder einmal hat mich Erika mit diesem Beitrag überrascht: Mir wurde eine mir bis dahin unbekannte Vogelart vorgestellt. Und eine ganz besonders erstaunliche dazu! Es war eine große Freude, diesen Beitrag zu lesen und nicht minder, die Bilder dazu anzuschauen. Erika schreibt, dass es bis auf regionale Schwankungen keine Gefährdung für diesen Vogel gibt. Aber Marion schreibt ja schon richtig in ihrem Kommentar, dass flächendeckend für alle Vogelarten eine Gefährdung da ist, ein Grund ist natürlich das Insektensterben, aber es gibt leider noch viele andere. Alle kennen die Dramatik - wenig bis nichts wird getan. Und wenn wir die Naturschutzverbände und Einzelinitiativen nicht hätten, sähe es noch weit düsterer für die Zukunft aus, denn die Politik interessiert sich am wenigsten.
Danke für diesen Beitrag, liebe Erika, aber auch an Marion für ihren guten ergänzenden Kommentar.
Marion Hartmann (Sonntag, 03 September 2017 12:34)
Hier zeigt sich wieder einmal deutlich, wie ineinander verwoben die gesamte Schöpfung funktioniert.., der große, lebendige Organismus, welcher, wenn auch nur ein Teil herausgenommen wird, zum Kranken des ganzen Systems führen muss, was natürlich auch gilt für zusammenhanglose Ergänzungen, dort, wo Schäden wieder repariert werden wollen. Ich habe das gelesen bei Projekten der Permakultur, die vermeintlich gut gedacht waren, es dann hinterher aber zu Hangabbrüchen kam. Das Insektensterben wird die Vogelwelt hart treffen. Und ganz zuletzt wird man an die Bodenorganismen denken, die durch Acker- und sonstige Gifte zugrunde gehen als ein äußerst wichtiger Bestandteil unserer Erde.
Nun, jetzt richtet sich alles auf die Künstliche Intelligenz, welche sämtliche Prozesse des Menschen nach und nach übernehmen soll und man hat damit den Teufel mit dem Belzebub ersetzt.
Ein wunderbarer Bericht von Dir, liebe Erika. Erstaunlich, dass der Rotrückenwürger Vogelstimmen imitiert. Du stellst die Intelligenz dieses Vogels gut heraus und hast wunderbare Schnitte beigetragen.
Besten Dank!