Die Flussperlmuschel
Text: Marion Hartmann
28. 06. 2014
FLUSSPERLMUSCHEL MARGARITIFERA MARGARITIFERA
Die Flußperlmuschel gehört zu den populärsten und interessantesten Weichtieren. Am bekanntesten ist ihre Fähigkeit, Schmuckperlen auszubilden. Bereits seit dem klassischen Altertum, oder
vielleicht schon früher, hatte sie daher eine beachtliche kulturhistorische Bedeutung. Ihre enorm hohe Lebenserwartung, dazu ein komplizierter und vielschichtiger Lebenszyklus, der eine
parasitäre Zwischenphase an Fischkiemen beinhaltet, hat sie in den Mittelpunkt biologischer Forschung gerückt. Die Perlfischerei und die zunehmende Schädigung ihrer natürlichen Umwelt haben vor
allem seit Ausgang des vorigen Jahrhunderts zu einer ständig rückläufigen Bestandsentwicklung geführt. Heute ist diese an saubere und kalkarme Fließgewässer mit niedriger Durchschnittstemperatur
eng angepaßte Tierart vielerorts vom Aussterben bedroht. Ihr völliges Erlöschen in größeren geographischen Räumen würde nicht nur eine unwiederbringliche Lücke in unseren Regionalfaunen
hinterlassen, sondern auch einen empfindlichen Reinwasserindikator, der zudem durch eine besondere Biologie ausgezeichnet ist, vernichten. Der unbedingte Schutz der verbliebenen Vorkommen in
Mitteleuropa muß daher oberste Priorität besitzen.
(Text: Amazon/ Inhaltserläuterung zum Buch: "Flußperlmuschel Margaritifera Mageritifera" von Otto Baer/ Spektrum Akademischer Verlag 1995)
Die frühere, weit verbreitete Flußperlmuschel ist heute in Sachsen und ganz Deutschland vom Aussterben bedroht.
Es gab sie einst zu Hunderttausenden in unseren Gewässern. Sie diente namentlich in Bayern durch ihre Perlenbildung als Quelle für die Schmuckerzeugung.
So wurden die Kronen des bayrischen, königlichen Adels neben Diamanten und Edelsteinen auch mit bayrischen Flußperlen geschmückt.
Flussperlen hat es aus allen europäischen Vorkommen von Margaritifera (M.) margaritifera (L., 1758) gegeben. In Großbritannien kam die Muschel ursprünglich in Cornwall und entlang der Westküste von Wales, Cumberland und der Insel Man vor, auch an der schottischen Westküste bis zur Insel Lewis.
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Die Flußperlmuschel ist sehr anspruchsvoll. Ihre komplexe Ökologie und hohen Lebensraumansprüche lassen sie nur in einem intakten und natürlichen Ökosystem überleben
Klar, kühl und sauerstoffreich, das sind die Bedingungen, welche die Flußperlmuschel an ihr reiches Vorkommen stellt.
Noch vor 300 Jahren waren Perlmuschelbänke von mehr als tausend Tieren pro Quadratmeter bekannt.
Zur Zeit der deutschen Kleinstaaten und Fürstenhöfe wurden sie teilweise gezielt angesiedelt und effektiv mit dragonischen Strafen geschützt (Z.B. Abhacken der Hand).
Das Recht auf Suche nach Perlen wurde "Perlregal" genannt, wordurch ein unkontrollierter Raubbau unmöglich wurde.
Mit dem Einmarsch der Franzosen 1794 erlosch das "Perlregal" in weiten Teilen Deutschlands.
Dramatisch deshalb, weil nicht jede Muschel eine Flußperle trägt und nun der Raffgur offene Tore geboten waren.
Die Angaben reichen von 0,05 % bis zu 4 % (eine Perle auf 2.000 bzw. 25 Muscheln.)
Das Perlenbachtal in der Eifel verdankt seinen Namen der großen Populationen der Flußperlmuschel durch flußbettbedeckende Kolonien.
Aus dem Jahr 1880 bezeugen historische Quellen, dass ein Monschauer Fabrikant karrenweise Perlmuscheln abtransportieren ließ, aber dabei nur sehr wenig Ausbeute an schwarzen Flussperlen
erräuberte. Eine Gaststätte „Am Gericht“ zeugt weiterhin vor Ort von der Historie.
Heute gilt im Perlenbachtal die Perlmuschel als nahezu ausgestorben.
Die Flußperlmuschel kann ein Alter bis zu 280 Jahren erreichen.
Für die winzigen Frühformen ihrer Existenz benötigt sie einen Wirt, den sie in der Bachforelle findet, in deren Kiemenbereich sie 10 Monate parasitär lebt.
Zur positiven Erwähnung kommt hier das "Lutter" Naturschutzprojekt als einziges in ganz Europa.
So wurden schon 1985 im Fluß Lutter in der Lüneburger Heide gefangene Bachforellen mit Flußperlmuschel- Larven "infiziert", was zunächst völlig erfolglos verlief durch die unnatürlich hohe
Sandfracht der Lutter.
Doch im Jahr 2008 wurden wieder mehr als 12000 Muscheln nachgewiesen.
Als gefährlich erwies sich die Einführung der amerikanischen Regenbogenforelle aus wirtschaftlichen Gründen.
Die Regenbogenforelle dezimiert den Bestand an jungen Bachforellen.
Die Flußperlmuschel kann die Regenbogenforelle nicht als Wirtsfisch nutzen.
Und hier muß der Fischotter helfen, der, wo er wieder angesiedelt wurde, die Regenbogenforelle dezimiert.
Hinzu kommt die weitere Dezimierung durch die 1905 nach Eurasien eingeschleppte Bisamratte.
Zu den erforderlichen Schutzmaßnahmen für die Perlmuschel gehören unter anderen Erhaltung und Wiederherstellung von Siedlungsgewässern, Verhinderung von Abwassereinleitung aus Siedlungen, Landwirtschaft und Verkehr, Extensivierung der landwirtschaftlichen Nutzung im Einzugsgebiet der Wohngewässer sowie Einrichtung von Schutzstreifen (Pufferzonen) entlang der besiedelten Bäche und ihrer Zuflüsse.
Wie entstehen eigentlich Perlen?
Wir züchten die vom Aussterben bedrohte Flußperlmuschen nach, die ersten Jahren verbringen sie in Lochplatten in sauberen Gebirgsbäche ihr Dasein, später in Aufzuchtkästen. Mit 15 Jahren sind diese Muscheln geschlechtsreif, erst dann werden sie in diesen Bächen ausgesetzt.
https://www.youtube.com/watch?v=JjEY3CdDaOc&feature=youtu.be
Text und Video Andreas Koch
Erika (Donnerstag, 03 Juli 2014 08:28)
Klar, kuehl und sauerstoffreich muessen die Gewaesser sein.
Reinhaltung von Fluessen ist das oberste Gebot fuer eine Wiedergewinnung der Flussperlmuschel. Interessant ist der Bericht ueber die historische Bedeutung von Muschelperlen als Schmuck.
Marions Artikel erklaert die wichtige, zehn Monate dauernde Entwicklung der Flussperlmuschel als Larve in den Kiemen einer Bachforelle. Dies muss in lokaler Umwelt erfolgen, denn der Versuch von 2008 mit der amerikanischen Regenbogenforelle foerderte lediglich den Schwund der Muscheln,denn die jungen Bachforellen wurden selbst zur Beute.
Heute bemueht man sich darum, neue Siedlungsgewaesser zu haben ohne jeden Zufluss aus Abwaessern, Landwirtschaft, oder Verkehr auf dem Wasserwege. Ein sehr dankenswerter Artikel.
Eva Schmelzer (Dienstag, 01 Juli 2014 19:58)
So. Hier habe ich mal von etwas erfahren, von dem ich gar nichts wusste! Das heißt: ich habe hin und wieder am Rheinufer oder an Stellen, wo gegraben wurde, hin und wieder mal Muschelschalen gesehen, aber nie weiter darüber nachgedacht. Wusste nur, dass es wohl Süßwassermuscheln gibt. Faszinierend ist auch, dass sie sooo alt werden können! Vielen Dank für diesen informativen Bericht.